Sie suchen einen technisch ausgereiften, hochwertigen Komplett-Plattenspieler ohne Schnickschnack? Einen, der herausragend klingt, toll aussieht und einen famosen Arm hat, der auch Top-Abtaster voll ausnutzt? Und dazu noch preisgünstig ist? Et voilà – mit dem RPM 9 Carbon SuperPack bietet Pro-Ject einen absoluten No Brainer an!
Im Herbst des letzten Jahres bat mich Dirk Sommer um einen Vorschlag für ein Testgerät. Er grenzte lediglich die Gerätekategorien etwas ein, so kam zum Beispiel auch ein Plattenspieler in Betracht. Also freie Bahn für mich! Ziemlich schnell war mir klar, dass ich einen Dreher von Pro-Ject zum Test bestellen wollte. Ich bin nämlich sowas wie ein Pro-Ject-Fan. Vor circa eineinhalb Dekaden hatte ich mir mal einen Pro-Ject RPM 6 – dieses Modell gibt es heute gar nicht mehr – im Paket mit einem Sumiko Blue Point No. 2 zugelegt, später kam für eine Zweitanlage ein Debut III mit Ortofon VinylMaster Red ins Haus. Letztgenannter ist aus meiner Sicht übrigens im Brot-und-Butter Segment bis heute der unerreichte Preis-Leistungs-Champion. Ich darf also mit Fug und Recht behaupten, mit der Marke Pro-Ject durchaus vertraut zu sein.
Meine Wahl für diesen Test fiel auf das Modell RPM 9 Carbon, welches über den deutschen Vertrieb ATR Audio Trade GmbH auch als so genanntes „SuperPack“ zusammen mit dem vormontierten Tonabnehmer Ortofon MC Cadenza Red angeboten wird. Praktischerweise vertreibt die Audio Trade GmbH in Deutschland nämlich auch Ortofon und kann dadurch für den Kunden preislich interessante Gesamtpakete schnüren. In diesem Fall muss der Käufer gegenüber dem regulären Preis von 1995 Euro für den RPM 9 mit Tonarm 9cc Evolution lediglich 680 Euro Aufpreis für das Ortofon MC Cadenza Red anstatt den regulären Listenpreis von 1100 Euro bezahlen.
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Für mich als Tester ist dieses „SuperPack“ ebenfalls total praktisch, weil ich nämlich der Tonabnehmer-Montagemuffel-Fraktion angehöre. Ich bin zwar grobmotorisch nicht allzu ungeschickt veranlagt, wobei ich diese Einschätzung aus Sicht meiner Frau exklusiv habe, allerdings bin ich faul und ungeduldig. Und deshalb freue ich mich einfach über einen vom deutschen Vertrieb akkurat und präzise vormontierten Top-Tonabnehmer von Ortofon. Hatte ich eigentlich schon erwähnt, dass Ortofon meine Lieblings-Tonabnehmermarke ist?
Nachdem ich mich jetzt also gleich zu Beginn des Tests indirekt als voreingenommen geoutet habe, kann ja eigentlich nichts mehr schief gehen, oder? Nun, die aufgerufenen 2675 Euro sind absolut gesehen natürlich nicht „billig“ im eigentlichen Sinn und liegen auch nicht unbedingt nahe bei markanten psychologischen Grenzen wie 1000, 1500 oder 5000 Euro, sondern eher im preislichen Niemandsland. Ich persönlich glaube nämlich, ohne fundierte Belege vorweisen zu können, sondern lediglich auf meine Markterfahrung stützend, dass Plattenspieler-Gesamtpakete in der Klasse sagen wir einmal zwischen 2500 und 3000 Euro rein auf die Absatzzahlen des Marktes bezogen eher unterrepräsentiert sind, sogar gegenüber deutlich teureren Geräten.
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An wen richtet sich dieses Plattenspielerpaket also? Na, an Typen wie mich zum Beispiel! An Leute, denen viel Chrom, Bling Bling und unnötiger Zierrat schnuppe sind. An Vinyl-Liebhaber, die einen technisch bis ins Detail ausgereiften Dreher suchen, der genug Potential besitzt, dass man mit ihm auch alt werden könnte, ohne sich nach zwei oder drei Jahren auf die Suche nach einer Alternative begeben zu müssen à la „na ja, ist ja ganz nett, aber da geht doch noch was…“ An Vernünftige, die wissen, dass ausgefeilte technische Lösungen und hohe Fertigungsqualität zwar ihren Preis haben, die aber preislich trotzdem auf dem Teppich bleiben wollen.
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Beim Aufbau des Geräts offenbaren sich denn auch gleich automatisch einige der bereits erwähnten technischen Finessen. Bei den drei in die Gewinde unter dem Chassis einzuschraubenden Gerätefüße handelt es sich um Magnetfeld-Füße, die auf clevere Weise den gesamten Plattenspieler in vertikaler Richtung von seiner Stellfläche entkoppeln und damit ähnlich wie ein „Schwabbler“ wirken – also wie ein in einem Grundchassis federnd aufgehängtes Subchassis, wie es „früher“ die Regel war. Dass der Plattenspieler mithilfe der Libelle perfekt „ins Wasser“ zu stellen, also waagerecht auszurichten ist, versteht sich von selbst. Und das passiert bitteschön nicht durch Verstellen der Magnetfüße per „Justage“ über das fein laufende Gewinde (diese werden fest bis zum Anschlag geschraubt), sondern über eine entsprechende Ausrichtung der Stellfläche… Das Chassis mit seiner charakteristischen Carbon-Optik beinhaltet ein vergossenes Granulat zur Schwingungsdämpfung und verfügt bereits über ein solides Grundgewicht. Doch spätestens beim Positionieren des sieben Kilogramm schweren Aluminiumplattentellers auf der Lagerachse des Gerätechassis wird klar, dass wir es hier mit einem Dreher der Kategorie Masselaufwerk zu tun haben.
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Schließlich wird dem Laufwerk der seinerseits über drei kleine Gummifüße entkoppelte Motor zur Seite gestellt und per Distanzlehre korrekt positioniert. Der Motor an sich ist übrigens ein extrem ruhiger und leiser Vertreter seiner Art. Der Antriebsriemen wird anschließend um den Plattenteller und um die Riemenscheibe der Motorachse – Pulley – geschlungen. Das Ganze passiert bitteschön nicht mit schweißigen Fingern, sondern mithilfe der dem Paket beiliegenden Handschuhe, um vorzeitiges Altern des Riemens und Schlupf durch einen fettigen Tellerrand zu vermeiden. Das Umschalten zwischen den Drehzahlen 33 und 45 UPM erfolgt durch einen kurzen Tastendruck auf den mit STBY bezeichneten Schalter.
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Ein weiteres Schmankerl dieses Pakets ist ganz gewiss der Tonarm 9cc Evolution. Das Carbonrohr mit integrierter Headshell ist klanglich vorteilhaft, weil es keine mechanischen Übergänge gibt. Nachteil: Die Montage von Tonabnehmern gerät im Vergleich zu abnehmbaren Headshells viel fummeliger und es ist sehr viel Sorgfalt angebracht, um zum Beispiel die Präzisions-Kugellager des Tonarmlagers nicht durch unnötige Belastungen beim Umbau zu beschädigen. Perfektionisten bauen gleich den ganzen Arm aus und legen ihn auf den Rücken… Was mir aber alles völlig egal ist, denn wie bereits erwähnt bin ich ja ein Tonabnehmer-Montagemuffel und lasse sowas gerne von Experten vornehmen, die das besser können als ich.
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Das Antiskating-Gewicht sowie das zum Tonabnehmer passende Gegengewicht sind schnell montiert, die korrekte Auflagekraft ist ruckzuck eingestellt. Azimut und VTA sind ohnehin korrekt vorjustiert. Gut so! Und auf langweilige Experimente mit alternativen Phonokabeln habe ich sowieso verzichtet – der Name des beigelegten Pro-Ject Connect it 5P-CC klingt schon so sperrig, das schien mir hochanständig zu sein.
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Habe ich noch was vergessen? Ach ja, natürlich, im Paket wird wie eingangs erwähnt das großartige System MC Cadenza Red von Ortofon – perfekt vormontiert! – mitgeliefert. Ein mir bekanntes Sahneteil, das über jeden Zweifel erhaben ist. Und das natürlich auch eine Top-Phonostufe verdient, damit das mal klar ist.
Schließlich kommen wir zum entscheidenden Kriterium: Was bringt dieses Schwergewicht denn nun klanglich auf die Platte? Der erste Eindruck war sehr unspektakulär, und das meine ich im besten Sinne positiv. Die oft mit Spielfreude verwechselte Hektik vieler „Bretter“ ist ihm völlig fremd. Souveränität, Schwärze im Hintergrund bei leisen Passagen oder Pausen kennzeichnen seinen Charakter. Oder treffender formuliert: Der Pro-Ject RPM 9 Carbon wirkt extrem gelassen. Er scheint einfach zu wissen, wie es geht und schüttelt tiefe Töne mit angemessener Schwärze und Druck aus dem Ärmel, wo leichtgewichtigere Vertreter seiner Zunft häufig ein wenig anämisch klingen. Dabei bleibt die Spielfreude keineswegs auf der Strecke. Womöglich wirkt das spritzige Ortofon MC Cadenza Red hier sogar ein wenig kompensatorisch – ich würde jedenfalls nicht unbedingt einen in seiner Gangart allzu gediegenen, dunkel timbrierten Tonabnehmer zum RPM 9 gesellen.
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Mit ein paar obligatorischen Klassikern ließ sich das leicht überprüfen: Das Intro der unwiderstehlichen „Hells Bells“ von AC/DC (Back in Black, Atlantic Records, 1980) offenbart grundsätzlich unmittelbar jede Schwäche insbesondere im Tieftonbereich. Die Höllenglocken schepperten hier derart wuchtig und weiträumig vor einem pechschwarzen Hintergrund, dass es schon fast unheimlich und irgendwie gruselig schön war. Manch einer mag das als tumbe Effekthascherei abtun. Aber weit gefehlt. Wenn schließlich Gitarrenriffs und Drums einsetzten und Brian Johnson zu singen begann, war da einfach nur noch pure Spielfreude zu hören. Der RPM 9 bewies ein tolles Rhythmusgefühl und alle Instrumente waren klar zu differenzieren, ohne in einem Geräuschteppich zu versumpfen. Kleinste noch so verästelte Klangstrukturen ließen sich leicht verfolgen – wenn man es denn wollte. Ein Analytiker am Werk also? I wo!
Auch Klassisches überzeugte in Sachen Raumstaffelung und Klangfarbentreue, wie zum Beispiel Vivaldis „Die vier Jahreszeiten“ (Yehudi Menuhin, His Master´s Voice, 1985). Auch wenn Klassik nicht immer so ganz mein Ding ist: Streicher und Blasinstrumente kamen in ihren Klangfarben so echt und authentisch rüber, wie ich es selten erlebt habe. Vor allem aber lässt sich nur mit „echten“ Ensembles die Raumabbildung wirklich überprüfen – und hier stimmte subjektiv einfach alles! Instrumente hatten viel „Luft zum Atmen“, einfach genügend Raum um sich herum und insbesondere die Tiefenstaffelung überzeugte. Chapeau!
Das atmosphärische Meisterwerk The Joshua Tree von U2 (Island Records, 1987) nutzt sich bei mir bis heute zum Glück nicht ab – auf den Tag warte ich schon lange – und ich werde nicht müde, es immer mal wieder hören zu wollen. Das Tolle: Ohne eine einzige Notiz war die Scheibe durchgehört, die Auslaufrille raspelte leise und spätestens jetzt war klar, dass sich mit diesem Setup unglaublich gut in die Musik abtauchen ließ, ohne sich angestrengt auf den „Klang“ zu konzentrieren.
STATEMENT
Die große Stärke dieses Plattenspielers ist, dass er keinerlei Schwächen hat, ohne auch nur im Geringsten langweilig zu sein. Der Pro-Ject RPM 9 Carbon ist ein technisch ausgereifter Dreher, den preisbewusste Connaisseure als Hidden Champion in Betracht ziehen werden, um mit ihm in Rente zu gehen.
Gehört mit
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Phono-Vorstufe | EAR Yoshino 834P |
Endstufe | Sun Audio Uchida SV-2A3 |
Lautsprecher | Diverse DIY Vollbereichsbreitbänder: Open Baffle (Ciare CH250), Transmissionline (Seas FA22RCZ & Seas Exotic F8), Tapered Quar-ter Wave Tube (Tang Band W8-1772), Backloaded Horn (Fostex FE206En) |
Zubehör | Reson LSC Lautsprecherkabel, StraightWire Symphony II NF-Kabel |
Möbel | DIY |
Herstellerangaben
Pro-Ject RPM 9 Carbon SuperPack
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Geräteart | Plattenspieler mit Tonarm und Tonabnehmer (MC) |
Pro-Ject RPM 9 Carbon |
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Drehzahlen | 33/45 Umdrehungen pro Minute |
Drehzahlabweichung | +/- 0,1% |
Drehzahlschwankung | +/- 0,06% |
Rumpeln | 73dB |
Effektive Tonarmmasse | 8g |
Effektive Tonarmlänge | 9“ (230mm) |
Überhang | 18mm |
Leistungsaufnahme | 12W max / <0,3W Standby |
Netzteil | 15V DC / 1,6A AC, 90-264V AC, 47-63Hz |
Ausgangsleistung (RMS) an 4 und 8 Ohm | 11W+11W |
Gewicht | 16,5 kg |
Abmessungen | 440 x 180 x 325mm |
Preis | 2675 Euro (1995 Euro ohne Tonabnehmer) |
Ortofon MC Cadenza Red |
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Empfohlene Auflagekraft | 25mN (2,5g) |
Abtastwinkel | 20 Grad |
Gleichstromwiderstand | 5 Ohm |
Empfohlener Abschlusswiderstand | 50-500 Ohm |
Gehäusematerial | Edelstahl/Aluminium |
Höhe | 18mm |
Gewicht | 10,7g |
Besonderheit | Wicklung aus Reinsilberdraht |
Preis | inklusive im SuperPack (1100 Euro Einzelpreis regulär) |
Vertrieb
ATR - Audio Trade
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Anschrift | Hi-Fi Vertriebsgesellschaft mbH Schenkendorfstraße 29 D-45472 Mülheim an der Ruhr |
Telefon | +49 208 882660 |
email@audiotra.de | |
Web | www.audiotra.de |