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Norddeutsche HiFi-Tage 2019

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Wie mein Kollege Carsten Bussler schon sagte: Die Norddeutschen HiFi-Tage sind eine Institution und repräsentativ für die HiFi-Szene in Deutschland. Hifistatement war deshalb neben Herausgeber Dirk Sommer mit drei Redakteuren vertreten. So konnten wir gemeinsam die Vielzahl der Aussteller besuchen. Jeder von uns kümmerte sich um mehrere Etagen.

Auf den Gängen hörte ich nicht nur einmal Besucher stöhnen, wie etwa: „Wenn ich geahnt hätte, wie groß und spannend das hier ist, hätte ich mir zwei Tage Zeit genommen“. Für dieses Jahr war mein Plan, neben den üblichen Fotos mit Kurzkommentar einige Hörerfahrungen an Sie weiterzugeben. Das konnte ich realisieren, jedoch in weit geringerem Umfang, als ich es mir gewünscht hatte. So sind die im Folgenden beschriebenen Höreindrücke eine Auswahl, die keinesfalls andere Aussteller in die zweite Reihe stellen soll. Sie alle fand ich in den drei von mir besuchten Etagen. Auf Empfehlung der beide Kollegen Carsten Bussler und Finn Gallowsky hörte ich in deren „Territorien“ die Lautsprecher von Dynamikks! und in den Räumen des deutschen Vertriebs Robert Ross die isodynamischen Lautsprecher von Fonica International. Meine kurzen Klangbeschreibungen basieren nicht auf gleichem Musikmaterial, da dieses in allen Fällen digital von einem Server kam. Somit sind die Aussagen nicht direkt vergleichbar. Die Zeiten, wo man mit einer CD oder gar Vinyl unterm Arm auftauchen und um Vorführung bitten konnte, sind vorbei, obwohl einige Aussteller sich noch dieser Medien bedienten. So legte zum Beispiel Volker Bohlmeier von Einstein Vinyl auf. Der macht auf Messen stets eindrucksvolle Musik in gemäßigter Lautstärke – mit eeiner Vorliebe für Blues. Einstein hatte ich mir als krönenden Abschluss des zweiten Tages vorgenommen. Aber die Zeiger der analogen Uhren holten mich ein, zeigten für mich viel zu schnell sechzehn Uhr an und damit das Ende der Show.

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Das analoge, aktive System FS82E von Audio Optimum reproduzierte in dem kleinen Zimmer Oscar Petersons „You Look Good To Me“ exakt, konturiert und dreidimensional. Ray Browns Bass erklang körperhaft, frisch und dynamisch. Nichts klebte an den recht großen Lautsprechern. Die musizierten frei und homogen. Auch bei klassischer Musik verliehen sie den Streichern die geeignete Portion zarten Schmelzes, behielten dabei Präzision und Offenheit. Die phasenparallele, aktive, analoge Frequenzweiche mag an der bestechenden Homogenität ihren Anteil haben. Auch beim bekannten Album von Nils Lofgren überzeugte mich das System durch körperliche Darstellung von Gitarre und Gesang, durch angenehme Wärme ebenso wie durch die präzise Differenzierung.

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Bei Dynamikks! Erlebte ich die Monitor 10SL zuerst mit Gene Ammons Album Bass Tenor und dem Titel „My Romance“. Ich verstand sofort, warum mein Kollege so begeistert war. Ich konnte entspannt in diese angenehm warme Musik mit wunderschönen, umschmeichelnden Klangfarben eintauchen. Dabei waren die Instrumente großartig angeordnet und man konnte ihnen im Einzelnen leicht folgen. Das teil-aktive System hat mit dem Röhrenverstärker für die Mitten und Höhen jede Menge dynamischer Reserven, die es feinfühlig einsetzt. Christina Pluhars Interpretation der Musik von Henry Purcell gefällt wegen der angenehmen und klar artikulierten Stimme und der seidigen, genauen Instrumentierung. Leicht fällt es, in die Musik hineinzuhören. In Gustav Mahlers symphonischen Werk kann die Dynamikks! mit beeindruckender Spannung, durch sensible Differenzierung und die realistische Abbildung einer Triangel in Relation zum dynamisch anschwellenden großen Orchester überzeugen. Ein Lautsprecher zum anspruchsvollen Genießen.

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Die Lansche Audio No.3.1.SE besitzt das Beste im Hochtonbereich, einen Corona-Plasma-Hochtöner. Dessen Schwerelosigkeit begeistert mich seit Jahrzehnten. Leicht ist es nicht, ihm in den Tonlagen darunter stimmig zu folgen. Bill Withers „Aint No Sunshine“ lief gerade, als ich den Raum betrat. Die Stimme von Eva Cassidy klang warm und fein artikuliert. Der Kontrabass tönte kraftvoll, rund, aber nicht zu fett. Überhaupt ist der Bass auch in den folgenden Musiktiteln überzeugend, ja imposant. Denn er spielt druckvoll und konturiert. Auch die Felle der Drums schwingen hervorragend nuanciert und voller Energie. Die Luftigkeit des Ionen-Hochtöners ist harmonisch eingebunden in das Gesamtsystem. Auch Bläser hatten in dieser Vorführung einen fülligen, warmen Klang. Die vorgeführten Musikbeispiele prägte musikalisch allesamt ein entspannendes, angenehmes Timbre.

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Für die Premiere von Oks-Audio aus Trittau hatte Entwickler Eugen Oks in der Vorführung den Dipol-Lautsprecher Live zur klanglichen Demonstration ausgewählt. Der besitzt neben zwei Dipol-Bässen für den Mittel-Hochton-Bereich ovale Breitbänder, die nach vorn und hinten strahlen. Verbaut sind ausschließlich modifizierte Chassis. Die DSP-Raumkorrektur gehört zum festen Bestandteil jedes Oks-Audio-Systems. Musikalisch beginnt die Demonstration mit Eric Clapton Unplugged. Das hört sich erfreulich klar und sauber an, so dass das Hineinhören in die Musik und die Wahrnehmung feiner Details leicht fällt und Spaß macht. Der Bass imponiert mit seiner Luftigkeit und Explosivität. Auch „La Primavera“ aus Vivaldis Vier Jahreszeiten erschließt sich mit Präzision. Dabei präsentieren sich die Streicher fein dynamisch und nicht zu agressiv. Bei diesem Stück war ich von der Musikalität der Live positiv überrascht, weil ich eine so gefällige Wiedergabe der Streicher nicht erwartet hatte. In „Tango“ von Vinze Mendozas Album Jazzpan gefiel mir die filigrane Gitarre und die detailverliebte Percussion, begleitet von einer eleganten und prägnanten Basslinie. Die diversen Soloinstrumente stellen sich wohl platziert vor die Begleitung. Dieses Oks-Audio System unterscheidet sich von den zuvor gehören deutlich. Es legt den Focus auf Detailreichtum, strapaziert dieses aber keineswegs über. Man wird hier nicht von der Musik umschwärmt sondern aufgefordert, hineinzuhören.

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Die Kombination des grandiosen Endverstärkers von Frans de Wit mit Joachim Gerhards kompakter Suesskind Darling war ebenso Old Scool wie faszinierend. Ich sitze mittig aber sehr dicht vor den Lautsprechern. Billie Holidays einzigartige Stimme klingt von der Aufnahme aus den 50ern exakt so, wie man sie aus der Erinnerung hören möchte und zudem packend hautnah. Mit Leichtigkeit inszeniert das Setup die imaginäre Bühne und die Klangfarben der begleitenden Instrumente in „I´m A Fool To Love You“ mit Streichern so, wie man sie hören möchte. Dann swingen Luis und Ella im Titel „I´Got Plenty O Nothing“. Der Rhythmus der Instrument überträgt sich unweigerlich auf meine Füße. Auch hier empfinde ich die Stimmen feinst artikuliert und authentisch. Die Bläsersätze reißen mit Ihre direkte Explosivität durch. Bei Harry Bellafontes „Cotton Fields“ aus seinem berühmten Carnegie Hall Concert genieße ich die Live-Atmosphäre. An keiner Stelle scheint diese Anlage zu unter- oder zu übertreiben. Dass der kleine Lautsprecher im Tiefbass irgendwann nicht mehr kann, stört mich nicht wirklich. Joachim Gerhard hatte bereits auf der Computer-Tonquelle eine Raumkorrektur implantiert. Bei Taeguk Muns Songs For Cello, das filigran, facettenreich und realistisch opulent ertönte, schaltete er die Raumkorrektur mal an, mal ab. Ich fand, beide Versionen hatten ihren Reiz bei diesem Cello solo.

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Das Zusammenspiel des hochwertigen DAS Quellgerätes, analoger Elektronik und der aufwändigen, neuen Sissi aus Vollholz der Wiener Lautsprecher Manufaktur ließ sich mehr als nur hören. Man hatte sich bei der Aufstellung der rundum abstrahlenden Sissi sichtbar und hörbar Mühe gegeben. Dies äußerte sich in einer grandiosen imaginären Bühne hinter der Sissi bis zur hinteren Wand des Raumes. Diesbezüglich das Beste, was ich auf dieser Messe gehört habe. Auf der Bühne hatten Ella Fitzgerald und ihre Begleiter feste Plätze, als sie mit großartige Stimme ihr „Let´s Fall In Love“ sang. So war das Zuhören hochgradig entspannend, da die Musik wie selbstverständlich vor mir spielte und ich mich in keiner Weise anstrengen musste, sie zu erleben. Auch die Klangfarben schien perfekt. Anne Sofie von Otter sang Händels „Marien-Kantaten“ so wunderschön akzentuiert und angenehm warm, die Instrumente umgaben sie differenziert und wie ein Mantel aus Klängen. Der Raum hinter den Sissi war komplett mit Musik gefüllt.

Ganz anderer Art in technischer Hinsicht sind die isodynamischen, aktiven Flag M von Fonica International. Das Zwei-Wege Dipol-Konzept funktioniert mit sich im Magnetfeld gleichförmig nach vorn und hinten bewegenden Folien, die auf ihre Fläche den Spulendraht tragen. Wenn man so will, ist dies eine Weiterentwicklung des Magnetostaten. Trotz nicht ganz perfekter Aufstellung der Flag M in dem kleinen Raum, kam eine sehr schöne Bühnen-Abbildung zustande. Bei Antiphone Blues gefiel mir das Saxophon dank der Intensität und der Klangfarben. Von Patricia Barbers Album Companion bestach der gezupfte Kontrabass in „Use Me“ durch Akkuratesse, deutliches Nachschwingen der Saiten und Plastizität. „Black Magic Woman“ geriet spannungsgeladen, dynamisch und mit kraftvollem Tiefbass. Das Klatschen im Publikum liess wirklich Hände erkennen. Die Orgel kam richtig giftig wie es sein soll. Andere Instrumente spielten sortiert im Hintergrund. Bei Patricia Barbers Stimme überraschte mich die Deutlichkeit, mit der die Fonica ihren Umgang mit dem Mikrofon nachzeichnete – das habe ich selten so exakt gehört. Das „Hotel California“ ward geordnet und energisch vor mir aufgebaut. Die differenzierten Gitarrenklänge wurden nicht durch die druckvollen Drums und den E-Bass in ihrer Feinzeichnung beeinträchtigt. Don Henleys Gesang stand da, deutlich und klar. Als abschließend Telemanns Flöten-Sonaten in F-Dur zu hören waren, stand das Cembalo ordentlich hinter der Flöte. Die überzeugte mit ihre plastischen, farbenreichen und warmen Tönen.


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