Bisher hatte ich persönlich die feine High-End-Schmiede Paltauf aus Österreich noch nicht auf meinem HiFi-Radar gehabt. Umso begeisterter war ich beim Test von der röhrenbestückten Phonostufe Paltauf Phono-200 mit externem Netzteil. Denn hier sind ohne Frage musikalische Überzeugungstäter am Werk, die ihr Handwerk verstehen!
Wie, Sie kennen Paltauf auch noch nicht?! Na dann wird es aber allerhöchste Zeit! Ansässig im österreichischen Graz, wird das Unternehmen von Gründer und Namensgeber Wolfgang Paltauf sowie Miteigentümer Thomas Stiegler geleitet. Ersterer genoss eine musikalische Früherziehung, und später weckte eher zufällig der Fund eines alten Röhrenkatalogs mit den darin enthaltenen Audioschaltungen aufgrund ihrer Einfachheit und Machbarkeit Paltaufs Interesse, so dass daraus schließlich ein Hobby erwuchs. Mittlerweile entwickelt und baut er seit über 25 Jahren hochwertige Röhrenverstärker. Sein Partner Michael Stiegler kümmert sich um das Marketing und die betriebswirtschaftlichen Angelegenheiten. Paltaufs Geräteportfolio umfasst Hybrid-, Vor- und Endverstärker, Kopfhörerverstärker, Lautsprecher und Phonostufen, und um letztgenannte soll es in unserem Test auch gehen.
Zu Gast bei Hifistatement war die Phono-200, die das mittlere Modell der drei Phonovorstufen darstellt, die Paltauf im Programm hat. Im Grunde ist es das Basismodell Phono-100 ergänzt um ein externes Röhrengleichrichter-Netzteil in eigenem Gehäuse. Die Phono-200 gibt es in zwei Varianten, nämlich in einer MM-Variante für 2930 Euro und in einer MC-Variante für 3490 Euro. Die MC-Version stellt dabei eine um einen Übertrager im Verhältnis eins zu acht erweiterte MM-Version dar, um die feinen Signale von Moving-Coil-Tonabnehmern auf Moving-Magnet-Niveau zu hieven. Paltauf fragt vor der Auslieferung an den Kunden übrigens den verwendeten Tonabnehmer ab, und Eingangswiderstand beziehungsweise Kapazität werden dann individuell angepasst. Hier geht Perfektion eindeutig vor Flexibilität, so handeln Überzeugungstäter eben. Sehr sympathisch!
Haptisch lässt Paltauf schon mal nichts anbrennen. Die sehr stabilen, robusten Metallgehäuse sind schlank und tief, wobei die beiden Gehäuse der Phonostufe und des Netzteils gleich groß sind, allerdings verfügt die Phonostufe über seitliche Holzwangen, das Netzteil hingegen nicht. Die Holzteile haben eher eine technische denn eine optische Funktion, nämlich die, etwaige Resonanzen im Keim zu ersticken. Gleichwohl könnte man natürlich auf den Gedanken kommen, das Netzteilgehäuse aus optischen Gründen ebenfalls mit Holzwangen zu versehen.
Die Fronten der Gehäuse zieren lediglich der Firmenschriftzug, die Modellbezeichnung und die Betriebsleuchte, that´s all, folks! Das Erscheinungsbild der beiden Geräte ist dadurch sehr schlicht und elegant und trifft meinen persönlichen Geschmack in optischer Hinsicht übrigens voll und ganz. Und dafür, dass der ganze Einstellschnickschnack samt Knöpfen, Reglern sowie das allerorten obligatorische Mäuseklavier wegfallen, gibt es von mir noch einmal hundert virtuelle Punkte extra. Dafür allein kann man sich klanglich zwar noch nichts kaufen, aber dennoch: Ein fettes „Danke“ an Paltauf, dass Ihr mir diese Arbeit abgenommen habt! Hatte ich schon mal erwähnt, dass ich einfaches Plug ´n´ Play liebe und bisweilen auf Flexibilität pfeife? Ausgenommen Tube Rolling natürlich…
Die Rückseiten der Geräte werfen übrigens genauso wenig Fragezeichen auf wie die Fronten: Es gibt einen Cinch-Eingang, einen Cinch-Ausgang, eine Erdungsklemme, den Netzteilanschluss sowie einen Netzschalter, mehr nicht. Eine Fehlbedienung kann damit quasi ausgeschlossen werden. Deutlich spannender wird es hingegen nach dem Öffnen der Gehäuse. Das Netzteil offenbart einen für eine Phonostufe schon ziemlich fetten Ringkerntrafo, dessen Ringmitte zwecks Schwingungsdämpfung vergossen ist. Auf einer kleinen Platine befinden sich neben dem verkapselten Trenntrafo, dem Leistungsrelais und der Schmelzsicherung sowie den Kondensatoren zur Spannungsglättung und Siebung unter anderen eine kleine Gleichrichterröhre russischer Provenienz vom Typ 6Z4P. Alles ist sauber gefertigt mit hochanständigen Bauteilen und wirkt technisch gut durchdacht – sehr schön!
Das Verbannen der Netzteilsektion in ein separates Gehäuse ist insbesondere bei Phonostufen ein wesentlicher Schlüssel zum Erfolg, da nur auf diese Weise Störeinflüsse des Netztrafos mit seinen relativ starken Streufeldern vermieden werden können. Nach meinem Dafürhalten ist dieser Weg konsequenter und Erfolg versprechender als zum Beispiel die Nutzung eines gemeinsamen Gehäuses unter Verwendung von Trennblechen im Gehäuseinneren. Das Phonoteil beherbergt nur eine kleine, kompakte Platine, deren schaltungstechnischen Aufbau ich als optimal bezeichnen würde. Offen gestanden habe ich meine Halbleiterphobie nämlich bereits vor einiger Zeit über Bord geworfen und daher auch bei der Paltauf Phono-200 diesbezüglich keinerlei Berührungsängste: Die Signalspannungsverstärkung erfolgt mittels FET-Röhren-Kaskode, die RIAA-Entzerrung passiv diskret mithilfe sehr eng tolerierter Widerstände und Kondensatoren und die Class-A-Ausgangsstufe wird mit MOSFETs realisiert. Ich konnte es natürlich nicht lassen und habe die E188CC Doppeltriode von RTC während der Hörsessions durch diverse NOS Röhren aus meinem Fundus getauscht. Nur so viel vorab: In Nuancen ging hier klanglich minimal noch was, aber lange nicht so ausgeprägt, wie ich es erwartet hatte. Meine späteren Ausführungen beziehen sich daher ausschließlich auf das Original-Setup mit der RTC.
Überhaupt bin ich basierend auf meinen Erfahrungen der Auffassung, dass die klanglichen Meriten einer HiFi-Komponente zu 80 Prozent durch die Schaltung bestimmt werden und lediglich zu 20 Prozent durch die Qualität der verwendeten Bauteile – eine generelle Ausnahme sind Übertrager. Glücklicherweise stimmt bei der Phono-200 beides! Die absolute Einspielzeit dieser Phonostufe betrug bei mir übrigens circa 100 Stunden, ich würde sagen, danach tat sich nicht mehr viel und das Gerät war eingespielt. Grundsätzlich lag die notwendige Aufwärmzeit nach dem Einschalten bei ungefähr einer halben Stunde, bis es „voll da“ war.
Für die Hörsessions habe ich so ziemlich alles aus dem Plattenregal gegriffen, was mir gerade in die Hände fiel. Ein unbewusster Effekt, der mir erst später ins Bewusstsein drang, war, dass ich Platte für Platte aufgelegt und Musik gehört habe, ohne den Gedanken des eigentlichen „Testens“ im Sinn zu haben. Dabei ging die Phono-200 so emotional involvierend zu Werke, dass ich schließlich Lust hatte, doch etliche meiner Lieblingsscheiben rauszukramen. Also ging es weiter mit „Hells Bells“ von AC/DC (Back in Black, Atlantic Records, 1980): Dieses Stück offenbart unmittelbar jede Schwäche im Tieftonbereich. Die wuchtigen „Höllenglocken“ gleich zu Beginn des Intros schepperten so richtig schön fett, schwarz und sonor; dieses Erlebnis würde ich mir mal eins-zu-eins in St. Paulis Millerntorstadion beim Einlaufen der Mannschaften wünschen… Aber auch Gitarrenriffs, Drums sowie Brian Johnsons Gesang offenbarten schlicht pure Spielfreude. Wenn ich wollte, konnte ich zwar allen kleinen, noch so feinen instrumentalen Verästelungen folgen, aber die Paltauf Phono-200 war bei Leibe kein Analytiker. Ihr hohes Differenzierungsvermögen stellte sie voll in den Dienst der ganzheitlichen Performance, die Musik wirkte einfach immer „wie aus einem Guss“.
Noch mehr Gänsehaut bekam ich bei der Rock-Ballade „Ride on“ von AC/DC (Dirty Deeds Done Dirt Cheap, Atlantic Records, 1976). Der weite (virtuelle) Raum ließ jedem Instrument mächtig viel Luft zum Atmen und transportierte insbesondere diese unglaubliche Lässigkeit in der Stimme von Bon Scott mit schon fast unheimlicher Authentizität. Sein Gesang klang so kraftvoll und energiegeladen wie ich es selten zuvor erlebt habe, und ich glaube ein wesentlicher Grund hierfür liegt darin, dass die Paltauf Phono-200 keinerlei Störartefakte hinzufügt, was die eingangs erwähnte Feststellung eines blitzsauberen elektrischen und schaltungstechnischen Aufbaus stützt.
Eine weitere Besonderheit, die mir im Laufe der vielen Hörsessions aufgefallen war, ist das Vermögen der Phono-200, S-Laute sehr sauber aufzulösen und darzustellen. Insbesondere bei Frauenstimmen haben viele Komponenten so ihre liebe Not damit – und zwar nicht nur in der Gerätegruppe der Tonabnehmer! Da wird bisweilen gelispelt und gezischelt, dass es einem die Schuhe auszieht… Aber nicht so die Phono-200! Feinste Sibilanten kamen mit einer blitzsauberen Akkuratesse, seidig-weich und präzise – toll! Dabei legte sich die Phonostufe von Paltauf an der Schnittstelle zwischen silberfarbener Analytik und herbstlich goldenen Klangfarben stets ganz leicht auf die diesseitige, angenehm warme, vollmundigere Seite. Hier fühlte ich mich persönlich jedenfalls perfekt aufgehoben!
Auch grobdynamisch war alles in bester Ordnung. „Überlin“ des letzten Albums Collapse into now von R.E.M. (Warner Brothers, 2011) oder „Man on the Moon“, „Everybody Hurts“ und „Nightswimming“ (Automatic for the People, Warner Bros. Records, 1992) durften jetzt bei ziemlich hohen Lautstärken mithelfen auszuloten, ob die Paltauf etwaige Schwächen offenbarte. Aber nix da. Ansatzlos, pfeilschnell und mit zackiger Diktion rockten die beiden Kistchen, dass kein Auge trocken blieb.
Wer finanziell noch nicht ganz die Bodenhaftung verlieren möchte und sich dennoch eine High-End-Phonostufe reinsten Wassers zulegen möchte, der muss sich die Paltauf Phono-200 unbedingt anhören. Sie hat keinerlei Schwächen und ich konnte ihr keinen noch so klitzekleinen Fehler nachweisen. Dafür schwingt sie sich in einigen Teildisziplinen zum Klassenprimus auf und offenbart Eigenschaften, die man gemeinhin erst in deutlich teureren Komponenten erwarten würde, insbesondere hinsichtlich ihrer Spielfreude und ihrer authentischen, fast schon überbordenden Klangfarbenpalette. Eine Phonostufe von Musikenthusiasten für Musikenthusiasten.
STATEMENT
Wer eine technisch ausgereifte, feine und klanglich kompromisslose Phonostufe mit herausragendem Preis-Leistung-Verhältnis sucht, der wird bei Paltauf fündig. Die Phono-200 ist preisunabhängig eine der besten Phonostufen, die ich in den letzten Jahren gehört habe. Dynamisch ist sie ganz weit vorn, dabei substanziell und fein auflösend, ihre Spielfreude springt den Hörer förmlich an. Sogar wer für die Anschaffung einer neuen Phonostufe über ein Budget im hohen vierstelligen Bereich verfügt, sollte die emotional ansprechende Paltauf Phono-200 in die ganz enge Wahl ziehen.
Gehört mit
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Plattenspieler | Pro-Ject Debut PRO |
Tonabnehmer | Pro-Ject Pick it PRO |
Vollverstärker | Almarro A205A MkII |
Lautsprecher | Dynamikks! Model 12 |
Zubehör | Dynamikks! Speakerlink I, Audio Note AN-S Interconnect Pure Silver NF-Kabel |
Möbel | Hi-Fi Racks Ltd |
Herstellerangaben
Paltauf Phono-200
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Geräteart | Phono-Entzerrer für MM, wahlweise MC |
Verstärkung | 52dB (MM), Übertrager 1:8 (MC) |
Netzspannung | 230V/50Hz (auch mit Netztransformator 115V/60Hz lieferbar) |
Eingang | 1 x RCA (Cinch) |
Ausgang | 1 x RCA (Cinch) |
Eingangswiderstand MM | 47kOhm (Widerstand gesteckt, Anpassung bei Verwendung mit MC-Übertrager möglich) |
Eingangskapazität | 220pF |
Frequenzgang (RIAA) | 20Hz (-0,3dB) bis 20kHz (-0,7dB) |
Übersprechdämpfung (bei 1kHz) | 84dB |
Besonderheiten | Externes Netzteil |
Abmessungen Phono (B x H x T) | 145 x 91 x 270mm |
Abmessungen Netzteil (B x H x T) | 145 x 91 x 270mm |
Leistungsaufnahme | 11W |
Preis | 2930 Euro (MM-Version) 3490 Euro (MC-Version) |
Vertrieb
Paltauf & Stiegler GmbH
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Anschrift | Franckstraße 33 8010 Graz, Austria |
Telefon | +43 (0)650 350 76 93 |
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