Kürzlich veranstaltete Acoustic Systems in Person von Axinia Schäfer, die für die Leitung der Firma verantwortlich zeichnet, und Dietrich Brakemeier, dem die technische Entwicklung der Analogkomponenten obliegt, in den Firmenräumen in Hofstetten den 1. Audiophilen Analog Workshop. Der dauerte zwei Tage und endete mit einen Klavier-Solo-Konzert.
Auch wenn andere Termine die Teilnahme am Sonntag unmöglich machten, konnte ich mir den Besuch der absoluten High-End-Analog-Schmiede natürlich nicht entgehen lassen, zumal in der Einladung von einem „lockeren Programm“ die Rede war und selbst die genannte Anfangszeit – „am späten Vormittag, ganz zwanglos“ – signalisierte, dass hier das Vergnügen im Vordergrund stand. Diese Einschätzung erwies sich spätestens beim meinem Eintreffen in der Firma als zutreffend, denn dort begegnete ich neben den beiden Veranstaltern nur noch einem Gast – die übrigen Analog-Fans hatten sich vom fast sommerlichen Wetter und der idyllischen Umgebung in der Nähe des Ammersees zum Besuch eines Biergartens verleiten lassen, was mir nur recht war, hatte ich so doch ausreichend Zeit, mich im recht großen Hörraum umzusehen. Hier die Liste der dort verwendeten Komponenten:
- Laufwerk: Acoustical Systems Astellar
- Tonarm: Acoustical Systems Titan G.C. (Grand Complication)
- Tonabnehmer: Acoustical Systems Palladian XO Boron
- Phonostufe: EVOcator (Triode - Vollsymmetrisch mit SET-Ausgangsstufe über Ausgangsübertrager - separates Röhrennetzteil mit getrennten Trafos für Heizung und Hochspannung)
- Linestufe: Vitus Audio SL-103
- Endstufen: Vitus Audio SM-011, WaVac HE833 v1.3
- Lautsprecher: SoundLab Majestic 845 PX
- Kabel: AudioQuest Silber-Kabel: Obsidian, WildBlueYonder und Angel
Da bleibt nur noch anzumerken, dass am Samstag nicht mit der Vitus-Endstufe, sondern allein mit der von Dietrich Brakemeier modifizierten WaVac vorgeführt wurde und zum Plattenspieler als weitere Programmquelle noch eine Studer A80 hinzu kam. In den für die Öffentlichkeit bestimmten Räumen wie dem Empfangsbereich, den Büros, der Küche und dem Hörraum, aber auch in denen der Produktion konnte man die ein oder andere Bandmaschine entdecken. Eine Studer A810 – natürlich in der Edelausführung mit VU-Metern –, eine A80 oder eine Telefunken M15 macht mich ja schon lange nicht mehr unruhig. Aber Dietrich Brakemeier hat noch ganz andere Schätzchen in seiner Sammlung: Da wäre zum Beispiel eine auf's feinste restaurierte Studer C37, die statt wie sonst üblich in einem in die Jahre gekommenen Studio-Rack in einer UMS-Haller-Konstruktion montiert ist. Ebenso außergewöhnlich wie das Äußere dieser Röhrenmaschine ist ihr Erhaltungszustand: einfach beeindruckend.
Doch zurück in den Hörraum: Dort fasziniert mich vor allem der Titan-Grand-Complication-Tonarm, bei dem alle Einstellungen dank einer Vielzahl von Mikormeterschrauben nicht nur sehr exakt vorzunehmen, sondern auch reproduziertbar sind. Da ist eine Justage im Bereich von Bruchteilen eines Millimeters nicht länger audiophiles Wunschdenken, sondern plötzlich Realität. Beispiel gefällig? Um den vertikalen Abtastwinkel – oder Vertical Tracking Angle (VTA) – respektive den Eintauchwinkel der Nadel in die Rille einzustellen, verändert man üblicherweise die Tonarmhöhe und damit die gesamte Geometrie des Armes: Steht der Arm nicht mehr parallel zur Platte, sondern hinten ein wenig höher, verkürzt sich auch – wenn auch minimal – die effektive Länge und infolgedessen stimmt auch der Kröpfungswinkel nicht mehr. Nicht so bei Dietrich Brakemeiers Tonarmen. Hier stellt man den VTA direkt im Headshell ein, ohne die übrige Geometrie zu verändern – und beim Titan G.C. sogar reproduzierbar! Doch ich schweife ab.
Die zwischenzeitliche Abwesenheit der übrigen Gäste erlaubte auch, ganz in Ruhe mit Dietrich Brakmeier zu fachsimplen, vor allem natürlich über seinen einzigartigen Tonarm, der die penible Justage eines Tonabnehmers von einer Gefühlssache oder dem bei einigen Audiophilen so beliebtrem tagelangen Herumprobieren mit etwaigen aussagekräftigen Scheiben zur exakten Wissenschaft macht. Trotz des in Anbetracht des Aufwandes zwar angemessenen, für die aller meisten Analog-Fans aber leider dennoch prohibitiven Preises von 70.000 Euro für den Grand Complication ist Acoustical Systems wegen Vorbestellung einerseits und der relativ langen Fertigungszeit andererseits gezwungen, Warteleisten für die Auslieferung des Tonarms zu führen. Ich konnte dessen Entwickler immerhin die Zusage abringen, einen Grand Complication zum Test zu bekommen, sobald die Vorbestellungen abgearbeitet sind. Wenn der dann noch auf einem Astellar montiert wäre...
Axinina Schäfer und Dietrich Brakemeier hatten zur ersten Veranstaltung nur ihnen gut bekannte Audiophile eingeladen, da sie das Treffen auch als Generalprobe für weitere Aktivitäten dieser Art ansahen. Es galt unter anderem herauszufinden, wie gut man auf den jeweils drei Plätzen der drei Reihen das hören konnte, was demonstriert werden sollte. Aufgrund des recht großen Abstandes von den fast 2,40 Meter hohen und über einen Meter breiten Elektrostaten konnte man zumindenst auf den sechs Plätzen der ersten beiden Reihen, die ich ausprobiert habe, hervorragend dem musikalischen Geschehen folgen. Und auch von den „Hinterbänklern“ kamen keine Beschwerden. Dafür war der Klang der Kette einfach zu ausgewogen, detailreich und dynamisch. Die Abbildungsgröße und die Raumillusion ließen – auch auf den äußeren Plätzen – keine Wünsche offen. Trotz aller Energie, der großartigen Feinzeichnung und der Schnelligkeit der Schallwandler blieb die Wiedergabe stets angenehm und entspannt. Beste Voraussetzungen also für stundenlangen und dennoch Erkenntnis fördernden Musikgenuss.
Apropos entpannt: Das war auch unser Gastgeber. Er bestand nicht auf den einzelnen Programmpunkten, von denen die meisten dann doch nach und nach von den Anwesenden angesprochen wurden, die in der Einladung auch gebeten worden waren, eigene Tonträger mitzubringen. In der lockeren Gesprächsatmosphäre von gleichgesinnten Analog-Liebhabern entpuppte sich etwa ein hochgelobtes und -gehandeltes Reissue eines Jazz-Klassikers der amerikanischen Originalpressung als hoffnunglos unterlegen – schön, wenn man zum Vergleich über eine so umfangreiche Sammlung legendärer Klassik- und Jazz-Aufnahmen verfügt wie Dietrich Brakemeier. Natürlich arbeitete die Kette auch die Unterschiede zwischen einer normalen LP und einer von CoolTech kryogen behandelten Scheibe von sommelier du son fein heraus. Wie meistens bei diesen Vergleichen waren die Unterschiede für alle wahrnehmbar, wobei die Bewertung der Klangunterschiede die Hörer aber in zwei Gruppen teilte – Geschmacksache eben.
Einer der Gäste hatte neben einem Tonband auch einen sogenannten „Mastercut“ der Firma Supersense in Wien mitgebracht, wobei natürlich die Provienz des dafür verwendeten Bandes nicht eindeutig ist. Jedenfalls klang die Lackfolie oder Dubplate ganz hervorragend, ja sogar so gut, dass das mitgebrachte, auf der A80 abgespielte Viertel-Zoll-Band dagegen klar abfiel. Des Rätsels Lösung: Der Besitzer des Mastercuts hatte diesen, um ihn vor Beschädgung durch allzu häufiges Abspielen zu bewahren, auf das Band überspielt. Leider mit mäßigem Erfolg. Dennoch war es schön zu hören, dass bei einem Band/Schallplatte-Vergleich letztere einmal die Nase vorn hat. Jedenfalls verging die Zeit in Gegenwart der ebenso engagierten wie kenntnisreichen Workshop-Teilnehmer wie im Fluge. Auch wenn ich nur einen von zwei Tagen zugegen war: Ich kann Acoustical Systems' Analog Workshop nur empfehlen. Wenn Sie eine Einladung zu einer der folgenden Veranstaltungen ergattern können, nehmen Sie sie wahr!
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