Vor einigen Monaten testete ich die Vorstufe Director und den Endverstärker Performer s800 aus der Professional Fidelity Linie von SPL. Sie gefielen mir so gut, dass bei mir der Wunsch aufkam, mich mit dem Phono-Vorverstärker Phonos zu beschäftigen.
Der Grund für mein Interesse liegt im musikalischen Character von Director und Performer s800 begründet. Beide Geräte zeigen in klanglicher Hinsicht eine gemeinsame Auffälligkeit. Ich meine die ungewöhnlichen dynamischen Eigenschaften, die Fähigkeit, gefühlt aus dem Nichts Energie zu entfalten. Dies bezieht sich nicht auf die maximale Lautstärke, sondern auf die sogenannte Fein-Dynamik. Die SPL-Verstärker scheinen geradezu unbegrenzte Reserven zur Verfügung zu haben. Genau dies ist das besondere Anliegen der Entwickler bei SPL, namentlich Bastian Neu, der für Director, Performer s800 und Phonos verantwortlich zeichnet. Im professionellen Bereich ist Sound Performance Labs längst weltweit etabliert. Der Durchbruch und die Anerkennung in der Musiker- und Studio-Szene gelangen auf Grund des außergewöhnlich natürlichen Klanges, mit denen die SPL Mischkonsolen in Fachkreisen auffielen. Die Ursache dafür liegt im Wesentlichen in der Voltair-Technologie. Voltair ist ein Kunstwort aus Volt und Air. SPL arbeitet in den Voltair-Komponenten mit einer Spannung von ± 60 Volt, also insgesamt 120 Volt, für die Audio-Signalverarbeitung. Dadurch erhöht sich das dynamische Lautstärkeverhalten auf das Doppelte der üblichen 36 Volt Signal-Verarbeitungs-Spannungen. Für die Musik bedeutet dies, dass sie mehr Luft zum Atmen bekommt, einen größeren dynamischen Rahmen zur Verfügung hat, in dem sie sich ungehemmt, spontan und praktisch unlimitiert entfalten kann. Bastian Neu sagte mir am Telefon, es sei unmöglich, mit den üblichen Audiosignalen in diesem Leistungsbereich an die Grenzen zu stoßen.
Das niederrheinische Unternehmen gibt sich in der ausführlichen Beschreibung des Phonos auf der Website sympathisch bescheiden. In unserer Branche wird anderswo gern „getrommelt“ und manche technische Mücke zum klanglichen Elefanten aufgebauscht. Bei den SPL-Profis findet man unter den technischen Daten zur RIAA Entzerrung den Hinweis auf den amerikanischen Audio-Ingenieur Douglas Self. Dieser hat drei Bücher veröffentlich, die jeweils die Konstruktion von Audio-Komponenten zum Inhalt haben. Bei SPL hat man sich bei diesem anerkannten Konstrukteur bedient – woraus man keinen Hehl macht. Die RIAA Kennlinien-Entzerrung ist ja auch nur ein Teil, wenn auch ein bedeutsamer innerhalb einer Phonostufe. Mindestens ebenso wichtig ist die saubere Verstärkung des geringen Pegels, den ein Moving-Magnet- oder ein Moving-Coil-Tonabnehmer liefert. Da staunt man beim Blick auf die technischen Daten nicht schlecht, wenn dort bis zu 71,5 dB zu lesen sind. Mein geschätzter Plinius Koru schafft deutlich weniger, maximal 66 Dezibel als maximalen Verstärkungs-Faktor für MC. Nun besitzt man bei SPL gerade bei diesem Thema jede Menge Know How – man denke nur an die Verarbeitung von Mikrofonsignalen in der Studio-Technik .
Der Phonos ist ein vielseitiger Entzerrer-Vorverstärker mit sinnvollen Bedienungselementen auf der Frontplatte, also leicht zugänglich und praktisch. Hier ist kein Mäuse-Klavier zur kapazitiven oder induktiven Anpassung auf der Rück- oder gar auf der Unterseite versteckt. Rückseitig bietet der Phonos je ein Paar vergoldete Cinch-Anschlüsse für den Ein- und Ausgang, die obligatorische Erdungs-Verschraubung sowie die Netz-Kaltgeräte-Buchse mit hartem Ein-Aus-Schalter.
Die Front bietet von rechts nach links folgende Ausstattung: Neben dem senkrecht zu betätigenden, hochwertigen Ein-Schalter, der den Phonos aus dem Standby-Schlaf weckt und sofort spielbereit macht, finden sich zwei gleiche, aber waagrecht zu bedienende Schalter. Einer aktiviert ein Subsonic-Filter, auch gern Rumpel-Filter genannt. Auch wenn die hochwertigen Plattenspieler von heute – nur solchen wird man wohl einen Phonos spendieren – seitens Lager und Antrieb nicht mehr rumpeln, gibt welliges Vinyl Anlass genug, dieses Filter zu aktivieren. Da es nur im Tieffrequenz-Spektrum unterhalb 20 Hertz wirkt, hat es so gut wie keine klanglich beeinträchtigenden Auswirkungen, dafür aber reichlich Vorteile. Der nachfolgende Verstärker wird nicht mit dem subsonischen Signal belastet, das ihm in erheblichem Maße Leistung abverlangen würde, und zwar nur für ein ungewolltes Störsignal. Dies macht sich dann in unschönen Auslenkungen der Bass-Membranen bemerkbar und versetzt bei höheren Lautstärken manchen Musik-Liebhaber zu Recht in Angst und Schrecken. Gerade diejenigen unter uns, die mit kompakten Lautsprechern ihre Musik genießen, können davon ein Lied singen. Dumm ist nur, dass sehr wenige Phono-Stufen so ein Filter anbieten. Der Phonos hat es.
Der nächste dreistufige Schalter wechselt den Verstärkungs-Faktor. Für MM sind die Verstärkungen 36, 46, und 50 Dezibel wählbar. Die richtige Wahl trifft man entsprechend der Ausgangsspannung des Tonabnehmers und der Empfindlichkeit des nachgeschalteten Verstärkers. Bei MC-Betrieb bietet derselbe Schalter 56, 67 und die erwähnten stattlichen 71,5 Dezibel an. Ich habe im Test die mit „normal“ beschriftete Einstellung 67 Dezibel gewählt. Mit dem Drehschalter daneben lässt sich die Impedanz zwischen 100 Ohm und 10 Kiloohm in sechs Stufen auf den MC-Tonabnehmer anpassen. Dem kapazitiven Bedarf eines MM-Systems wird durch das Angebot von vier Werten von null bis 330 Picofarad Rechnung getragen. Zwischen diesen beiden Drehschaltern befindet sich der Wahlschalter MC oder MM.
Wie alle SPL Professional Fidelity Geräte hat der Phonos keine üppigen Abmessungen. Öffnet man das Gehäuse, präsentiert sich ein übersichtlicher Aufbau. Die großzügig dimensionierte Stromversorgung ist so weit wie möglich von der Verstärker-Entzerrer Sektion entfernt. Diese sticht nicht nur durch die sechs Voltair-Single-Op-Amp.Platinen der vierten Generation ins Auge, die senkrecht auf der Grundplatine angeordnet sind, sondern auch durch die Vielzahl der hochwertigen Styroflex-Folien-Kondensatoren. Aufgebaut ist der Phonos in zwei aktiven Stufen. Die erste verstärkt um maximal 25 Dezibel (MC). Die folgende verstärkt bis zum gewünschten Wert und filtert über die Styroflex-Kapazitäten die RIAA Kennlinie. Douglas Self empfiehlt in seinem Buch „Small Signal Audio Design“ die Verwendung vieler kleiner Kondensatoren statt einer großen Kapazität, um die RIAA-Kurve zu generieren. Bastian Neu und seine Kollegen haben in Hörsitzungen die Vorteile dieses Konzepts ermittelt. Wie er mir schilderte, ergibt sich so ein eindeutiger musikalischer Gewinn. Die Hochton-Auflösung lege deutlich zu. Im tiefen Frequenzspektrum überzeuge die Douglas Self-Methode mit einer überlegenen Konturenschärfe.
Der erste Höreindruck mit dem Clearaudio DaVinci MC ist überraschend. Der Phonos unterscheidet sich klar vom gewohnten Plinius Koru. Ich glaube, es war eines meiner Gregory Porter Alben, das ich zuerst hörte. Vom Koru bin ich ein etwas offeneres Klangbild gewohnt. Also nehme ich mir Zeit, um mich einzuhören. Der gewählte Abschlusswiderstand von zwei Kiloohm ist passend, wenn auch unbedeutend höher als das eine Kiloohm des Plinius. Kürzlich erwarb ich das Doppelalbum The Best Of Focus, Wiederauflage MOVLP670, das nach meinem Empfinden über den Plinius in den Höhen überbetont ist und etwas nervt. Alle vier Seiten konnte ich bislang nicht hören. Anders beim Phonos. Hier gefallen die Musiker aus den Niederlanden mit farben- und facettenreicher Instrumentierung. Viel besser gelungen und stimmiger aufgenommen ist das erste Album Boys & Girls der Alabama Shakes von 2012. Dies erklingt über den Phonos dennoch keineswegs zu dunkel. Auch habe ich mich inzwischen an den etwas wärmeren, Grundton-intensiveren Charakter des Phonos gewöhnt. Zudem begeistert er mich immer wieder begeistern mit seinem dynamisches Verhalten und der packenden Impuls-Schnelligkeit. Hinzu kommt das Mehr an Klangfarben im Grundton-Bereich, was allen bislang gehörten Stücken durchaus zuträglich ist. So erklingt das Schlagzeug der Alabama Shakes wesentlich farbenprächtiger, das Tomtom wirkt plastisch, da ich das gespannte Fell deutlich dreidimensional in seiner typischen Abstimmung erkenne. Die wahnsinnigen Stimmleistungen von Sängerin Brittany Howard interpretiert der Phonos ebenso detailfreudig wie leibhaftig. Die nächste Prüfung ist Joni Mitchells Ladies Of The Canyon, und zwar als Wiederauflage Reprise 6376. Hier bin ich ein strahlendes, geradezu elektrisierendes Klangbild gewohnt mit Feingliedrigkeit in der Instrumentierung. Der Phonos liefert genau dies. Die Auflösung in Obertonbereich ist klar, offen und vor allem wunderschön farbenfroh und in der Tiefe strukturiert. Becken klingen metallisch echt und ihr Durchmesser ist zu erahnen. Joni Mitchell selber singt mit einer etwas wärmeren, körperlicheren Stimme als gewohnt.
Nun weiß ich natürlich nicht, wie die Künstlerin wirklich klingen müsste. Also müssen die Rolling Stones zeigen, in wie weit Mick Jagger so klingt, wie ich es von ihm gewohnt bin. Mit dem Abkco-Reissue von „Street Fighting Man“ aus Beggars Banquet geht es an die Wahrheitsfindung. Mick Jaggers Stimme klingt nicht nur genau so authentisch, wie ich sie zu kennen glaube;, zusätzlich wuchtet der Phonos die Musik kraftvoll in den Raum. Charlie Watts Schlagzeug explodiert mit vielfältigen Klangfarben in der Tiefe des Raumes vor und hinter den Lautsprechern. Genau so muss es rocken. Aus dem Plattenschrank nehme ich Inga Rumpfs Album White Horses, bei dessen Aufnahme durch Dirk Sommer und seiner Frau ich seinerzeit dabei sein durfte. Dieses Hörerlebnisses über den Phonos ist frappierend. Nie zuvor habe ich den Groove dieses Auftritts so gespürt wie über die SPL-Vorstufe. Spätestens jetzt sind alle Zweifel aus der Welt geräumt. Ich möchte hier eine Behauptung wagen: Sehr viele moderne Hifi-Komponenten, egal ob Lautsprecher, Verstärker oder anderes, haben die Eigenschaft, ein ansprechendes, offenes, transparentes Klangbild zu liefern. Dies beinhaltet sehr häufig eine Tendenz zu einer Überzeichnung in den oberen Frequenzlagen, die ich als unnatürlich empfinde. Es gibt diese Helligkeit im Klang weder bei orchestralen Darbietungen oder Einzelinstrumenten im Konzertsaal noch beim Auftritt der Blaskapelle der Heilsarmee in der Fußgängerzone. Der Phonos hat diese Überzeichnung nicht. Das macht langes Musikhören zu einem Vergnügen ohne Anstrengung. Auch in puncto feiner und grober Dynamik gelingt ihm dank Voltair eine begeisternde Nähe zur Live-Musik. So ist denn auch mit ihm Rimsky-Korsakovs Scheherazade mit Fritz Reiner und dem Chicago Symphony Orchestra (RCA Red Seal) der pure Genuss, der geradezu betört. Das Orchester ist gleichzeitig warm und durchhörbar, ein harmonischer Klangkörper mit wunderschöner Solo-Violine. Mit dem SPL Phonos erlebe ich zum ersten Mal überhaupt eine Hifi-Komponente, die ein warmes, grundtonstarkes Klangbild zeichnet, ohne dabei das Gefühl zu wecken, es fehle irgendwo an Transparenz oder Details. Diese gelungene Synthese in der Abstimmung mag vermutlich nicht allein der SPL Voltair-Technologie zu verdanken sein. Hier spiegelt sich auch die Erfahrung in der professionellen Musik-Szene wieder.
STATEMENT
Der SPL Phonos ist eine Phonostufe mit außergewöhnlichem Charakter. Bei so viel klanglicher Qualität liegt der Preis deutlich unter dem musikalischen Gegenwert.
Gehört mit
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Plattenspieler | Brinkmann Bardo mit Tonarm Musical Life Conductor 10 |
Tonabnehmer | Audio Technica AT33PTG/II, Clearaudio Da Vinci |
Phono-Vorstufe | Plinius Koru oder Primare R-20 |
Vorverstärker | Audio-gd Master 9 |
Endstufe | für Bass: zwei Primare A-32, für Mittel-Hochton: Air Tight ATM-3 oder Spectral DMA-100 |
Lautsprecher | Triangle Grand Concert |
Zubehör | Audioquest Diamond oder Carbon USB, Inakustik Black&White NF-1302, Shunyata Andromeda LS mit Enacom LS, Audio-gd LS und NF, MudrAkustik Max Netzleiste, Mudra und Audioquest NRG-X2 Netzkabel, AHP Reinkupfer-Sicherungen, Groneberg Wandsteckdosen, mbakustik Raum-Absorber |
Möbel | Creaktiv Audio mit Absorberböden, Finite Elemente Pagode, Audio Exklusiv d.C.d. Basis |
Herstellerangaben
SPL Phonos
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Ein- und Ausgänge | Cinch, unsymmetrisch, vergoldet |
Ausgangsimpedanz | < 5 Ohm |
Übersprechen | -80 dB (bei 1 kHz) |
RIAA-Entzerrung | nach Douglas Self |
Moving Magnet Verstärker |
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Eingangsimpedanz | 47 kOhm |
Verstärkung | 46 dB (Norm.), 36 dB (-10 dB), 50 dB (+4 dB) |
Schaltbare Kapazitäten | Off, 150 pF, 220 pF und 330 pF |
Rauschen (A-bewertet) | -85,3 dB |
Moving Coil Verstärker |
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Eingangsimpedanz | 100, 220, 470 Ohm; 2,2, 4,7, 10 kOhm |
Verstärkung | 67 dB (Norm.), 56 dB (-10 dB), 71,5 dB (+ 4 dB) |
Rauschen (A-bewertet) | -61,7 dB |
Interne Betriebsspannung | +/- 60 V |
Netzteil |
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Netzspannung (schaltbar) | 230 V AC / 50Hz oder 115 V AC / 60Hz |
Leistungsaufnahme | max. 30 VA |
Stand-By Stromaufnahme | 0,7 W |
Sicherung | 230 V: T 500mA; 115 V: T 1A |
Maße (inkl. Füße) | 278 mm B x 57mm H x 330mm T |
Gewicht | 3,2 kg |
Front | Aluminium schwarz, rot oder silber |
Preis | 1759 Euro |
Hersteller
SPL electronics GmbH
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Anschrift | Sohlweg 80 41372 Niederkrüchten |
Telefon | +49 2163 98340 |
Fax | +49 2163 983420 |
Web | www.spl.info |