Seit zehn Jahren ist Audirvana für Viele die ideale Player-Software, um Musik vom Computer zu erleben. Dabei überzeugt nicht allein die Qualität der Wiedergabe, sondern auch die Zahl sinnvoller Features. Audirvana Studio ist nun eine Neuentwicklung mit beachtlichen Innovationen, auch hinsichtlich des Klanges, bietet aber auch die bewährten Optionen.
Nach wie vor gibt es zwei Versionen, nämlich eine für Apple macOS, die ab dem Betriebssystem High Sierra genutzt werden kann und eine für Windows 10 64-bit. Wenn man, wie ich auf meinem Uralt-Mac mini, ein älteres Betriebssystem verwendet, bleibt der Trost, dass das bisherige Audirvana weiterhin nutzbar ist. Neu zu kaufen gibt es das bisherige Audirvana nicht mehr, auch Upgrades bleiben künftig aus. Möglicherweise ist das mit Audirvana Studio verbundene neue Marketing-Konzept dem einen oder anderen auch zu kostspielig und er mag lieber bei der alten Version bleiben. Denn nun bietet Firmenchef Damien Plisson den Studio Player ausschließlich im Abonnement an: Für 6,93 Euro im Monat oder 69,40 Euro im Jahr ist beliebig kurzfristige oder dauerhafte Nutzung möglich. Zum Ausprobieren steht 30 Tage eine kostenlose Testversion mit nur wenig eingeschränkten Features zur Verfügung. Mit diesem neuen Angebot gehört Audirvana nicht nur preislich in die Luxus-Klasse, sondern konkurriert dank seiner umfangreichen Möglichkeiten mit dem etablierten Hochpreis-Mitbewerber Roon. Im Abo-Preis ist eine Remote-App für IOS oder Android enthalten, die in wenigen Tagen zur Verfügung stehen soll. Wer erst kürzlich Audirvana erworben hat, darf mit einem Preisnachlass für Studio rechnen.
Da auf meinem sehr betagten Mac mini keines der notwendigen Betriebssysteme installiert ist, werde ich dort auch künftig das alte Audirvana nutzen. Das erwähne ich, weil hier die Apple-Version von Audirvana Studio nicht besprochen wird, sondern ausschließlich die weitgehend identische Windows 10 Version. Weitgehend deshalb, weil macOS und Windows sich bekanntlich hinsichtlich der Audiotreiber grundsätzlich unterscheiden. Windows Klang-Puristen haben nicht nur bei Audirvana, sondern auch bei anderen Playern statt des WASAPI bevorzugt den ASIO-Treiber installiert, um den Computer per USB mit dem D/A-Wandler zu verbinden. Audirvana Studio verspricht mit einer dritten Option, Kernel-Streaming genannt, eine weiter Klangverbesserung, weil dieser Weg klangrelevante Prozesse von Windows weitgehend meidet. Alle drei Treiber sichern im Exklusiven Modus Audirvana Studio den alleinigen Zugriff auf den Musik-Ausgangspfad und damit verbunden die Umgehung des Windows-Mixers.
Kernel-Streaming ist aus audiophiler Sicht das entscheidende Plus des neuen Studio. Aber dazu später. Freuen darf man sich über Verbesserungen in der Musik-Bibliothek und vor allem hierüber: Studio ist in der Lage, Highres-Files dahingehend zu prüfen, ob sie die originäre HD-Qualität besitzen oder hochgerechnet wurden. Wir wissen, dass dies leider immer wieder vorkommt. Schon vor Jahren hat man deshalb bei highresaudio.com etliche Alben nicht ins Angebot genommen oder wieder entfernt. Diese Funktion lässt sich auf alle PCM-Files anwenden, egal ob sie von der lokalen Festplatte stammen oder beispielsweise von Qobuz aus dem Internet gestreamt werden. Sogar das MQA-Origami wird analysiert, wie mein Screenshot zeigt. Dies geschieht im Mini-Player, der durch den kleinen Taster oberhalb der Restspielzeit-Anzeige aktiviert wird und das Mini-Player-Fenster öffnet, in dem dann die Analyse gestartet werden kann. Beim Streamen aus Qobuz dauerte diese Prozedur wesentlich länger als bei der Musik von der Festplatte. Das Einlesen aus dem Netz braucht halt seine Zeit. Der Mini-Player zeigt auf dem oberen Zeitbalken die Lautstärke und die Dynamik des Musiktitels, darunter die Lautstärke-Einstellung der Software sowie noch weiter unten die der Hardware. Wenn ein angeschlossener D/A-Wandler HID-kompatibel ist, kann Audirvana Studio einen – hoffentlich analogen – Pegelsteller im DAC fernsteuern. Dann entfallen die bei digitaler Pegelreglung üblichen Einbußen in der Auflösung durch den Rechenprozess. Dirk Sommer hat dies mit einem Mytek Brooklyn DAC+ probiert, an dem man die Lautstärkeregelung wahlweise digital oder analog vornehmen kann. Auch wenn beim Brooklyn die analoge Lautstärkeregelung gewählt wurde, kann man den Pegel mittels Audirvana Studio oder eben einer entsprechenden Drehbewegung am Mytek-Potientiometer einstellen. Wer will, kann so möglicherweise ganz auf einen Vorverstärker verzichten.
In der Mini-Player-Darstellung lässt sich zudem erkennen, wo auf dem Wege der Signalverarbeitung eingegriffen wurde. So ist etwa – und das konnte Audirvana bereits auch schon - die Einbindung von Prozessor-Plug-Ins nach VST 3 Standard möglich und eine interessante Option, wenn man Equalizer oder Sound-Prozessoren nutzen möchte, die auch kostenlos zu haben sind. Auf diesem Wege lassen sich Raumprobleme mildern oder auch die Klangcharakteristik von Plattenspieler und digitaler Wiedergabe annähern. Persönlichem Sound-Geschmack kann man damit ebenfalls Rechnung tragen.
Auch das alte Audirvana bot bereits die Möglichkeit, den Computer nicht nur per USB mit einem D/A-Wandler zu verbinden, sondern die Musik über das Netzwerk nach UPnP-Standard an eine Bridge zu senden. Audirvana Studio kommuniziert dann ausschließlich im .wav-Format, was dem Netzwerkspieler das leistungszehrende und somit mindestens theoretisch klanglich nachteilige Entpacken von Flac-Dateien erspart. Denn dies hat Audirvana Studio bereits vor der Datenübermittlung erledigt. Auch das Bearbeiten von Metadaten war schon ein lobenswertes Feature der Vorgängerversion und ist jetzt in Studio sehr komfortabel und umfassend möglich.
Wenn man will, kann man auch den Lautstärke/Dynamik-Verlauf eines Musikstückes unterhalb der Steuerungstasten angezeigt bekommen. Veränderungen in den Einstellungen lassen sich nach Stoppen der Musikwiedergabe bewerkstelligen. Eine Stop-Taste wie im alten Audirvana sucht man jedoch vergebens. Hier haben die Entwickler um Damien Plisson eine originelle Idee gehabt: Ein kleines Vorhängeschloss-Icon rechts neben den Lautstärke-Schieberegler, welches im Spielbetrieb mit ON beschriftet ist, stoppt durch Anklicken die Musikwiedergabe, ermöglicht den Zugang zu den Einstellungen und hebt bis zum Start des nächsten Musikstückes den exklusiven Modus auf.
Was gegenüber dem bisherigen Audirvana das neue Studio erheblich erweitert, ist der Zugang zu weltweitem Internetradio und zu Podcasts. Beides lässt sich regional selektieren, in Deutschland sogar bis auf einzelne Städte eingrenzen. Alternativ wird auch eine Selektion nach Sprache leicht gemacht. Für Internetradio gibt es zudem eine Auswahl nach Genre und Qualität, so dass man allzu mieses MP3 außen vorlassen kann. Das Musik-Auswahlmenü zeigt bei Eingabe eines Künstlers in die Suchmaske alle Angebote auf dem lokalen Speichermedium, also meiner Festplatte, alles von diesem Künstler bei den Streaming-Portalen (in meinem Falle nur Qobuz), alle Podcasts und Radiosender. Eine automatische Musik-Berieselung nach Ablauf einer von mir gewählten Musik erfolgt zu meiner Freude nicht. Den Bedienkomfort sehe ich gegenüber dem Vorgänger sehr sinnvoll gesteigert. So kann durch das Setzen von Filtern Musik nach vielerlei Kriterien selektiert werden. Dass MQA nicht unter Dateitypen, sondern im Sortiermenü selektiert wird, ist kein Problem mehr, sobald man es weiß.
Die Preisgestaltung von Audirvana Studio weckt beim mir hohe Erwartungen hinsichtlich klanglicher Fortschritte gegenüber dem Vorgänger. Da gibt es nun beides: Enttäuschung und Grund zur Freude. Relevante Klangmerkmale auszumachen, die beide Software-Varianten voneinander unterscheiden, ist mir nicht gelungen, wenn ich in Studio den ASIO-Treiber gewählt hatte, was im alten Audirvana die bestklingende Option war. Sobald ich jedoch das neue Kernel-Streaming aktiviere, ist der Gewinn unüberhörbar. Drei Beispiele: Es gibt eine Deluxe Edition von Gregory Porters Album Take Me To The Alley, die nicht nur ein paar interessante Tracks mehr bietet, sondern in puncto Klangqualität deutlich gegenüber der ursprünglichen HighRes-Version zugelegt hat. Mit dem Kernel-Streaming erlebe ich dieses Album mit überlegener, strukturierter Freistellung von Instrumenten und Gregory Porters Stimme im Raum, mehr Explosivität und Leichtigkeit. Im Vergleich dazu wirkt die ASIO-Variante etwas eng und belegt. Die Luftigkeit der Darbietung mit Kontur und Klangfarben steigert die Freude beim Hören recht deutlich. Auch klassische Musik gewinnt, wie etwa der für Solovioline und Orchester arrangierte „Dance Of The Knights“ in Lisa Batiashvilis Album Visions of Prokofiev. Sehr viel klarer und konturenschärfer ertönt gleich zu Beginn die tiefe Trommel. Die Solo-Violine und vor allem die begleitenden Streicher werden mit dem Kernel-Streaming exakter reproduziert. Die Musik ertönt spannender und mitreißender. Dieses wie auch andere orchestrale Werke hören sich jedoch auch mit dem ASIO-Treiber sehr schön an. Dieser vergleichsweise dickliche Sound kann das Volumen des Orchesters sogar positiv beeinflussen. Aber sobald der Wechsel auf Kernel-Streaming erfolgt, wächst das Hörvergnügen dank der erheblich höheren Präzision und besseren Durchhörbarkeit. Ähnlich ging es mir auch beim Vergleich der beiden Soundtreiber beim Album Nightfall von Dieter Ilg und Till Brönner. Mit ASIO steht Dieter Ilgs Bass mit fettem Körper links im Raum, mit Kernel-Streaming tönt er exakter und ein bisschen weniger üppig. Das wirkt für mich schöner und vor allem authentischer.
Zugegeben, Audirvana Studio ist kein Low-Budget Musik-Player. Was er jetzt jedoch in der Windows-Version rein klanglich mehr bietet, darf sicher mit dem Austausch eines guten gegen einen besseren Verstärker oder D/A-Wandler verglichen werden. Vielleicht greift man beim Kauf solcher Komponenten lieber tief ins Portmonee, für die gleiche Investition kann man mit Audirvana Studio jedoch sehr lange Musik genießen. Schließlich ist heutzutage in der Technik der Materialeinsatz oftmals weniger bedeutsam als die geistige Leistung. Wenn man dies so akzeptieren mag, kann es zusätzlich klanglich Gutes bewirken, wenn man zur Feinabstimmung der Hifi-Anlage ein hochwertiges VST3-Plugin integriert.
STATEMENT
Audirvana Studio bietet einen erstklassigen Bedienkomfort, der sehr viel Sinn macht, vor allem aber komfortabel zu handhaben ist und den ich an keiner Stelle für Spielerei halte. Das neue Windows Kernel-Streaming steigert die Klangqualität gegenüber dem Vorgänger deutlich: Das neue Preiskonzept lässt sich leichter verschmerzen, weil das Musik-Hören mit Audirvana Studio sehr viel mehr Spaß macht.
Gehört mit
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Computer | Dell i7 mit Windows 10 Pro, Audirvana 3.5.46 und Qobuz |
Streamer | PS-Audio Bridge II |
Netzwerk | Ansuz Acoustics PowerSwitch A2 mit Darkz-Resonance-Control C2T, Digitalz Ethernet Cable A2 und Audioquest CAT700 Carbon |
Reclocker | Mutec M-3+ Smartclock USB |
DA-Wandler | PS Audio Direct-Stream-DAC |
Endstufe | für Bass: zwei Primare A-32, für Mittel-Hochton: Spectral DMA-100 |
Equalizer | LA-Audio EQ231G für Bass |
Lautsprecher | Triangle Grand Concert |
Zubehör | Siltech Royal Signature Universal II, Habst DIII AES/EBU, Audioquest Jitterbugs, Wireworld Eclipse 8 Silver und Platinum Cinch und XLR, Purist Audio Design Elementa Advance und Alzirr XLR, QED Genesis Silver Spiral und Supra XL Annorum LS mit Enacom LS, Audioquest Niagara 5000, Hurricane HC, Source und NRG-X2 Netzkabel, AHP Reinkupfer Sicherungen, Synergistic Research Quantum Blue und OrangeSicherungen, AHP Klangmodul Ivg, Furutech NFC Wandsteckdose, Raum-Absorber von Mbakustik und Browne Akustik, Franck Tchang Klangschalen |
Möbel | Creaktiv Audio mit Absorberböden, Finite Elemente Pagode, Audio Exklusiv d.C.d. Basis |
Herstellerangaben
Audirvana Studio
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Preis inklusive Remote-Apps | 6,93 Euro pro Monat 69,40 Euro pro Jahr |
Hersteller
Audirvana
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Web | audirvana.com |