Seit einiger Zeit präferiere ich magnetostatische Kopfhörer, deren große Membranen Bässe fast körperlich erfahrbar machen. Erst war es der spektakuläre Sound amerikanischer Prägung, doch dann entdeckte ich im letzten Jahr Sendy Audios tonal ausgewogene Schallwandler. Nun stellen die Chinesischen Kopfhörerspezialisten ein neues Einstiegsmodell vor.
Der Apollo ist mit einem Preis von 550 Euro noch knapp 20 Prozent günstiger als der Aiva, verfügt aber schon über die „Quad-Former Technology“, die bisher dem Topmodell Peacock vorbehalten war. Wie bei allen Magnetostaten bewegt sich auch beim Apollo eine mit Leiterbahnen, die der Schwingspule in Lautsprecherchassis entsprechen, bedruckte Membran zwischen zwei Magnet-Anordnungen. Bei der „Quad-Former Technology“ gibt es auf der Membran aber mehr als eine Spule: Auf jeder Seite der Membran sind zwei Spulen aufgebracht, wobei die beiden Spulen einer Seite die Fläche besser abdecken sollen, als das mit einer möglich wäre. Dadurch wird eine möglichst gleichförmige Bewegung der Membran auf der gesamten Fläche erreicht. Das Kompositmaterial der Membran weist laut Produktinformation besonders im Stimmbereich eine hohe innere Dämpfung auf und ermögliche eine tiefe Basswiedergabe. Dank des ultra dünnen und festen Basismaterials, das für die Hochtonwiedergabe entscheidend sei, soll sich der Frequenzgang bis 40 Kilohertz ausdehnen. Während die Treiber beim Aiva und Peacock in einen Gehäuse aus Flugzeug-Aluminium und Zebranoholz montiert sind, erwähnt Sendy Audio bei der Beschreibung des Apollo lediglich Rosenholz als Gehäusematerial. Das wurde natürlich auch hier mit einer CNC-Maschine in Form gebracht, geschliffen und poliert und anschließend mit hochglänzendem Klarlack versiegelt.
Der akustischen Feinabstimmung des Treibers dienen die beiden silbernen und schwarzen durchbrochenen Stahlgitter, die den Holzring nach außen abschließen und der Membranbewegung einen definierten Widerstand entgegensetzen. Auch hier orientiert sich der Apollo eher am Peacock als am Aiva. Das Design der beiden Gitter soll Assoziationen an die Sonne wecken, weswegen der Kopfhörer nach dem dafür zuständigen lateinischen Gott benannt wurde. Das Kopfband des Apollo ist aus Ziegenleder gefertigt. Die schüsselförmigen Ohrpolster hingegen sind mit einem Material mit hohem Proteinanteil umgebenen. Die Form sorgt dafür, dass auch große Ohren völlig umschlossen werden, obwohl die Treiber des Apollo nur einen Durchmesser von 68 Millimetern besitzen. Zu Orientierung: Beim Peacock sind es 88 Millimeter. Das rund zwei Meter lange Anschlusskabel besteht aus 6N-OCC-Kupfer und endet auf der einen Seite in einem 4,4-Millimeter-Pentaconn-Stecker, auf der anderen in zwei 3,5-Millimeter-Klinkensteckern. Auch wenn es nur ein nebensächliches Detail ist: Mir gefällt es, dass die Steckergehäuse in schlichtem Schwarz gehalten sind. Beim Aiva waren die silbernen Stecker noch mit schwarzen Linien dekoriert. Ja, grundsätzlich wünschte ich mir von allen Modelle einen schlichteren, am besten tiefschwarzen Auftritt: So machten die Sendy Audios auch bei Anwendungen im professionellen Umfeld ein gute Figur.
Aber wenn der Apollo etwa in Sachen Wirkungsgrad anders als beispielsweise der fantastische, aber enorm leistungshungrige Dan Clark Audio Stealth keine Auffälligkeiten zeigt, braucht er sich nicht mit Mischpulten oder mehrkanaligen, digitalen Aufnahmegerätschaften abzugeben. Sein erster Partner ist Audioquests Dragonfly Cobalt, wirklich kein Leistungswunder, bezieht er er sein Energie doch aus dem angeschlossenen Datenlieferanten, in diesem Falle einem iPhone 13 Pro, auf dem die Onkyo-HF-PLayer-App die Musikdaten verwaltet. Den Anschluss des Apollo an den Cobalt ermöglich der zum Lieferumfang des Kopfhörers gehörende Pentaconn-auf-3,5-Millimeter-Stereoklinke-Adapter. Die erste Überraschung erlebe ich, als ich den Apollo aufsetze: Die großen Polster liegen so angenehm am Kopf, dass selbst das Tragen einer Brille komfortabel möglich ist. Das Kopfband übt nur einen minimalen Druck aus: Der Apollo ist der leichteste Magnetostat, den ich gehört habe. Sein Gewicht liegt unter 400 Gramm und damit auch unter dem des Stealth.
Um es Dragonfly und Apollo nicht allzu leicht zu machen, beginne ich nicht mit einer bis zum letzten Dezibel ausgesteuerten Rockproduktion, sondern mit Arild Andersens If You Look Far Enough, das wie alle ECM-Alben einen großen Dynamikumfang und damit auch eine Menge leiserer Passagen aufweist. Beim sich auch im Pegel langsam steigernden „If You Look“ habe ich die Lautstärke zuerst auf etwa 90 Prozent aufgedreht, musste sie aber schon bald zurücknehmen. Aber nicht der recht gute Wirkungsgrad des Apollo ist die zweite Überraschung, sondern der enorme Druck im Bass, hier bei den in der zweiten Hälfte des Stückes einsetzenden Pauken. Im Hochtonbereich gibt sich der Apollo ebenfalls nicht unbedingt zurückhaltend und auch bei Impulsen lässt er nichts anbrennen. Da habe ich gleich mal einen recht stark komprimierten und bei unausgewogenen Ketten oder Kopfhörern schon mal leicht aggressiv klingenden Song Van Morrisons angespielt: Beim Apollo ist erfreulicherweise kein Anflug von Härte oder Rauigkeit zu entdecken. Vor weiteren Einschätzungen der Abstimmung des Einstiegsmodells von Sendy Audio höre ich es aber erst einmal an leistungsstärkeren Kopfhörer/Wandler-Kombinationen.
Als erstes wäre da Chord Electronics' MOJO, der mit einem MacBook Pro verbunden ist, auf dem Audirvana 3.5.46 die Musik-Files von der angeschlossenen USB-Festplatte bereitstellt. Auch wenn das Speichermedium gewiss keine audiophile Lösung ist, kommen die vielfältigen metallischen Perkussionsinstrumente nun deutlich feiner differenziert rüber. Die Pauken erklingen druckvoll und satt, sind aber keinesfalls überbetont. Auch bei Van Morrisons „Whatever Happened To PJ Proby“ macht die MOJO-Apollo-Kombination richtig Spaß: Der Song fließt geschmeidig dahin, ist eingängig, die produktionsbedingt geringen dynamischen Abstufungen stören nicht im geringsten. Da lasse ich auch das nächste Stück noch weiterlaufen. Bei „The Beauty Of The Days Gone By“ gefallen die warmen Klangfarben der opulenten Instrumentierung, die Basslinie rückt aber minimal stärker in den Vordergrund als etwa beim Peacock. Den Apollo hat Sendy Audio mehr in Richtung Genuss als Neutralität abgestimmt: ausgesprochen angenehm, wenn man ihn nicht gerade bei Aufnahmen oder zum Testen von DAC/Kopfhörerverstärker-Kombinatonen verwendet!
Beim Test des Peacock habe ich Keith Jarrett und Jack DeJohnettes Ruta And Daitya: wiederentdeckt. „Overture – Communion“, das Duett von Schlagzeug und einem teils mit einem Wah-Wah verfremdeten, verzerrten Fender Rhodes, ist auch über den Apollo ein Hochgenuss. Die Feinzeichnung der Becken etwa gelingt auch beim kleinen Sendy Audio richtig gut – auch wenn ich mich zu erinnern glaube, dass da beim dreifach teureren Peacock noch ein wenig mehr geht. Das bestätigt dann auch ein kurzer Vergleich. Dennoch: Der Apollo überzeugt auch hier auf ganzer Linie. Jetzt wird der Kopfhörer wieder mit Chord Electronics' HUGO 2, samt 2go mit seiner 512-Gigabyte-microSD-Karte verbunden. An dieser mobilen Streamer/Wandler/Kopfhörerverstärker-Kombination hatte sich der Apollo auch schon einige Tage lang eingespielt, bevor ich ihn das erste Mal hörte. Und daran fühlt er sich hörbar noch deutlich wohler als am MOJO: Weil es so schön war, steht noch einmal „Overture – Communion“ vom Album Ruta And Daitya auf dem Programm. Der inzwischen wieder vertraute Titel macht schnell deutlich, dass der Apollo in Sachen Auflösung, Offenheit und Feinzeichnung noch mehr zu bieten hat, als er am MOJO zeigen konnte. Vom HUGO angetrieben erreicht der Klang des Apollo in etwa das Niveau, auf dem sich der Peacock in Kombination mit dem MOJO bewegte. Der Apollo reagiert recht sensibel auf die Qualität seiner Zuspieler.
Üblicherweise müsste er nun in Verbindung mit dem symmetrischen Ausgang des Phonitor x zeigen, was er mit allerbester Elektronik zu bieten hat, aber ein Pentaconn-auf-4er-XLR-Stecker gehört leider nicht zum Lieferumfang des Apollo. Den entsprechenden Adapter und das Kabel des Peacock sowie ein zweites habe ich umgelötet, so dass ich nun ein Kabel mit 6,3-Millimeter-Klinke und eines mit 4-pol XLR-Stecker zur Verfügung habe. Die beiden passen aber nicht zu den Anschlüssen des Apollo: Wie beim Aiva befinden sich hier 3,5-Millimeter-Klinkenbuchsen den Gehäusen. Wenn ich den Apollo symmetrisch ansteuern möchte, komme ich mit dem Phonitor also nicht weiter. Glücklicherweise steht noch der Ferrum ERCO im Hörraum, über dessen symmetrischen Pentoconn-Ausgang ich mich im Test ein wenig mokiert habe – zu Unrecht, wie ich nun eingestehen muss. Denn Dank seiner kann ich nun auch den Apollo an sehr hochwertiger – symmetrischer – Verstärkung hören. Der ERCO wird dabei von einem Ferrum HYPSOS mit Strom versorgt und über ein Audioquest WEL Signature vom SPDIF-Ausgang des Aries G2.1 mit Daten versorgt – ein extrem hochwertiges Umfeld für Sendy Audios Einstiegsmodell. Und das weiß es wirklich zu schätzen: Das Schlagzeug und das verstärkte E-Piano umgibt nun eine Menge Luft. Der musikalische Fluß und die packende Rhythmik begeistern gleichermaßen. Spätestens beim dritten Stück dieses hervorragenden Albums fällt es enorm schwer, sich auf irgendwelche Hifi-Kritierien zu konzentrieren. Aber das liegt nicht allein an den klanglichen Meriten von Apollo und ERCO. Auch die geringe Andruck der weichen Ohrmuscheln und das – für einen Magnetostaten – geringe Gewicht tragen ihren Teil zum Wohlbefinden bei. Mich hat der Apollo schon jetzt völlig für sich eingenommen.
Den Test des Peacock hatte ich vor Monaten mit Wagners Symphonischen Ring in der Interpretation der Duisburger Philharmoniker unter der Leitung von Jonathan Darlington beendet. Und das bietet sich auch hier an, denn bisher habe noch kein großorchestrales Werk kritisch über den Apollo gehört. Gut, über mehrfach teurere Kopfhörer habe ich den „Ritt der Walküren“ schon einmal einen Hauch differenzierter erlebt. Aber der Apollo bringt auch die Fortissimo-Passagen mit reichlich Energie und dabei ohne jegliche Nervosität oder Angestrengtheit rüber. Er bleibt eben immer auf der wohltönenden, klangfarbenkräftigen Seite: ein Kopfhörer zum Schwelgen in Musik, nicht zu ihrer Analyse!
STATEMENT
Der Apollo ist sehr gut verarbeitet und kommt mit allem nötigen Zubehör. Ich kenne keinen anderen Magnetostaten, der sich aufgrund des geringen Gewichts und der durchdachten Kopfbügelkonstruktion so angenehm trägt wie der kleine Sendy Audio. Das Beste aber ist seine tonale Abstimmung, die zu langanhaltendem, ermüdungsfreien Musikgenuss verführt. Ein kleines Preis/Klang-Wunder!
Gehört mit
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Smartphone | iPhone 13 Pro |
Laptop | MacBook Pro mit OS |
NAS | Melco N1Z/2EX-H60 mit externem Audiaz-Linearnetzteil |
Streamer | Auralic G2.1 mit 2TB SSD |
LAN-Switch | Ansuz PowerSwitch D-TC Supreme |
Kopfhörerverstärker mit DAC | Ferrum Erco mit Ferrum Hypsos, Chord Electronic MOJO und HUGO 2, Audioquest DragonFly Cobalt |
Kopfhörer | Audeze EL-8 Titanium, Sendy Audio Peacock |
Kabel | Audioquest Dragon HC, Tornado (HC), Ansuz Digitalz D-TC Supreme und Mainz D2, Audioquest Cinnamon USB und WEL Signature SPDIF, Habst USB Ultra III |
Zubehör | AHP Klangmodul IV G, Audioquest Niagara 5000 und 1200, Synergistic Research Active Ground Block SE, HMS-Wandsteckdosen, Blockaudio C-Lock Lite, ADOT Medienkonverter (2x) mit Keces P3 und SBooster BOTW P&P Eco MKII, Singlemode-Duplex-Lichtwellenleiter |
Herstellerangaben
Sendy Audio Apollo
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Treiber | planarmagnetisch (Magnetostat) |
Treibergröße | ø 68mm |
Frequenzgang | 20Hz - 40kHz |
Empfindlichkeit | 95dB ±3dB |
Impedanz | 15Ω ±15% |
Kabellänge | 2m ±0,2m |
Anschluss | 4,4mm Pentaconn |
Gewicht | 395g |
Preis | 550 Euro |
Vertrieb
audioNEXT GmbH
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Anschrift | Isenbergstraße 20 45130 Essen |
Telefon | 0201 5073950 |
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Web | www.audionext.de |