Als altem Star-Wars-Fan war mir „Aperion“ bekannt als Teil der Macht, der alle Materie einschloss, vereinte und ihr Form und Zusammenhalt gab. Ob dies Aperion Audio bei Ihrer Firmengründung im Jahr 1999 in Portland auch schon im Sinn hatten oder eher das altgriechische „apeiron“, das unendlich oder auch unbegrenzt bedeutet, sei dahingestellt.
Erst seit Herbst 2019 übernimmt die Firma hifipilot den Vertrieb für Deutschland. Dies ist für den Endverbraucher ein enormer Vorteil, da er im Garantiefall einen direkten Ansprechpartner vor Ort erhält. Doch nun zu unserem Testkandidaten: Allein das Auspacken bereitete mir Freude. Im unspektakulären Pappkarton, geschützt von angepasstem Schaumstoff und Folie erblickt man zwei königsblaue Samtsäckchen mit golden Kordeln. Das sieht doch schon mal sehr edel aus. Selbst meine bessere Hälfte, die zufällig beim Auspacken danebenstand, fügte an, dass es endlich mal Lautsprecher sind, die auch ihr optisch gefallen würden. Zum Lieferumfang gehören zwei Abdeckgitter, eine einfach gehaltene Bedienungsanleitung, ein Mikrofasertuch und Baumwollhandschuhe, die im Handling des Gehäuses in Klavierlack unabdingbar sind, da dieser erfahrungsgemäß allein schon vom Betrachten Kratzer und Schlieren erhält. Die beiden Bookshelfs präsentieren sich hier in einem perfekten Kirsch-Furnier. Die Verarbeitung ist einwandfrei, alle Kanten sind abgerundet. Die magnetisch haftenden Schutzgitter sind perfekt in die Front der Schallwand integriert, dies trägt zur edlen Formgebung der Verus III bei. Um den Grill vom Gehäuse zu lösen, ist eine halbmondförmige Mulde angebracht, die wohl für zartgliedrige Frauen- oder Kinderhände gemacht ist. Wer nicht sehr lange Fingernägel trägt, muss mit großer Feinmotorik vorgehen, um das Gitter abzubekommen. Doch mit ein wenig Geduld war dies dann doch auch für mich möglich.
Mit Maßen von 190 Millimeter Breite, 280 Millimeter Höhe und 225 Millimeter Tiefe und einem Gewicht von 6,4 Kilogramm findet der kompakte Lautsprecher in jedem Regal Platz. Sollte dennoch keine Stelle auf einem heimischen Möbel frei sein, ist für den Unkostenbeitrag von gerade einmal 22 Euro auch eine Wandhalterung zu haben. Erhältlich sind die Verus III Grand Bookshelf in schwarzem Klavierlack oder, wie schon bereits erwähnt, in edlem Kirsch-Furnier. Aperion Audio setzt bei der Grand Bookshelf auf eine Zweiwege-Konstruktion für eine druckvolle Wiedergabe. Der ASR-Kalotten-Hochtöner (Axially Stabilized Radiator) soll mit der mittigen Stabilisierung ungewünschte Verzerrungen vermeiden. Ein weiterer Vorteil des 25 Millimeter großen Tweeters ist die Abstrahlung der mittleren und hohen Frequenzen im selben Winkel wie der Konus-Tiefmitteltöner.
Die Membran des 135 Millimeter große Mittel-/Tieftöners besteht aus Kevlar, ist sehr leicht aber zugleich auch von großer Festigkeit. Auf der Rückseite der Box befindet sich ein Tunnel für die benötigte Ventilation. Diese Konstruktion verbessert die Basswiedergabe, indem der durch das rückseitige Bassreflexrohr abgegebene Schall des Konus-Tieftöners sich zum frontseitigen Direktschall summiert. Unter dem Schallloch befindet sich das Anschlussterminal. Hier ist große Flexibilität gegeben: Die vergoldeten Anschlussklemmen in vierfacher Ausfertigung ermöglichen neben dem Anschluss von Bananensteckern auch den von Kabelschuhe sowie Litze. Bi-Wiring oder auch der Betrieb mit je einen Amp für hohe Frequenzen sowie einem für die Basswiedergabe (Bi-Amping) ist möglich, sobald die mitgelieferten Kabelbrücken entfernt werden. Ein weiterer großer Pluspunkt ist der Treble Mode: Hier kann mit einer Steckbrücke der Höhenanteil um drei Dezibel abgesenkt werden. Dies erlaubt dem Hörer die individuelle Anpassung an die Raumakustik und das eigene Hörempfinden.
Aperion Audio gibt die Einspielzeit bei 50 bis 100 Stunden an: Dann fange ich mal mit mehreren und längeren Sessions an. Zu Beginn ein wenig Klassik von Peter Tschaikowsky: das weihnachtliche Märchen-Ballet Nussknacker. Schon der Einsatz der Streicher bei der Ouvertüre zaubert mir ein Lächeln ins Gesicht, ich fühle mich ins Jahr 1992 zurückversetzt als Macauley Culkin alias Kevin McCallister New York City allein unsicher machte. Weiter geht es mit dem Marsch: Die Trompeten setzen ein und der Übergang zu den von tief unten kommenden Kontrabässen wird klar definiert und warm wiedergegeben. Und wie sieht es mit Bläsern und Pauken aus? Können die Verus III die Dynamik der Einleitung von „Also sprach Zarathustra“ von Richard Strauss einwandfrei darbieten? Ein klares ja – von Posaunen zu den martialischen Paukenschlägen über das Zusammenspiel der Streicher bis zum Einsatz der Orgel wird alles glaubwürdig und ausdrucksstark dargestellt.
Von der Klassik zieht es mich hin zu Alan Parsons Project. Das Meisterwerk „Sirius“ – viele Basketball-Fans mögen sich erinnern wie die Chicago Bulls mit ihrem Superstar Michael „Air“ Jordan dieses Instrumental als Einmarsch-Musik verwendeten. Eine schöne Stereo-Wiedergabe und auch der Einsatz der E-Gitarre können sich hier „sehen“ lassen. Fließend geht es zu „Eye in the sky“ über mit der für die siebziger und achtziger Jahre typischen Hammond-Orgel. Auch hier geben die kleinen Regallautsprecher jedes Instrument differenziert wieder.
Nachdem ich mir den ganzen Longplayer zweimal reingezogen habe, folgt nun der Übergang zu einer eher seltenen Stones-Cover-Version: „Sympathy For The Devil“ interpretiert von Guns N‘ Roses. Mir war hierbei wichtig zu hören, wie sich die beiden Aperions bei der Stereowiedergabe verhalten. Die Verus III stellte das von Maraca- und Conga-Rhythmen geprägte Intro, Axl Roses markante Stimme und Slashs mitreisendes Solo über die ganzen siebeneinhalb Minuten klar positioniert auf der imaginären Bühne zwischen linkem zu rechtem Speaker dar. Lediglich die Höhen waren einen Tick zu präsent. Aber hey, da war doch der Jumper im Anschussfeld: Also schnell mal umgesteckt und tatsächlich für Hard-Rock-Sounds der 70er, 80er und 90er von ACDCs donnerndem „Thunderstruck“ über Led Zeppelins „Whole Lotta Love“ bis zu „Gimme All Your Lovin‘“ von ZZ Top ist die Höhenanpassung um minus drei Dezibel eine klare Verbesserung. Jeder Anhänger der Rockgitarre wird begeistert sein!
Nach mehreren Stunden des Rauf- und Runterhörens sämtlicher Rock-Klassiker wechsele ich das Genre. Beim Album „Cross“ des französischen Elektronica-Duos Justice bin ich überrascht: Der erste Track „Genesis“ zieht mir förmlich die Socken aus. Hier zeigen die Bookshelfs ihren wahren Charakter. Trockener Bass und Elektro-Dance-Beats werden druckvoll und wirklichkeitsnah wiedergegeben. Ich hätte nicht gedacht, dass aus einem Zweiwege-Bassreflex-Kompaktlautsprecher die Basswiedergabe so sonor wiedergegeben werden kann, vor allem in einer Preisklasse unter 1.000 Euro. Ja, die Aperions machen Freude.
Nachdem ich alle zwölf Tracks des Debütalbums der Franzosen auf mich wirken ließ, hatte ich noch eine Idee. Wie wäre es mit einer etwas härteren und melancholischeren Gangart: Apocalyptica! Die finnischen Teufels-Cellisten kombinieren auf ihrem Werk Reflections / Revised virtuose Violoncello-Kompositionen gepaart mit den Metaldrums des Ex-Slayer-Drummers Dave Lombardo. Bei „Somewhere around nothing“ donnert das Schlagzeug von Herrn Lombardo durch mein Wohnzimmer, die sphärischen Celli erfüllen den ganzen Raum. Noch ein direkter Vergleich: Die Ballade „Faraway“. Einmal instrumental und dann im Anschluss mit Vocals der schwedischen Sängerin Linda Sundblad. Bei beiden Versionen wird jedes Instrument, vom Piano, Cello bis zu den Drums haargenau abgebildet. Lediglich beim fulminanten Finale von „Toreador II“ wirken die beiden Bookshelfs ein wenig überfordert, das Zusammenspiel zwischen den Trompeten und dem Cello-Trio wirkt leicht komprimiert. Bei „Epilog (Relief)“ wird die Melancholie des Songs ausgezeichnet transportiert und das reine Violoncello-Stück zeigt auf, dass bei den Aperions eine sehr gute tonale Abstimmung gefunden wurde.
Und wie sieht es mit der Sprachwiedergabe aus? Man kann die Verus III schließlich auch in verschiedene Surround Systeme einbinden. Sowohl einen Kabarett-Mitschnitt von Emil Steinberger – der mich mal wieder zum Schmunzeln bringt - als auch bei unterschiedlichen Hollywood-Blockbustern werden alle Stimmen klar und deutlich übertragen. Aber wieder zurück zur Musikwiedergabe. „Salt“ von Lizz Wright, eine wunderschöne Soulnummer, wird wie erwartet mit einer Fülle an Details reproduziert. Die facettenreiche Stimme von Mrs. Wright, Bläser, Piano und eine Snaredrum, die nicht trockener klingen könnte – alles findet seinen Platz am richtigen Ort. Zu guter Letzt noch „Way Down We Go“ von Kaleo. Der Megahit der isländischen Rockformation zeigt nochmals, warum die Aperions richtig Spaß machen: Transparente Vocals ohne Zischlaute, die Midrange bringt den erforderlichen Druck und jedes Instrument kommt ungeschönt rüber.
STATEMENT
Die in Fernost produzierten Aperion Verus III Grand Bookshelf Speaker überzeugen mit einem unglaublich guten Preis-Leistungsverhältnis, den flexiblen Anschlussmöglichkeiten inklusive Treble Mode, mit hervorragender Verarbeitung und nicht zuletzt mit zehn Jahren Herstellergarantie. Klanglich stehen Ehrlichkeit und Detailfreudigkeit im Vordergrund: Das Fehlern jeglicher Koloration macht alle Musikrichtungen zum Genuss: ein sehr erwachsener Regallautsprecher für Räume bis circa 25 Quadratmetern. Sehr empfehlenswert!
Gehört mit
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Phono-Vorstufe | NAD PP2 |
Endstufe | DENON PMA-535 R |
Plattenspieler | Technics 1210-SL MKII mit Tonabnehmer Ortofon Blue MM |
CD-Laufwerk | DENON DCD-735r |
DA-Wandler | Dynavox Mini-DAC II Digital/Analog-Wandler |
Kabel / Zubehör | KabelDirekt, Monster Cable 400i Stereo, Mogami 2535, Oelbach |
Herstellerangaben
Aperion Audio Verus III Grand Bookshelf
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Lautsprecher-Typ | 2-Wege Kompaktlautsprecher |
Konstruktionsprinzip | Bassreflex |
Hochtöner | 1 x 25mm ASR Kalotten-Hochtöner |
Tieftöner | 1 x 135mm Tieftöner aus Kevlar |
Frequenzgang | 55 - 30.000 Hz (+/- 3dB) |
Trennfrequenz | 2.800 Hz |
Impedanz | 4 - 8 Ohm |
Wirkungsgrad | 88dB (2,83V / 1m) |
Abdeckung | Schwarz (magnetisch fixiert) |
Anschlüsse | Vergoldet |
Raumanpassung | Hochtöner um 3db absenkbar |
Abmessungen (B/T/H) | 19/28/22,5cm |
Gewicht | 6,kg |
Farben | Schwarz Hochglanz, Kirsche Furnier |
Herstellergarantie | 10 Jahre |
Einspielzeit | 50 - 100 Stunden |
Paarpreis | 800 Euro |
Vertrieb
HifiPilot GmbH
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Anschrift | Höhenstr. 7 75239 Eisingen |
Telefon | +49 7232 3640155 |
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Web | www.hifipilot.de |