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Struss Audio Ultimate

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Sie suchen einen Verstärker der sich dank seines Schaltnetzteils und seiner Digital-Endstufe ganz klein macht? Sie interessieren sich für einen Generalisten der für alle digitalen Darreichungsformen empfänglich ist, ganz gleich, ob die Bits und Bytes via Funk oder Kabel Einlass suchen? Dann werden sie in den folgenden Zeilen nicht fündig.

Wenn Sie indes eine feinsinnige Komponente suchen, die im klassischen 43-Zentimeter-Maß die Rolle des musikalischen (Kraft-)Zentrums übernehmen kann, dann lohnt das Weiterlesen sehr wohl. Denn mit dem Struss Audio Ultimate komplettiert der polnische Spezialist seine kleine, aber feine Verstärker-Range am oberen Ende. Zuerst ist allerdings Muskelkraft gefordert, um Polens Beitrag zur audiophilen Verstärkung in die Mitte der Testanlage zu platzieren. Knapp 20 Kilo Masse geben schon einen recht konkreten Hinweis auf den getriebenen Materialaufwand. Ein Blick durch die Kühlschlitze offenbart zwei großzügig dimensionierte Ringkerntrafos. Jeder der beiden versorgt einen Kanal und gemeinsam fordern sie dem Stromnetz bis zu 1200 VA ab. Wie gesagt, hier werden alte Tugenden gepflegt. Signale, sofern analog, werden gerne weiterverarbeitet und es herrscht kein Mangel an Anschlüssen. Angesichts der üppigen Gerätemaße finden fünf nebeneinander liegende Hochpegel-Eingänge genügend Platz auf der Rückseite. Ein weiterer Einlass, separat platziert sowie mit hochwertigen WBT-Kontakten ausgeführt, wird explizit als CD/DAC-Anschluss tituliert.

Ins klassische Bild passen zudem die beiden für Plattenspieler reservierten Chinch-Buchsenpaare. Einmal für Tonabnehmer die konstruktiv auf die Stromproduktion mittels bewegter Magneten (MM) vertrauen. Ein weiterer bietet Verstärkung für die feinen wie auch besonders leisen Signale eines MC-Systems. Zu betonen, dass in einer Phono-Vorstufe nicht nur entzerrt, sondern auch verstärkt wird, ist ein Umstand, der vor dem Hintergrund der Gesamtkonzeption des Gerätes nicht unerwähnt bleiben kann. Aber dazu später mehr. Bei den Eingangsimpedanzen werden da wie dort keine Sonderwege beschritten. Die meisten Abtaster werden sich ob des gebotenen Widerstandes wohlfühlen.


Unterhalb der vergoldeten Lautsprecherklemmen des Essener Spezialisten WBT kann die integrierte Endstufe direkt angesteuert werden. Daneben als Gegenstück, ein Vorverstärker-Ausgang. Elektrisch gleicht der Input den anderen Hochpegel-Portalen. Neben den vielen Chinch-Buchsen fallen natürlich die beiden symmetrischen XLR-Buchen auf. Meine Frage an das sehr freundliche Team von Struss Audio, ob diese Form der Kontaktaufnahme präferiert wird, wurde undogmatisch beantwortet: „Das hängt vom gesamten System ab. Es ist nicht von vornherein klar, was besser funktioniert“. Ich greife mal vor, in dem Umfeld des Testsystems überzeugte dieser Eingang mit einer etwas griffigeren, stabileren Darbietung. Einen Kopfhörer-Ausgang sucht man indes vergeblich. Für die ohrnahe Schallerzeugung wird es, so hieß es aus Polen dazu, im Laufe des Jahres eine eigenständige Speziallösung geben.

Eine Fernbedienung gibt es hingegen und die ist ein echter Hingucker. Sie ist rund, ruht durch das Eigengewicht felsenfest auf dem Untergrund und beherbergt exakt zwei Tasten. Lautstärke rauf, Lautstärke runter. Das wirkt geizig, ist aber Teil des klangoptimierten Konzeptes. Struss Audio verzichtet in der Abteilung Vorstufe innerhalb des Ultimate komplett auf eine Verstärkung. Hereinkommende Hochpegel-Signale werden somit ausschließlich passiv behandelt. Deutlich wird so die Anzahl der im Signalweg liegenden potentiell klangschädlichen Bauteile reduziert. Und so passt die spartanische Fernbedienung gut ins Bild.

Werden Features wie eine Quellenumschaltung mittels Fernbedienung nicht angeboten, dann sind auch die korrespondieren Schaltkreise auf dem Platinenlayout obsolet. Das es in dieser Konstellation keinen Balance-Regler oder die Möglichkeit der Klangbeeinflussung gibt, überrascht nicht. Der Minimalismus spiegelt sich in einer schön anzusehenden, klar strukturierten Front wider. Der optisch dominierende Lautstärkeregler, der mit einem exzellenten Kanal-Gleichlauf agiert, informiert mit einer roten LED über den eingestellten Pegel. Entsprechend aufgeräumt und gut sortiert präsentiert sich der Motorraum. Die Wege sind kurz und die piekfein diskret aufgebaute Phonosektion ist weit entfernt von den beiden Transformatoren. Die sind ihrerseits unmittelbar neben den Endstufenkanälen positioniert.


Jedoch, auch wenn jedes für überflüssig erklärte Bauteil das Herz eines High Enders erwärmt, die Methodik, die Last der Verstärkung nur der Quelle und der Leistungsendstufe zu überlassen, kennt einige Untiefen. Liederlich konstruiert reagiert die Schaltung empfindlich auf die verwendeten Kabel und deren Länge. Selbst ein Lautstärkeregler der Edelmanufaktur Alps kann, falsch eingesetzt, je nach Stellung die tonale Balance negativ beeinflussen. Zudem können die Ausgangsstufen der verbundenen Quellen mit der für sie ungewohnten Aufgabenstellung überfordert sein. Nun heißt der kluge Kopf hinter der Konstruktion allerdings Zdzislaw Hrynkiewicz-Struss. Ein leidenschaftlicher Musikhörer mit viel technischer Expertise: eine gute Mischung für die Suche nach dem perfekten Klang zuhause.

Seine Karriere begann in den siebziger Jahren an der Polnischen Akademie der Wissenschaften. Hier als Fachmann für Technik und Elektronik angestellt, war sein Focus auf die Verstärkung von schwachen Signalströmen in der Messtechnik ausgerichtet. Für einen bekennenden Rolling-Stones-Fan, der seine Lieblingsband nicht angemessen hören konnte, ist mit diesem Background der Weg nicht weit zum Entwurf eines eigenen Audio-Verstärkers. Es sollten aber noch einige Jahre vergehen, bis 1995 der erste Amplifier unter seinem Namen produziert wurde. In der Zwischenzeit arbeitet er einige Jahre mit Philips und der Studer AG zusammen, und er konnte sein Profil weiter schärfen. Eigene Patente für eine Vorverstärkerschaltung namens Harmonics and Phase Conversion System (HPCS) legen davon Zeugnis ab. Wobei die Schaltung die Wiedergabeeigenschaften von Verstärkerröhren mit den Vorzügen der Transistortechnik, wie Kontrolle und Dynamik, vereinen soll. Ein Fingerzeig für den Hörtest? Die nächsten Stunden im Hörraum werden es zeigen. Mit einer blauen LED und einem leisen Klick signalisiert der Verstärker seine Betriebsbereitschaft und die beiden Netzteile haben zwischenzeitlich die Schaltung mit Elektronen geflutet.

Mit Urk legten die Nits vor vielen Jahren ein vorzügliches Live-Album vor. Dokumentiert wurde die Tournee, die dem erfolgreichsten Studio-Album In The Dutch Mountains folgte. Aber nicht der gleichnamige Hit der niederländischen Musiker rund um Henk Hofstede erklingt, sondern das charismatische „Two Skaters“ wird der Opener. Ein leiser eindringlicher Song in dem die Kicks einer bewusst spektakulär produzierten Bassdrum wesentlicher Bestandteil sind. Und die Performance haut mich um. Machtvoll, unaufgeregt und sehr kontrolliert verlässt der Bass die Lautsprechergehäuse. Das Ganze gleich noch einmal, nur mit deutlich erhöhter Lautstärke. Eher ruiniere ich hier im Haus die Stimmung, bevor dieser Verstärker auch nur in die Nähe seiner Leistungsfähigkeit gebracht wird! Der Raum öffnet sich weit und der Sprechgesang des Niederländers wird realistisch zwischen den Schallwandlern projiziert. Die Stimme hat Volumen und die HiHat wird seidig wiedergegeben.


Die Grande Messe des Mortes von Hector Berlioz kommt immer dann zum Einsatz, wenn es auszuloten gilt, wieviel Übersicht erhalten bleibt, wenn es richtig heftig wird. Unmengen an Schlagwerk und hunderte von Sänger/innen werden hier durch die Partitur gefordert. Einen ganz besonderen Wettstreit zwischen den Chören und den Orchestermusikern entfacht „Dies Irae“, wobei die Übersetzung „Tage des Zorns“ den Geist der Komposition präzise offenbart. Auch bei dieser Urgewalt behält der Ultimate die Kontenance. Die Sprachverständlichkeit der unzähligen Stimmen bleibt erhalten, zudem werden die verschiedenen Sängergruppen stabil aufgestellt. Der aus tiefgestimmten Pauken gewebte Klangteppich erzeugt die gewünschte Bedrohlichkeit. Die Leistungsfähigkeit des Verstärkers sorgt hier ebenfalls maßgeblich für die nötige Ruhe in der Darbietung.

Ein Jahrhundertwerk des Jazz ist zweifellos The Köln Concert von Keith Jarrett. Im Vorfeld zu diesem Konzert ist einiges schief gegangen, aber vielleicht waren es genau diese Unpässlichkeiten, die das Geniale hervorbrachten. Ganz und gar nicht unpässlich die Performance. Der Flügel steht körperhaft im Raum und es tönen nicht nur die Saiten sondern auch der Resonanzraum des Instrument. Zudem wird das perfekte Timing der Tonsetzung zelebriert. Überhaupt der Rhythmus. Der Ultimate ist einer dieser wunderbaren Mit-Wipp-Animateure: Probieren Sie es aus!

Nach einem weiteren wunderbar vorgetragenen Klassiker des Jazz, „You look good to me“ von Oscar Peterson, folgte ein Highlight des Hördurchganges: „Liberty“ von der norwegischen Künstlerin Anette Askvik. Hier ein kleiner Hinweis: Das empfehlenswerte gleichnamige Album kann mittlerweile auf ihrer Webseite zu einem moderaten Preis bezogen werden. Traumhaft schön reproduziert der Struss den Gesang. Die imaginäre nicht unendliche tiefe Bühne lässt die Lautsprecher beinah verschwinden, abermals wird das Instrumentarium natürlich inszeniert. Es sind die Stimmen und die akustischen Instrumente die dieser Verstärker feiert. Ja, Herr Hrynkiewicz-Struss beherrscht die Technik der passiven Vorstufe ebenso wie die Konstruktion einer leistungsstarken Endstufe. Nun heißt es, das Tablet aus der Hand zu legen und das Plattenregal zu erobern.


Im Leerlauf produziert der MC-Eingang erst bei einem ordentlich geöffneten Potentiometer ein unkritisches leichtes Rauschen. Steven Wilson beschließt seine Konzerte regelmäßig mit dem Stück „The Raven that Refused to Sing“. Ein melancholisches Werk, das recht kühl aufgenommen wurde. Spielen der AMG und der Struss Audio zusammen, dann tönt es sehr viel runder mit einem ästhetischen Hochtonbereich. Drive sowie Kraft im unteren Frequenzbereich ergänzen den Vortrag trefflich. Mit Gregorianischer Choral Weihnachtsmesse dreht sich anschließend eine meiner ältesten Scheiben auf dem Plattenteller. Die Aufnahme von 1959 wurde in der Benediktiner-Erzabtei St. Martin aufgenommen. Was der Tonmeister Gerhard Henjes klanglich vor mehr als sechzig Jahren produziert hat, ist mehr als erstaunlich. Chöre in einem großen Raum – für den Struss wirklich ein leichtes Spiel. Deutlich fordernder „The Embrace“ von Al Di Meolas Doppel-Album Kiss My Axe. Die Rhythmik ist erneut federnd und auf dem Punkt, in der Rubrik Attacke dürfte es gerne noch etwas mehr sein. Dennoch qualitativ ergänzt der Phonoeingang die Hochpegel-Sektion mit seinen ganz ähnlichen Stärken trefflichst.

Wenn Sie jetzt auf den Geschmack gekommen sind, dann nehmen Sie Kontakt mit Struss Audio in Polen auf, um einen Hörtermin zu organisieren. Die Kontaktdaten finden Sie am Ende des Textes. Alle weiteren Dienstleistungen können problemlos über die offenen europäischen Grenzen vermittelt werden. Daneben freut sich die Mannschaft um Hrynkiewicz-Struss über Anfragen aus der deutschen Händlerszene.

STATEMENT

Das über viele Jahre erworbene Know How erschließt sich beim Struss Vollverstärker mit jeder gespielten Note. Ganz , ob ein Plattenspieler den Takt vorgibt oder die Nullen und Einsen eines Wandlers, der Ultimate kombiniert eine feine, überaus natürliche Darbietung mit scheinbar endlosen Kraftreserven. Schwer vorzustellen, dass irgendein Lautsprechermodel diese Endstufe ernsthaft in Schwierigkeiten bringen könnte.
Gehört mit
Plattenspieler AMG inkl. AMG Teatro
Netzwerkspieler Linn Akkurat DSM
D/A-Wandler Audiolab M-DAC
Lautsprecher Manger Z 1
Netzaufbereitung Furman Elite-16 Power Factor E i
Kabel Cable LAN Supra, NF-Kabel Linn, Netzkabel Supra, LS-Kabel QED & Furutech
Möbel Creaktiv
Herstellerangaben
Struss Audio Ultimate
Typ Vollverstärker
Eingänge Hochpegel 5x Chinch / RCA, Eingangsimpedanz jeweils 100 kOhm
Eingänge Hochpegel CD/DAC 1x Chinch / RCA, Eingangsimpedanz 100 kOhm
Eingang Hochpegel 1x XLR symmetrisch, Eingangsimpedanz 22 kOhm
Eingang Phono MM 1x Chinch / RCA, Eingangsimpedanz 47 kOhm
Eingang Phono MC 1x Chinch / RCA, Eingangsimpedanz 100 Ohm
Eingang Endverstärker 1x Chinch / RCA
Ausgang Vorverstärker 1x Chinch / RCA
Ausgang Lautsprecher 1x Paar vergoldete WBT Buchsen schraubbar & 4mm Banannenstecker
Ausgangsleistung 250 Watt pro Kanal an 8 Ohm, 400 Watt pro Kanal an 4 Ohm, stabil bis 1 Ohm
Frequenzgang 3 bis 100.000 Hz (+/- 3dB / 1 W / 8 Ohm)
Leistungsaufnahme bis 1.200 VA
Abmessungen (H/B/T) 102 / 430 / 338 mm
Gewicht 19 kg
Lieferumfang Netzkabel und Fernbedienung
Preis 6.630 Euro

Hersteller
Struss Audio sp. z o.o.
Anschrift Aleja Komisji Edukacji Narodowej 36/112B
02-797 Warschau
Polen
Telefon +48 509 709 703
E-Mail kontakt@strussaudio.com
Web strussaudio.pl

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