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Miyajima Laboratory Carbon

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Miyajima Lab ist ein kleines Unternehmen um Noriyuki Miyajima, das in Fufuoka, Japan, ansässig ist. Mit seinen sechs Mitarbeitern produziert Miyajima unter anderem Tonabnehmer und Verstärker in exzellenter Qualität. Die Tonabnehmer sind klanglich grundsätzlich etwas Besonderes, denn sie faszinieren mit ihrer herrlich ungestümen Art.

Das Carbon ist ein Low-Output-MC-Abtaster, das Funktionsprinzip seines Generators unterscheidet sich jedoch deutlich von dem, was andernorts realisiert wird. Alle Stereo-Tonabnehmer von Miyajima Lab bedienen sich der sogenannten „Cross Ring“ Methode. Dabei wird das System aus Nadelträger und Spule nicht wie üblich mit einem Spanndraht fixiert. Der Spannfaden bringt laut Miyajima zwei potenzielle Probleme mit sich: Seine Spannung kann sich über die Zeit ändern, was die mechanischen Parameter der Aufhängung ändert. Außerdem verhindert er, dass der Spulenträger bei Auslenkung durch den Nadelträger an der wünschenswerten Stelle gekippt wird, die nämlich genau in seinem Zentrum wäre. Bei den Miyajima Tonabnehmern wandert ein Gummidämpfer vor den Spulenträger und der Nadelträger wird durch den Dämpfer geführt. Eine angespitzte Stellschraube, die von hinten in den Spulenträger ragt, fixiert ihn in einem fest definierten Punkt im Zentrum. Dadurch kann sich die Spule nur noch um den Drehpunkt bewegen und bleibt so im linearen Magnetfeld. Dazu kommt eine spezielle Wickeltechnik der Spulen (über Kreuz) auf ihren Träger. Die deutlich erhöhte Symmetrie gegenüber der klassischen Anordnung senkt Verzerrungen, der Wegfall des Spannfadens sorgt für Langzeitstabilität. Außerdem konnte der Hersteller so auf einen Metall-Spulenkörper verzichten und wickelt seine Spulen auf einen viel leichteren Kunstharzkern, wodurch Hystereseverzerrungen vermieden werden.

Zum Test stand mir das brandneue MC-Tonabnehmersystem „Carbon“ mit der Seriennummer 0009 zur Verfügung. Wie bei fast allen MCs der Miyajima Lab besteht das Gehäuse des Systems aus Holz, im Falle des Carbon kommt erstmals das exotische Satiné-Holz zum Einsatz und nimmt auf seine ganz eigene Art Einfluss auf den Klang des Tonabnehmers. Der geneigte Leser wird sich die gleiche Frage stellen wie ich mir auch: Wo kommt nun der Name Carbon her? Das Material des Gehäuses kommt ja nicht als Namensgeber in Frage. Nun, die Antwort liefert der sehr spezielle Aufbau des Nadelträgers. Es handelt sich um ein recht dünnes Aluminiumröhrchen, das bereits bei anderen Miyajima MC Modellen zum Einsatz kommt. Für das Carbon jedoch wollte Miyajima einen steiferen Nadelträger. Das erreichte er durch eine Füllung des Aluminiumträgers mit Carbon-Nano-Röhrchen. Diese glänzen mit sagenhaften Festigkeitswerten und erlauben ein deutlich verbessertes Abtastverhalten bei hohen Frequenzen. Um das zu nutzen, ist am Ende eine „Nude Line Contact“-Diamant-Nadel montiert. Deren geringe Masse ermöglicht es dem Carbon, einen weiten Frequenzgang von 20 Hertz bis 32 Kilohertz zu liefern.


16 Ohm Innenwiderstand sind bei Miyajima üblich, eine relativ geringe Ausgangsspannung von 0,21 Millivolt lässt auf ein eher leises System schließen. Der korrespondierende Abschlusswiderstand von 100 Ohm lässt sich an der Phonovorstufe Roksan Artaxerxes X über Mikroschalter problemlos einstellen. Die empfohlene Auflagekraft beträgt 2,3 Gramm. Miyajima empfiehlt als Träger des Tonabnehmers einen Tonarm mit mittlerer bis hoher effektiver Masse. Da mein Linn Ittok mit seinen 12 Gramm effektiver Masse genau in diese Kategorie passt, montierte ich das Carbon an den Linn Tonarm. Der Einbau des Systems erwies sich als nicht ganz trivial. Es gibt nirgends eine gerade Seitenkante, an der man sich bei der Ausrichtung im Headshell orientieren könnte. Der Nadelträger ist zudem recht gut unter dem Korpus versteckt, so dass er als Bezugsgröße auch nur bedingt taugt. Das Gehäuse besitzt eine sehr organische Form ohne Montageflansch. Das hat zur Folge, dass die Befestigungsschrauben durch den gesamten Systemkörper ragen und deshalb ziemlich lang sein müssen. Vier Paar vergoldete Befestigungsbolzen mit sorgsam abgestuften Längen liegen bei. Die ebenfalls beiliegenden Befestigungsmuttern sind in Sachen Außendurchmesser besonders klein, so dass die Montage doch recht anspruchsvoll war. Hilfreich war der ebenfalls mitgelieferte nicht magnetische Keramik-Kreuzschraubendreher, da man wegen des starken Magneten des Tonabnehmers keine magnetischen Metalle in seine Nähe bringen sollte.

Also, nun Butter bei die Fische und auf zum Hörtest. Aber: Miyajima sind keine Systeme für mal eben testen. Da die Systeme einen speziellen Aufbau haben, benötigen Sie auch eine deutlich längere Einspielzeit. Wer sich die Zeit nimmt und die Entwicklung in den ersten 100 Stunden abwartet, der erhält ein sehr musikalisches System, das lange Zeit Freude an der Musik bereitet. Das Carbon spielt farbig, enorm schnell, tief und dynamisch. Zuerst legte ich das In-Akustik-Album Great Cover Versions auf den Plattenteller des Audiolabor Konstant. Als Mastering-Ingenieur zeichnet sich kein Geringerer als Johannes Wohlleben verantwortlich. Ich spielte das Stück „Davy´s On The Road Again“ von Chris Thompson. Er nahm als Sänger den Titel bereits mit der legendären Manfred Mann's Earth Band auf. Bei dieser neueren Einspielung wird das Stück im ungewohnten Jazz-Kontext und mit Big-Band-Sound interpretiert. Die ausdrucksstarken Bläsereinsätze werden mit einer großen Strahlkraft wiedergegeben und kommen ohne jegliche Schärfe rüber. Die Snare-Drum knallt ordentlich – wie es sein soll – und der Gesang von Chris Thompson bringt genau die Emotionalität mit, die das Stück so auszeichnet. Das ist schon fast funky, nimmt einen mit und man hört begeistert zu.

Eine meiner Lieblingsplatten stammt vom Label Vital Records aus Chino in Kalifornien, produziert von David Manley, dem Gründer von VTL, Vacuum Tube Logic. Sie heißt Todd, das Stück „The River Bends“. Das Album wurde „live“ eingespielt und komplett analog unter ausschließlicher Verwendung von Röhrenmikrofonen auf einem 2-Spur-Studer C37 Tonbandgerät aufgenommen. Dies verspricht eine hohe Dynamik und eine Räumlichkeit, die ihresgleichen sucht. Die Band ist ein klassischen Piano-Trio, auf dem gehörten Stück ergänzt durch eine akustische Gitarre und Congas. Das Stück hat einen ganz eigenen Rhythmus, der einen sofort packt. Ganz im Zeichen des Songtitels spielt das Klavier eine plätschernde Melodie, unterbrochen von überraschenden Wendungen, die eben auch Flusswindungen bieten können. Die Stahlseiten der Gitarre lassen mich an kleine Wellen im Fluss denken, auf die man mit einem Kanu dahin gleitet. Spätestens wenn Michael O'Neill das Solo auf der Gitarre spielt, wird man vom Fluss der Musik und der Wiedergabequalität mitgerissen. Die Gitarre klingt, als ob O´Neill direkt vor einem sitzen würde und die Seiten anreißt. Man hört das Piano klar und deutlich, nimmt wahr, dass die Tasten für die hohen Töne rechts und die der tiefen Töne links angeschlagen werden. Schlagzeug und Congas sind hinter den Leadinstrumenten positioniert, das Schlagzeug etwas links von der Mitte, die Congas rechts. Dies alles dermaßen plastisch darstellen zu können, verlangt eine sehr gute Wiedergabekette, an deren Spitze das Tonabnehmersystem steht. Das Carbon macht hier seine Arbeit so gut, dass sich Hersteller deutlich teurerer Systeme eine kräftige Scheibe abschneiden können.


Weiter geht’s mit Klassik. Ich wählte J.S. Bach Brandenburgische Konzerte „Konzert Nr. 1 F-dur“ und das wohl bekannteste Stück der Brandenburgischen Konzerte „Konzert Nr. 3 G-dur“. Eingespielt wurde das Album 1964 vom damals wohl weltbesten Kammerorchester „I Musici“. Als erstes fällt die homogene, aber trotzdem hochauflösende Wiedergabe der Musik auf. Man kann den heiteren, fast volkstümlichen Grundton des Konzerts Nr. 1 gut nachvollziehen. Die Bläser, besetzt mit zwei Jagdhörnern, drei Oboen und einem Fagott kommen kraftvoll und klar im Raum ortbar rüber. Die Violino piccolo spielt munter und führt durch das Konzert, ohne aufdringlich zu sein. Das Konzert Nr. 3 ist nur für Streichinstrumente plus Continuo Cembalo geschrieben. Die drei Streichergruppen, bestehend aus je drei Violinen, Bratschen und Violoncelli, sind klar voneinander zu unterscheiden und klingen ungemein musikalisch.

Als letzte Testscheibe landete eine ausgesprochene Rarität auf dem Plattenteller: Pirates von Rickie Lee Jones. Es ist das zweite veröffentlichte Album von Rickie Lee Jones und verhalf ihr zur wohlverdienten internationaler Anerkennung. Meine Version ist ein in limitierter Auflage produziertes Half-Speed-Mastering vom original Master Tape, realisiert durch MFSL (Mobile Fidelity Sound Lab) und vermittelt die hohe Dynamik der Aufnahmen direkt und unverblümt. An dieser Stelle muss ich gestehen, dass mir beim Carbon ein klitzekleiner Nachteil zu meinem Lieblingstonabnehmer Benz Micro Glider aufgefallen ist: Das Carbon ist für meinen Geschmack bei der Höhenwiedergabe ein kleines bisschen zu zurückhaltend im Vergleich zum Glider. Was sich im Falle der Wiedergabe von Rickie Lee Jones charismatischer Stimme aber eher als Glücksfall erweist, denn die ist zuweilen etwas schrill, was vor allem bei männlichen Zuhörern zu einer leichten Verzerrung der Gesichtszüge führen könnte. Diese Spitzen in der Stimme vermag das Carbon der Aufnahme zu nehmen, hier hört man ganz deutlich die Ausgewogenheit des Systems. Infolgedessen klingt die Musik voluminös und knackig in der Basswiedergabe. Wenn beim Stück „We Belong Together“ das Schlagzeug endlich einsetzt, denkt man: Das ist es! So knallig, so fett, so schnell, so müssen diese Drums klingen. Beim Up-tempo Stück „Woody and Dutch on the Slow Train to Peking“ wird der perkussive Charakter des Stückes optimal transferiert, hier kann man eine etwaige Verzerrung der Gesichtszüge durchaus als „Verzückung“ bezeichnen.

Der Chefredakteur sagte mir, dass auch das Carbon demnächst in der Klangbibliothek zu hören sein wird, damit Sie sich im Vergleich mit den anderen Tracks ein akustisches Bild von den klanglichen Eigenschaften des Systems machen können.

STATEMENT

Wer ein Tonabnehmersystem der Spitzenklasse zu einem bezahlbaren Preis sucht, der ist mit dem Carbon von Miyajima Laboratory bestens bedient. Zum moderaten Preis von 3400 Euro bekommt man ein sehr ausgewogenes System, das viel Spaß bereitet, vor allem bei der Wiedergabe von Jazz und Rock Musik.
Gehört mit
Plattenspieler Audiolabor Konstant mit beheiztem Tellerlager
Tonarm Linn Ittok LV II mit Ekos Lagern
Tonabnehmer Benz Micro Glider
Phonostufe Roksan Artaxerxes X mit Roksan ROK DS1.5 Netzteil
Vorverstärker VTL TL 2.5
Endstufen QUAD II
Lautsprecher Consensus Audio Lightning
Kabel Einstein Green Line, SME RCA Audioquest K2, Ortofon 8N TSW 1000, Audioplan Power Cord
Zubehör Sun Leiste, HMS-Wandsteckdosen, AHP Klangmodul IV G
Herstellerangaben
Miyajima Laboratory Carbon
Ausgangsspannung 0,21mV
Verstärkeranschluss Phono MC
Frequenzgang 20 - 32.000Hz
Nadelnachgiebigkeit, lateral 9µm/mN
Empf. Tonarm-Typ mittel bis schwer
Abtastdiamant nude Line Contact
Empf. Auflagekraft 23mN (2,3g)
Impedanz 16 Ohm
Empf. Abschlusswiderstand 100 Ohm
Abmessungen Breite 18.8mm × Tiefe 21.9mm (ohne Anschlüsse)
Gewicht 8,9g
Sonstiges Gehäuse aus Satineholz
Preis 3.400 Euro

Vertrieb
WOD-Audio - Werner Obst Datentechnik
Anschrift Westendstr. 1a

61130 Nidderau
Telefon +49 6187 900077
E-Mail info@wodaudio.de
Web www.wodaudio.de

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