Wer schon einmal im Technik-Mekka Akihabara in Tokyo war, wird die Faszination und Leidenschaft der Japaner für die elektronische Wandlung des Klangs zur Musik nachvollziehen können. Mit Vorfreude warte ich darauf, ob Rotels RA-1572 MKII im folgenden Test diese Eindrücke vom Land der aufgehenden Sonne auch in mein Wohnzimmer bringen wird.
Mit über 60 Jahren Firmengeschichte gehört Rotel zweifelsfrei zu den Traditionsmarken der Hifi-Branche und es wird wohl kaum Mitglieder der Szene geben, die noch nicht den ein oder anderen Berührungspunkt mit den Geräten aus Nippon hatten. Da die Japaner doch sehr auf Herkunft und Geschichte Wert legen möchte ich die Historie von Rotel doch ein wenig genauer beleuchten: Die Wurzeln des zunächst noch unter dem Namen Roland handelnden Unternehmen gehen auf das Ende der 1950er Jahre zurück. Noch bevor bekannte japanische Markenhersteller wie Sony, Panasonic oder auch Toshiba mit der Massenproduktion begannen, hatte man eine Vertriebsvereinbarung für amerikanische Fernsehgeräte der Marke Sylvania. Aufgrund der anderen Wechselstromstärke in den USA musste eine technische Anpassung an die regionalen Anforderungen auf der Pazifikinsel vorgenommen werden und wurde als Chance gesehen, einen technischen Vertrieb aufzubauen.
Im Jahre 1961 war es dann soweit und der aus Taiwan stammende Tomoki „Tac“ Tachikawa gründete die Rotel Electronics Co. Ltd in Taipeh als Zulieferer von Transformatoren für den japanischen Mutterkonzern. Im Laufe der 1960er Jahre wurden nun verstärkt Bemühungen unternommen, Produkte unter dem eigenen Markennamen zu entwickeln und zu vermarkten. Erstes internationales Aufsehen erregte 1973 der Receiver RX 402, der sich vor allem auf dem amerikanischen Markt großer Beliebtheit erfreute. Im Gegenzug zur Konkurrenz, die den Fokus auf immer mehr Features und mit fraglichen Leistungsraten bewarben, besann sich Herr Tachikawa auf die eigenen traditionellen Wurzeln und legte den Fokus auf die effiziente Produktion von Audiokomponenten von hoher Qualität.
Obwohl die grundsätzliche Entwicklung in Japan stattfand wurde ein bedeutendes Labor in England mit dem Tuning ausschlaggebender akustischer Teile beauftragt. Als Folge dieser Zusammenarbeit kam Ende 1982 der RA-820B auf den Markt und wurde schnell zum erfolgreichsten integrierten Rotel-Verstärker seiner Zeit. Unter anderem erhielt er die Auszeichnung „Product of the Year“ des Magazins What HiFi und viel Lob der sonst so kritischen britischen Presse. Nachdem sich Rotel immer mehr auf dem Weltmarkt etabliert hatte trat Tacs Neffe Bob Tachikawa in das Unternehmen ein und legte zusammen mit dem Tomokis Sohn den nächsten Grundstein für eine erfolgreiche Zukunft. Neben den traditionellen Stereoprodukten wurde das Portfolio in den Bereich Heimkinos erweitert und es wurden Surround-Prozessoren, A/V-Empfänger, Mehrkanalverstärker sowie DVD-Player eingeführt.
Im Laufe der Jahre verzeichnete Rotel starke Erfolge auf dem Hifi-Markt mit preisgekrönten Serien wie MICHI (1993), Serie 10 (2000), Serie 15 (2010), Neuauflage MICHI (2019) und der neusten Diamond-Serie im Jahre 2022. Seit dem 1. August 2023 übernimmt nun ATR – Audio Trade den Vertrieb der Marken Rotel und MICHI für Deutschland und die Schweiz und sorgt mit über 40 Jahren Vertriebserfahrung für eine ideale Infrastruktur und Serviceleistung in allen Bereichen. Nach diesem kleinen Geschichtsausflug kann ich es nun kaum erwarten den RA-1572 MK II aus seiner Verpackung zu befreien und in meine Gerätekette zu integrieren. Der RA-1572 wird in einem Standardkarton mit formschlüssiger Verpackung geliefert, alles ist gut angepasst und somit muss bei Online-Bestellungen nicht befürchtet werden, dass durch risikofreudiges Handling unserer Paketdienste ein Transportschaden entsteht. Neben der obligatorischen 18-seitigen Bedienungsanleitung wird ein überdimensioniertes Info-Blatt mitgeliefert, sowie ein Netzkabel und für die optionale Verbindung zum Rechner eine USB-A-auf-USB-B-Strippe. Der erste optische Eindruck ist fantastisch, alle Kanten und Ecken sowie das Gehäuse sind top verarbeitet. Die schwarze Version finde ich schon sehr sexy und sie passt optimal zu den anderen Komponenten in meinem System. Optional bietet Rotel den Vollverstärker auch in Silber an, da mich aber Geräte in dieser Farbe doch sehr an die Ausstattung eines OP-Saals erinnern, habe ich mich für „black is beautiful“ entschieden. Mit einem Nettogewicht von 13,6 Kilogramm lässt sich der Rotel mehr oder weniger leicht im Rack verstauen. Als Empfehlung für die Luftzirkulation wird ein Abstand vom Gehäuse von jeweils zehn Zentimetern empfohlen, da der in meinem Rack dies nicht gegeben ist, gehe ich mutig dieses Sicherheitsrisiko ein.
Frontseitig steht schlichtes und zeitloses Design im Vordergrund. Der Lautsprecherregler ist feingängig und von einer blauen Umrandung am Frontpanel eingefasst. Darunter liegen vier Taster zum Einstellen der verschieden Menüoptionen. Dies ist insofern praktisch, falls mal wieder die zweijährige Mitbewohnerin die Fernbedienung nicht hergeben will. Unterhalb der circa eine Höheneinheit großen Digitalanzeige befinden sich zwölf kleine Drucktaster mit der Auswahlmöglichkeit sämtlicher analoger und digitaler Eingänge. Links daneben findet man die Auswahl zwischen den beiden Speaker-Paaren sowie der Powerknopf, dezent mit blauen LEDs illuminiert. Die Beleuchtung des Displays sowie sämtlicher LEDs lässt sich dimmen, was sich bei Heimkinofans als großer Pluspunkt herausstellt, da sonst wieder der Griff zum schwarzen Tape zum Abkleben erfolgen muss. Eine 3,5-Millimeter-Kopfhörerbuchse sowie ein USB-Anschluss für mobile Apple-Geräte runden die Ausstattung des Frontpanels ab.
Rückseitig befindet sich das üppig bestückte Anschlusspanel. Hier hat man die Qual der Wahl: Der Rotel RA-1572 MK II verfügt über einen symmetrischen Eingang (XLR), sowie vier analoge unsymmetrische Eingänge (Cinch), wovon einer als Phono-Eingang für MM-Systeme agiert. Auf der digitalen Seite findet man zwei optische Anschlüsse, sowie zwei Koaxialeingänge mit einer Samplingrate bis zu 192 Kilohert. Per USB-B Anschluss sind bis zu 32 Bit / 384 Kilohertz möglich. Der RA-1572 MKII lässt sich über einen handelsüblichen Ethernet-Anschluss ins hauseigene Netzwerk integrieren und bietet mit dieser Funktion eine einfache Steuerung über IOS-Geräte. Die Eingangssektion rundet eine Bluetooth-Antenne ab, selbstverständlich ausgestattet mit verlustfreien AptX. In der heutigen Zeit sollte ein Subwoofer-Ausgang auf jeden Fall nicht fehlen, der Rotel bietet neben diesem die zusätzliche Option über ein Pre-Amp-Output. Die Fernbedienung glänzt mit 90er Jahre Charme. Sie liegt gut in der Hand, und alle Funktionen lassen sich leicht und komfortabel abrufen.
Der Innenaufbau des Japaners wird klar von einem üppigen Ringkern-Trafo aus eigener Produktion dominiert. Endstufen- und Vorstufenplatine sind getrennt platziert und zeugen von sorgfältiger Fertigung. Mit einer nominellen Ausgangsleistung von zweimal 120 Watt (an 8 Ohm) respektive 240 Watt (an 4 Ohm) lassen sich notfalls sogar Streitgespräche der Partnerin leicht übertönen. Rotel gibt den Dämpfungsfaktor von 300 an, daraus dürfte eine sehr kontrollierte Basswiedergabe resultieren. Die neu entwickelte Hauptplatine verfügt über eine aufwendig konstruierte Digitalsektion mit einem D/A-Wandler des renommierten Herstellers Texas Instruments. Generell lässt der RA-1572 ausstattungstechnisch kaum Wünsche offen und bietet für den Preis von 2.100 Euro eine tolle One-Box-Lösung. Doch wie klingt er eigentlich? Nachdem ich sämtliche Komponenten mit dem Rotel verbunden habe, kann ich mich nun daran, machen unsere Nachbarschaft an mehreren Hörsessions teilnehmen zu lassen.
Zu Beginn der 2018 erschienene Longplayer Anthem Of The Peaceful Army der Led-Zeppelin-Erben Greta van Fleet: Sofort fällt auf wie smooth der Rotel mit meinen Speakern von Aperion harmoniert. Druckvolle Bässe ohne zu matschen geben den Drums bei „Watching Over“ den nötigen Punch, die Gitarren befinden sich genau in der Mid-Sektion und spielen harmonisch mit den unvergleichlichen Vocals des Frontmannes Josh Kizka zusammen. Der RA-1572 MK II verhilft dem dynamischen „Lover Leaver“ zu einer so offenen und großen Bühne, wie sie mein in die Jahre gekommener Denon bedauerlicherweise nicht vergleichsweise wiedergeben kann.
Weiter geht es mit Wolfgang van Halens just erschienenen Album mammoth II. Das von Eddie van Halens Sohn in totaler Eigenregie eingespielte Album steht für härtere und progressive Rock-Metal-Songs mit virtuosen Gitarrenriffs und treibenden Drums. Die Präsentation der Single-Auskopplung „Another Celebration at the End of the World” lässt mich sofort Mitwippen, jede Emotion der kraftvollen und markerschütternen Toms durchdringt mich und, als das Tapping-Solo nach der Bridge einsetzt, ist es um mich geschehen: Ich treibe den Rotel in neue Lautstärkeregionen, kurz bevor die Schutzschaltung eingreift. Was mich beeindruckt, ist, dass trotz des Dynamik und hoher Lautstärke nichts anfängt zu zerren. Nach dem Ausflug in die härteren Gefilde steht nun ein Vergleich der integrierten Phono-Vorstufe mit meinem Referenz-Gerät NAD PP2 an. Black Pumas gleichnamiges, mehrfach Grammy-nominiertes Album erfüllt mit mitfühlendem Soul meinen Hörraum. Ein gewaltiger Soundteppich eröffnet sich bei „Colors“. Kleinste Details und Nuancen, jede Klangfarbe der variablen Vocals sind differenziert zu hören. Sowohl der integrierte Phono-Preamp als mein NAD bewegen sich auf Augenhöhe, lediglich ausstattungstechnisch sehe ich mein Referenzgerät dank MC-Anschluss im Vorteil.
Nun wechsele ich ins digitale Segment. Bei „Spitfire“ von Prodigy bin ich gespannt, ob die Basswiedergabe gepaart mit den leicht angezerrten Synthi-Sounds ohne Rauschen einhergeht. Und ich bin sofort überzeugt, dank seiner klaren Definition und Feinzeichnung schafft es der Rotel, das schon fast 20 Jahre alte Album Always Outnumbered, Never Outgunned auf das Niveau aktueller digitaler Produktionen zu heben – Chapeau.
Auch ein wenig Klassik darf nicht fehlen: Johann Sebastian Bachs: Cello Suites Nos. 1,5 & 6. Mit einer gesunden Mischung aus vornehmer Zurückhaltung und forscher Natürlichkeit zeichnet, nein vielmehr malt der Rotel wie ein umtriebiger Künstler neue Klangbilder in den Raum. Förmlich sehe ich den Cellisten Yo-Yo Ma vor mir, der meisterhafte Einsatz seines Bogens verzaubert mich, dreidimensional ohne im Raum zu verschwinden. Der Wunsch, den RA-1572 MK II als All-In-One-Lösung zu behalten wird, um so länger meine Hörsessions andauern, immer größer und sollte bei der nächsten Budgetbesprechung mit dem Finanzministerium sicher ein Thema werden.
STATEMENT
Der Rotel MK 1572 Black gehört zweifellos zu den audiophilen Meisterstücken in seinem Preissegment. Mit eindrucksvoller Leistung, hervorragender Verarbeitungsqualität, umfangreicher Ausstattung sowie zeitlosem Design setzt er neue Maßstäbe. Ein beindruckendes Hörerlebnis, das seinesgleichen sucht! Gehört mit | |
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Streamer | Volumio Primo Hifi Edition |
Vollverstärker | DENON PMA-535 R |
Router & Laufwerk | Fritz!Box 7490, FRITZ!OS: 7.29, WD_BLACK P10 Game Drive 2 TB |
Tablet | Samsung Galaxy Tab 8 |
D/A-Wandler | Cambridge Audio DacMagic |
Phonovorstufe | NAD PP2 |
Plattenspieler | Technics 1210-SL MK7 mit Tonabnehmer Ortofon Blue MM |
CD-Laufwerk | SONY DVP-NS930V |
Lautsprecher | Aperion Audio Verus III Grand Bookshelf |
Smartphone | Honor 10, 64GB, 4GB RAM, Android 10 |
Computer | Acer Aspire ES1-531-C5D9 15,6‟, 1,10 GHz Intel Pentium N4200, 8 GB, Microsoft Windows 10 Home, Version 22H2 |
Audioplayer | Foobar2000 v.2.0 |
Kabel/Zubehör | Chord Company Clearway Series: Speaker Kabel & Stereo RCA Kabel, in-akustik 00404007, Mogami 2313, AudioQuest GroundGoody PSC, Micromega MyCable Speaker Kabel, Nobsound Speaker Selector Switch, Dynavox HiFi-Netzfilter X7000B |
Herstellerangaben Rotel RA-1572 MKII | |
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Maximale Ausgangsleistung | 200 Watt / Kanal, 4 Ohm |
Dauerausgangsleistung | 120 Watt / Kanal, 8 Ohm |
Gesamtklirrfaktor | < 0,018% |
Intermodulationsverzerrung | < 0,03% (60 Hz – 7 kHz, 4:1) |
Frequenzgang | Phonoeingang 20 – 20.000Hz, 0 ± 0,5dB, Hochpegeleingänge10 – 100.000Hz, 0 ± 0,5dB |
Dämpfungsfaktor | 300 (20 Hz-20 kHz, 8 Ohm) |
Eingangsempfindlichkeit/-impedanz | Phonoeingang (MM) 2,1mV / 47kΩ, Hochpegeleingänge (Cinch) 270 mV / 100kΩ, Hochpegeleingänge (XLR) 440 mV / 100kΩ |
Ausgangsspannung/-impedanz (Vorverstärker) | 1,5V / 470Ω |
Geräuschspannungsabstand | Phonoeingang 80dB (IHF A), Hochpegeleingänge 100dB (IHF A) |
Frequenzgang Digital-Sektion | 10Hz - 90kHz (0 ± 0,2dB, Max) |
Geräuschspannungsabstand Digital-Sektion | 100dB (IHF A) |
Ausgangsspannung (Vorverstärker) | 1,42 V (bei - 20 dB) |
Digitalsignale (koaxial/optisch) | SPDIF (bis zu 24 Bit/192 kHz) |
PC-USB | USB Audio Class 1.0 (bis zu 24 Bit/96 kHz), USB Audio Class 2.0 (bis zu 32 Bit/384 kHz Treiberinstallation erforderlich), MQA, MQA Studio (bis zu 24 Bit/384 kHz), Roon Tested |
Stromversorgung | 230V, 50Hz (Europa) |
Leistungsaufnahme | 400 Watt |
Leistungsaufnahme (Standby) | Normal < 0,5 Watt, Netzwerk-Wakeup < 2 Watt |
Abmessungen (B × H × T) | 431 × 144 × 358mm |
Höhe Frontpanel | 3 HE/132,6mm |
Nettogewicht | 13.6kg |
Farbe | Silber und Schwarz |
Garantie | 2 Jahre |
Preis | 2.100 Euro |
Vertrieb
ATR - Audio Trade
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