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AMG Giro MK II und 9W2

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Tach auch, da ist er nun, der Plattenspieler Giro MK II aus der Analog Manufaktur Germany, kurz AMG. Der Giro MK II ist eine Weiterentwicklung und eine in vielen Details verbesserte Version des Einstiegsmodells aus der AMG Familie. Ich werde ihn gemeinsam mit dem ebenfalls vom süddeutschen Analog Spezialisten AMG hergestellten Tonarm 9W2 testen.

„Tach auch“ klingt nach Ruhrgebiet, da lebe ich und machte vor so einigen Jahrzehnten mit dem heutigen Chefredakteur von Hifistatement für einige gewiss recht gewöhnungsbedürftige Hausmusik. Mindestens ebenso lange pflege ich das Hobby HiFi, respektive das Beschäftigen mit hochwertigen Komponenten zur Musikwiedergabe. Die Idee, darüber zu schreiben hatte ich schon länger. Nun, als frisch gebackener Ruheständler, habe ich die Zeit dafür, und der Idee folgt die Tat.

Der Giro MK II ist der Nachfolger des sehr erfolgreichen Giro G9, der bereits im Jahre 2015 von Dirk Sommer getestet wurde. Das Laufwerk wurde durch Modifikationen in vielen Details weiter aufgewertet und wird nun in der Version MK II angeboten. Das in meinen Augen wunderschöne Grunddesign in Form von zwei sich überlappenden Kreisformen blieb indes unverändert. Unter anderem wurden die Fertigungstoleranzen des hydrodynamisch geschmierten Gleitlagers, dessen Lagerdose aus Polyoxymethylen-Polymer, kurz POM besteht, im Mikrometerbereich optimiert. Die 16 Millimeter starke Stahlachse steht auf einer Fläche aus dem extrem reibungsarmen PTFE (Teflon) auf. Der Plattenteller hat mehr Masse bekommen und soll mit seinen 5,6 Kilogramm zusammen mit der neu entwickelten Teller-Subtellerschnittstelle für deutlich verbesserte Gleichlaufstabilität sorgen. Der Durchmesser des Subtellers wurde ebenso verringert wie die Toleranzen der Passung mit dem Teller. Dadurch soll der Einfluss von Temperaturunterschieden weitestgehend eliminiert werden.

Die Drehzahl des ultraleisen Schweizer Antriebsmotor wurde erhöht und er läuft nun in seinem idealen Drehzahlbereich. Durch die Drehzahlerhöhung entstehen mehr Messpunkte auf der Zeitachse und der zur Motorregelung eingesetzte Quarzoszillator arbeitet nun noch präziser, was einen konstanteren Gleichlauf bewirkt. Weiterhin wurde der Antriebsmotor mit neuen Dämpfungselementen versehen und arbeitet nahezu unhörbar. Zu guter Letzt wurde die Tonarmbasis überarbeitet, um eine hohe Variabilität bei der Auswahl des Tonarms zu ermöglichen.


Beibehalten wurden neben der ästhetischen Gestaltung die äußerst komfortable Bedienbarkeit über kapazitive Touch-Taster, hier kann auch völlig werkzeuglos die Feineinstellung der Drehzahlen 33,33 und 45 vorgenommen werden. Auch die AMG-typischen Gene wie die entkoppelte Spindel-/Lagerkonstruktion in Hochpräzisionsausführung und die sichtbare und fühlbare Material- und Verarbeitungsqualität sind beim aktualisierten Modell selbstverständlich. Das 35 Millimeter hohe und 12,8 Kilogramm schwere Chassis wird aus einem Block Flugzeugaluminium gedreht und definiert die Positionen der Tonarmbasis, des Tellerlagers, des Antriebsmotors und der zu seiner Regelung notwendige Elektronik nebst Bedienelementen.

Der Teller wird aus einem Stück POM gedreht, das auf den Subteller aufliegt und in das die Spindel zur Zentrierung der Schallplatte eingesetzt wird. Es gibt also keine durchgehende Verbindung vom Lager zur Spindel. In diese wurde ein Gewinde eingeschnitten, so dass die mitgelieferte Plattenklemme mit dem Teller verschraubt werden kann. Ein kleiner, zum Mittelloch hin dicker werdender Ring gehört ebenfalls zum Lieferumfang. Mit Hilfe der verschraubbaren Plattenklemme lassen sich dann auch Platten mit „Höhenschlag“ an den Teller drücken, so dass eine plane, schlupffreie Auflage
der Schallplatten möglich ist.

Der neun Zoll lange Tonarm 9W2 besitzt eine effektive Masse von 9,1 Gramm, das Tonarmrohr besteht aus eloxiertem Aluminium. Das Horizontallager besteht aus zwei nur 0,4 Millimeter starken Federstahlstäben. Die Azimut-Einstellung erfolgt über eine arretierbare Schraube und ermöglicht eine besonders feinfühlige Azimut-Justage. Die Einstellung des vertikalen Abtastwinkels geschieht nach dem Lösen der Arretierschraube im Tonarmsockel über eine längere Gewindestange, über die die Höhe des Arms oberhalb seines Montagesockels eingestellt werden kann. Die waagerechte Ausrichtung des Arms lässt sich mithilfe der im oberen Lagerblock eingelassenen, kleinen Wasserwaage kontrollieren.


Die Drehbewegung des Tonarmrohres wird durch ein Nadellager ermöglicht. Zur Kompensation der Skating-Kräfte dienen ein Ring- und ein nach Lösen einer Madenschraube in der Höhe verstellbarer Stabmagnet. Die Antiskating-Einrichtung arbeitet also berührungsfrei. Die Auflagekraft wird statisch über das Gegengewicht eingestellt, das mit einer Teflonschraube an das Tonarmrohr aus eloxiertem Aluminium geklemmt wird. Litzen aus sehr reinem Kupfer übernehmen den Signaltransport vom Headshell zum üblichen SME-Stecker im Tonarmschaft. Der Arm bietet also alles, was sich der engagierte Analogfan wünschen kann. Weitere Details zu den hervorragend verarbeitenden Plattenspieler und Tonarm entnimmt der geneigte Leser bitte dem bereits erwähnten Testbericht von Dirk Sommer (Link zu https://www.hifistatement.net/tests/item/1650-amg-giro-g9-9w2-und-teatro).

Der Plattenspieler wurde mir gemeinsam mit dem Tonarm absolut sicher verpackt angeliefert. Chassis, Teller und Tonarm waren selbstverständlich einzeln verpackt und mussten nach dem Auspacken zusammengesetzt werden. Das hierzu notwendige Werkzeug gehört zum Lieferumfang, ebenso das Tonarmkabel und das Netzteil. Bei der Montage habe ich die mitlieferte Aufbauanleitung zu Hilfe genommen. Diese ist wirklich sehr gut gestaltet. Jeder einzelne Schritt wird genau beschrieben und ist zusätzlich mit fotorealistischen Abbildungen versehen, so dass selbst Laien keine Probleme mit dem Aufbau haben dürften. Nach dem Aufbau habe ich den Plattenspieler ans Netz angeschlossen und ihn etwa 24 Stunden lang „warmlaufen“ lassen.


Nun kommen wir zum Wesentlichen, dem Hörtest, in dem der Giro MK II zeigen soll, wie sich die vorgenommenen Modifikationen auf die Wiedergabequalität auswirken. Dazu habe ich in den AMG-Tonarm den Benz-Micro-ACE-M-Abtaster eingebaut, der mir im Linn-Ittok-Tonarm auf meinem Audiolabor Konstant bereits viele Stunden Musikgenuss in höchster Qualität beschert hat. Als Referenz diente also mein Plattenspieler Konstant, frisch überholt und als einziger mit beheiztem Tellerlager ausgestattet. Zuerst habe ich die ausgewählten Platten auf dem Konstant gehört, hiernach das System aus- und in den 9W2 eingebaut, die Platten in der gleichen Reihenfolge mit dem Giro MK II abgespielt und zum Abschluss wurde das System wieder in den Ittok eingesetzt und ich habe die LPs noch einmal gehört. So unterschieden sich also die Plattenspieler und Tonarme, nicht aber das Abtastsystem, wodurch eine gute Vergleichbarkeit gewährleistet wurde.

Die Platten habe ich so ausgewählt, dass ein möglichst breites Spektrum abgebildet werden konnte. Allesamt sind es sehr gute bis hervorragende Aufnahmen, die es ermöglichen sollten, alle Stärken und Schwächen der Plattenspieler herauszuhören. Los ging es mit dem Stück „All The Way Lover“, dargeboten von Chris Farlowe And The Thunderbirds aus dem In-Akustik Album Great Cover Versions. Die Stimme von Chris Farlow, laut meiner Gattin „the sexiest voice ever“, kommt hier gleichermaßen kraftvoll wie einfühlsam rüber, die einzelnen Instrumente sind klar definiert und ungemein dynamisch aufgenommen. Als zweites kam ein beliebtes Teststück vom Album Electricity von Four Drummers Drumming, „WOK“, auf den Plattenteller. Zu Beginn dieses Stückes kreist ein Tischtennisball in einem Wok, ähnlich der Kugel im Roulette-Kessel. Beim Wok bleibt die Kugel natürlich nicht in einem Nummernfach liegen, man kann hier also nicht wetten. Aber man kann etwas gewinnen. Und zwar die Erkenntnis, wie es um die Räumlichkeit der Wiedergabe bestellt ist, denn im Idealfall schließt man die Augen und weiß zu jedem Zeitpunkt, an welcher Stelle sich die Kugel im Wok gerade befindet. Alle nach und nach einsetzenden Instrumente sind ebenfalls mit großer Sorgfalt und einer immensen Räumlichkeit aufgezeichnet worden. Das dritte Stück stammt von Andy Narells Album Slow Motion und ist das Titelstück. Die Steel Drums als Lead Instrument, dazu ein knackiger Bass, ein akzentuiertes Schlagzeug, Percussion und der charismatische Gitarrensound von Steve Erquiaga sind eine Herausforderung für jede Wiedergabekette. Zum Schluss, als viertes Stück noch etwas klassisches: Und zwar die RCA-Victor-Produktion von Jacques Offenbachs Gaité Parisienne, gespielt von den Boston Pops unter Arthur Fiedler. Dass bei dieser Einspielung keine Wünsche hinsichtlich Dynamik und Räumlichkeit offen bleiben, muss wohl nicht extra erwähnt werden.

Wie gesagt habe ich die Stücke in der oben aufgeführten Reihenfolge mit dem Konstant und Linn Ittok gehört, anschließend dann in der gleichen Reihenfolge mit dem Gyro MK II und AMG-9W2-Tonarm. Mein lieber Scholli, der Giro klingt ungemein spielfreudig und lebendig. Chris Farlowes Stimme klingt zwar nicht ganz so dunkel wie bei der Wiedergabe auf dem Konstant, aber die Instrumente kamen sehr dynamisch und klar im Raum ortbar rüber. Das gilt auch für die nachfolgenden Scheiben: Der Giro klingt ein klein wenig frischer und mindestens genau so dynamisch wie der Konstant. Die Instrumente sind klar ortbar und im Raum nahezu plastisch greifbar. Der Konstant hingegen bildet die imaginäre Stereobühne eine Spur breiter ab, separiert die Instrumente noch einen Tick schärfer und umgibt sie mit einem Hauch mehr Luft. Er liefert einen Tick mehr Druck im untersten Bassbereich als der Giro. Das dürfte aber an der Kombination von System und Tonarm liegen: Der Ittok-Tonarm ist etwas schwerer als der AMG-Tonarm, und das Benz-System besitzt keine allzu große Nadelnachgiebigkeit, so dass es bestens zum Linn-Arm passt. Bei der effektiven Masse des AMG-9W2 von 9,1 Gramm dürfte ein System mit einer größeren Nadelnachgiebigkeit als es das Benz Micro ACE M besitzt der Kombi zu einem solideren Bassfundament verhelfen. Am anderen Ende des Frequenzspektrums harmonieren Benz und der AMG-Arm perfekt: Die Höhenwiedergabe des Giro ist fantastisch, die Höhen werden klar akzentuiert, aber nie nervös oder gar überspitzt wiedergegeben – gut hörbar bei den von Andy Narell sehr dynamisch gespielten Steel Drums oder den Flöten bei Gaité Parisienne.


STATEMENT

Die vorgenommenen Modifikationen am Giro MK II stellen ganz klar eine Weiterentwicklung des AMG-Einstiegsmodells dar. Dynamik und räumliche Tiefe erreichen eine Qualität, die sonst nur von preislich höherwertigen Plattenspielern erreicht wird. Dazu noch das überaus gelungene Design: HiFi Liebhaber was willst du mehr?
Gehört mit
Plattenspieler Audiolabor Konstant mit beheiztem Tellerlager
Tonarm Linn Ittok LV II mit Ekos Lagern
Tonabnehmer Benz Micro ACE M
Phonostufe Roksan Artaxerxes X mit Roksan ROK DS1.5 Netzteil
Vorverstärker VTL TL 2.5
Endstufen QUAD II
Lautsprecher Consensus Audio Lightning
Kabel Einstein Green Line, Audioquest K2, Ortofon 8N TSW 1000, Audioplan Power Cord
Zubehör Sun Leiste, HMS-Wandsteckdosen, AHP Klangmodul IV G
Herstellerangaben
Plattenspieler AMG Giro MK II
Plattenspieler AMG Giro MK II
Prinzip Masselaufwerk mit quarzgeregeltem Riemenantrieb
Geschwindigkeiten 33, 45 u/min
Motor Gleichstrom 24V, bürstenlos
Tellerlager Hydrodynamisch mit zentralem Feststofflager und 16mm starker Achse
Mitgeliefertes Zubehör AMG Plattenklemme
Gewicht 17,4 kg inklusive Plattenteller
Herstellerangaben
Tonarm AMG 9W2
Einbaumaß 211mm
effektive Länge 229mm
effektive Masse 9,1 g
Lager 2-Punkt-Lager horizontal, Nadellager vertikal
Tonarmkabel mehradriges High Quality Kupfer
Gegengewicht zweiteilig, mit Teflonisolierung
Besonderheiten Antiskating-Mechanismus mittels Stabmagneten, leichte Azimut-Justage über Schraube über Federstab
Preise 6250 Euro für den Giro MK II, 8675 Euro inklusive Tonarm 9W2

Hersteller/Vertrieb
AMG Analog Manufaktur Germany
Anschrift Gewerbepark A 7
92364 Deining
Telefon + 49 9184 8086389
E-Mail info@analog-manufaktur-germany.de
Web analog-manufaktur-germany.de

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