Vor drei Jahren konnte ich im Showroom von Acapella erfahren, dass man mit einer Poseydon der Dynamik eines Konzertes näher kommt, als es sich selbst der verwöhnteste Hifi-Fan träumen lässt. Mit dem aktuell dort aufgebauten Schallwandler soll der Abstand zwischen Realität und Illusion noch kleiner geworden sein. Und das können Sie selber hören!
In der Zwischenzeit hat sich bei Acapella Audio Arts einiges getan: Neben Hermann Winters und Alfred Rudolf sind nun auch dessen Söhne, Robert und Richard, mit von der Partie, und entsprechend hat sich auch die Rechtsform der Firma geändert. Richard Rudolph ist inzwischen gut über zehn Jahre in Forschung und Produktion mit eingebunden und hat beim aktuellen Sphäron Excalibur einen entscheidenden Anteil an der Weiterentwicklung von Acapellas Topmodell. Diese Systeme werden verständlicherweise nur auf Bestellung gebaut, wobei natürlich die neuesten Erkenntnisse aus dem beständigen Streben nach einer noch besserer Wiedergabe mit einfließen. Im Gegensatz zu den frühen Sphärons benötigt das jetzige System kein Basshorn mit Ankopplung an den Raum mehr. Während früher eine Fläche von zwölf Quadratmetern unverzichtbar war, kommt das aktuelle Modell mit je einer modular aufgebauten, übermannshohen Bass-Säule aus. In jedem der vier nach dem Bassreflex-Prinzip konzipierten Module pro Seite arbeitet ein 18-Zoll-Chassis.
Das System beinhaltet auch Acapella-Mono-Endverstärker, die aus dem LaMusika-Vollverstärker und der drehstromgespeisten Stereo-Endstufe abgeleitet wurden. Allerdings ist es „nur“ ein Monoblock pro Kanal, der auf einer im Lautsprecher-Gehäuse abgehängten Basis Platz findet. Die Zuweisung der Frequenzen zu den Bassmodulen, dem Tiefmittelton- und Hochmitteltonhorn sowie dem Ionen-Hochtöner erfolgen über eine passive Frequenzweiche. Auf die Frage nach der Leistung der Endstufe antwortet Hermann Winters – fast schon erwartungsgemäß – wie auch bei Rolls Royce üblich: völlig ausreichend. Fragen nach technischen Daten hält er schlicht für unangemessen: Sie sagten nicht das Mindeste über den Klang und die Musikalität dieses Ausnahme-Lautsprechersystems aus. Wissbegier in puncto Gewicht ist zulässig, aber vor dem Transport ist die Frage nicht eindeutig zu beantworten: Man stellt eine Sphäron nicht mal eben auf die Waage. Die Schätzungen bewegen sich zwischen 650 und 750 Kilogramm pro Seite.
Einen direkten Vergleich zwischen den Poseydon, die mich bei meinem letzten Besuch so nachhaltig beeindruckten, und den Sphäron wird es nicht geben, da das Acapella-Team erstere abgebaut hat, um ein wenig Platz im sehr großen Hörraum zu schaffen. Aber ein schnöder Vergleich würde den Sphäron Excalibur auch gewiss nicht gerecht. Das hört man schon bei einem Song von Niels Lofgren, den Richard Rudolph anspielt: Der kommt auf Anhieb recht mächtig und eindrucksvoll, aber auch größer als live rüber. Ich weiß nicht, ob es daran lag, dass Richard Rudolph die Lautstärke minimal reduzierte oder ich wie bei konzentriertem Hören üblich dann die Augen geschlossen hatte: Plötzlich stimmen die Größenverhältnisse. Die imaginäre Bühne fasziniert durch ihre Weitläufigkeit, aber die enorm differenzierte Abbildung der Stimme und der Instrumente sind absolut stimmig und wirken in ihren Dimensionen lebensecht. Man schwelgt völlig entspannt in einer Fülle von Informationen. Schon dieser erste, mir bis dato unbekannte Song – aufnahmetechnisch nicht unbedingt eine audiophile Meisterleistung – weckt schlimmste Befürchtungen: Wenn ich jetzt nicht sofort aufhöre, mich von den Sphäron Excalibur bezaubern zu lassen, werde ich mit meiner eigenen Kette nie wieder so zufrieden Musik hören können wie zuvor.
Aber Bangemachen gilt nicht: Ich bin ja schließlich nach Duisburg gereist, um Ihnen von diesem State-of-the-Art-Lautsprechersystem zu berichten. Und dabei geht es keinesfalls darum, Sie mit meiner Beschreibung neidisch zu machen. Hermann Winters geht davon aus, dass die Sphäron vor ihrer Reise nach China mindestens bis zur High End im Audio Forum stehen wird: Bis dahin haben Sie also die vielleicht einmalige Gelegenheit, dieses Lautsprechersystem selbst zu erleben und ihre Maßstäbe in Sachen realistischer Audiowiedergabe neu zu definieren. Acapellas Studio ist an zwei Tagen in der Woche geöffnet, eine telefonische Voranmeldung würde ich aber dennoch empfehlen. Dass bei dieser Demonstration vor allem die aktive Sphäron für das wohl singuläre klangliche Ergebnis verantwortlich ist, beweist ein Blick auf ihre Mitspieler. Da findet sich heuer nicht etwa wie vor drei Jahren bei der Poseydon ein Mastertape auf einer von Alfred Rudolf sowohl bei der Aufnahme als auch bei Wiedergabe resonanzoptimierten Telefunken M15, sondern der für Acapella von ReQuest gefertigte Streamer The Audio One, der mit geringfügig mehr als einem Prozent des Preises der Sphäron in der Anlage zu Buche schlägt. Aktuell werden nicht einmal alle Funktionen des Audio One genutzt. Statt seiner Analog-Ausgänge ist eine digitale Schnittstelle mit der weiteren Kette verbunden: Als D/A-Wandler und Vorstufe agiert ein Prototyp, der in Kooperation mit Artistic Fidelity – oder Ralf Koschnicke – entwickelt wurde. Die Wandler-Sektion der Acapella-DAC/Vorstufen-Kombination entspricht der des hier bereits wegen seines Klanges und seines enorm kundenfreundlichen Preis/Leistungs-Verhältnisses hoch gelobten arfi-dac2xt. Lediglich die heuer einzige analoge Quelle, der LaMusika Laudatio, ist ebenso rar wie die Sphäron und auch preislich in High-End-Gefilden angesiedelt. Die Schallwandler benötigen für die meisten im Folgenden beschriebenen Klänge also weder Mastertapes noch absolut unbezahlbare Mitspieler. Und die meisten der gehörten Files waren solche mit 16 Bit und 44,1 Kilohertz.
Während einige meiner Test-Alben per WLAN auf den Server wandern, übernimmt Hermann Winters die Rolle des iPad-DJs. Er beginnt mit einer alten A&M-Einspielung: „Top Of The World“ von den Carpenters. Die wohlbekannte Melodie plätschert fröhlich vor sich hin, so dass man sich gut auf die klanglichen Aspekte des Songs konzentrieren kann. Ich habe beispielsweise nicht gewusst, mit wie viel Druck und Realismus hier die Bass-Drum eingefangen wurde. Die Sphäron erlauben es, tief in den – virtuellen? – Aufnahmeraume hineinzuhören und sich über die perspektivisch überzeugende Anordnung der bestens differenzierten Instrumente zu freuen. Wenn man das Lied wie ich nur aus dem Radio kennt, ist es beinahe erschreckend, welche Fülle an Informationen dieser aufnahmetechnische Glücksfall enthält. Aber um dies alles hören zu können, bedarf es schon eines so hoch auflösenden Schallwandlers wie der großen Excalibur. Was es nicht dazu braucht, ist eine hohe oder auch nur gehobene Lautstärke. Es ist für mich absolut verblüffend, dass die Sphäron diese enorme Durchzeichnung auch bei moderater Zimmerlautstärke an den Tag legt. Ihr Wirkungsgrad von gut über 100 Dezibel ist nicht nur von Vorteil, wenn es um brachiale Pegel geht. Beim Leisehören macht er sich ebenso stark positiv bemerkbar. Mindestens ebenso viel Lob gebührt natürlich auch der Endstufe, die nicht nur eine enorme Leistung bereitstellt, sondern auch im Milliwatt-Bereich nichts von ihrer Finesse einbüßt.
Weiter geht’s fern ab von Diana Krall, den Eagles und den üblichen audiophilen Langweilern mit den Fairfield Four und „Those Bones“. Die Vier im Namen der Band steht für die vier Stimmlagen, in denen die Gospel-Gruppe zu hören ist, und nicht zwingend für die Zahl der Sänger. Bei ihrer Gründung etwa waren die Fairfield Four ein Quintett. Die Sphäron projiziert die Herren direkt ins Audio Forum, ohne dass dabei auch nur die geringsten technischen Artefakte zu vernehmen wären. Die Stimmen kommen ungemein natürlich rüber – außer der des Bassisten. Denn der verlässt sich nicht auf sein eigenes Volumen, sondern nutzt den Nahbesprechungseffekt des Mikrofons für ein wenig zusätzliche Fülle. Über die Sphäron wirkt er dadurch deutlich größer als seine Kollegen. Das schmälert zwar nicht den Genuss an diesem Song, beweist aber, dass Acapellas Topmodell auch aufnahmetechnische Spielereien so ganz nebenbei hörbar werden lässt. Keinerlei Auffälligkeiten enthüllt die Sphäron bei Gene Harris' Version von „Summertime“: Sie stellt einfach einen Flügel in Originalgröße in den Raum, garniert ihn mit Kontrabass und Schlagzeug und lässt die Musik fließen. Später kommt dann das rhythmische Klatschen des zu Recht euphorischen Publikums hinzu. Da taucht nicht der kürzeste Gedanke an die technischen Aspekte der Wiedergabe auf, die Musik steht im Vordergrund, man ist einfach bei einem mitreißenden Konzert dabei.
Dann folgt ein Auszug aus einer Aufnahme, die Hermann Winters in der Frühzeit der Digitaltechnik in der Mercatorhalle in Duisburg gemacht hat. Etwa über der siebten Zuschauerreihe hatte er zwei auf Kugelcharakteristik geschaltete Beyerdynamik-Großmembranmikrofone von der Decke herabgelassen, deren Signale von einem Sony PCM-F1 gewandelt und von einem tragbaren Videorekorder aufgezeichnet wurden. Frühe Digitaltechnik hin oder her: Die Aufnahme würde jedem modernen audiophilen Label zur Ehre gereichen, so differenziert wurden das Soloinstrument, das Orchester und das nicht immer völlig stille Publikum eingefangen. Aber manch ein Huster ist dem Live-Charakter eines Mitschnitts ja durchaus zuträglich. Obwohl ich – wie im ersten Artikel über Acapella beschrieben, Alfred Rudolph und Hermann Winters voll vertraue, was letztlich zu gefühlt tonnenschweren Lautsprechern in Sandwich-Gehäusen und selbst verdrillten Lautsprecherkabeln mit zweimal 25 Quadratmillimetern führte – habe ich nicht nur einmal nachgefragt, ob bei dieser Aufnahme nicht doch das ein oder andere Stützmikrofon für den Flügel mit im Spiel war. Denn der hörte sich so differenziert und plastisch an, als hätte man ihm zwei zusätzliche Mikros spendiert. Das soll aber keinesfalls heißen, dass sich der Flügel nicht bestens in den Raum und den Orchesterklang einfügte. Nach meinen bisherigen Erfahrungen bekommt man eine derart detailreiche Zeichnung eines Instruments aber nur durch eine sehr nahe Mikrofonierung hin. Hermann Winters Aufnahme und die Sphäron belehren mich nun eines Besseren. Falls Sie die Gelegenheit haben, die Excalibur zu hören, trauen Sie sich, nach diesem Stück zu fragen. Denn wie so oft klingt auch hier eine nachträglich völlig unbearbeitete Zwei-Mikrofon-Aufnahme – mit Kugelmikrofonen würde Hermann Winters ergänzen – sehr glaubwürdig und natürlich. Zum Abschluss gibt’s noch einmal einen Song von Johnny Cash und seiner Gitarre, wohl um zu zeigen, dass die nahezu perfekte Raumillusion bei der Aufnahme in der Mercatorhalle durch die Mikrofonanordnung und nicht durch eine Eigenheit der Schallabstrahlung der Sphäron bedingt ist. Nicht selten gaukeln Hornsysteme ja Sänger mit riesigen Mündern und überdimensionale Instrumente vor, was vielleicht beim ersten Hören reizvoll sein mag. Nicht so die Excalibur. Sie stelle Johnny Cash und seine Gitarre in glaubwürdiger Größe auf die Bühne.
Als Hermann Winters dann einen Termin wahrzunehmen hat, übernimmt Alfred Rudolph. Wir plaudern über seine neuesten Aufnahmeprojekte, und das scheint ihm lieber zu sein, als technische Detais der Sphäron zu thematisieren. Er sucht eine sommelier-du-son-LP – sds 0015-1, Michel Godard, Soyeusement – aus seinem Fundus, behandelt sie mit Squalan-Öl und versetzt mich mit Hilfe der Sphäron in das Refektorium des Klosters von Noirlac: So groß habe ich den Raum und so plastisch habe ich die Instrumente meiner Aufnahme zuvor nicht gehört. Aber nicht nur die Musik zieht die Aufmerksamkeit auf sich. Bei jedem erneuten Abspielen von „Trace Of Grace“ gelingt die Wiedergabe noch eine Spur geschmeidiger und stimmiger: Die Nadel verteilt bei jedem Durchlauf das Öl noch feiner. Noch deutlicher als diese Verbesserungen sind die klanglichen Unterschiede, die die Einsätze aus verschiedenen Hölzern für die Plattenklemme des Laudatio machen. Je nach Kette, Tonalität der Aufnahme oder eigenem Geschmack lässt sich so der Klang der analogen Quelle feintunen. In naher Zukunft soll die Plattenklemme mit drei Holzeinsätzen zur Wahl auch separat erhältlich sein.
Inzwischen sind meine Test-Alben auf der Festplatte des The Audio One angekommen. In dessen Preis von 5500 Euro sind zwei SSDs mit je einem Terabyte und ein qualitativ hochwertiger D/A-Wandler mit inbegriffen. Gegen Aufpreis sind auch zweimal zwei Terabyte und ein Linear-Netzteil zu haben. Ich werde mal versuchen, einen The Audio One für eine ausführliche Beschäftigung in meinen Hörraum zu bekommen. Doch zurück zu den Titeln auf der Festplatte: Ich wähle Keith Jarretts „God Bless The Child“, werde von der Fülle an beinahe beiläufig präsentierten Details fast überwältigt, „sehe“ den Flügel in Originalgröße vor mir, erfreue mich an der auch räumlich perfekten Differenzierung von Hi-Hat und Snare und überlasse mich dem unbändigen Groove des Trios. Muss ich noch schreiben, dass ich diesen Titel nie besser und realistischer gehört habe? Um meine Test-Alben auch weiter im heimischen Hörraum genießen zu können, nehme ich vom Anhören weiterer Stücke Abstand. Da gönne ich mir lieber noch einmal Alfred Rudolphs Aufnahmen der Talking Horns. Auch wenn sie jetzt vom Server statt wie vor Jahren vom Band erklingen, ist die Faszination über die Sphäron noch ein wenig größer als über die Poseydon. Das große Hornsystem spielt einfach lässiger und dynamisch schier unbegrenzt. Ja, ich weiß, das ich Ähnliches schon über die Poseydon geschrieben habe. Aber heute weiß ich einfach, dass noch ein wenig mehr geht.
Während mich das Sphäron bisher vor allem mit seiner immensen Auflösung auch bei moderaten Pegeln und der realitätsnahen Größen-Darstellung von Stimmen und Instrumenten für sich einnahm, möchte ich zum Schluss noch einmal die Dynamik des Hornsystems auskosten – und zwar mit „Lazy“ aus dem Album Deep Purple with Orchestra Live In Switzerland 2011: Don Airey schwelgt beim langen Intro in den unterschiedlichsten Hammond-Sounds, bevor dann die Band mit Vehemenz einsetzt. Auch wenn ich am Abend der Aufnahme in Montreux dabei war, würde ich mich nicht dazu versteigen zu behaupten, die Sphäron reproduziere exakt das Klangbild aus der Stravinsky-Hall. Es weiß ja niemand, was das 96-Kanal-SSL-Pult und das Mastering mit dem Sound der Band gemacht haben. Viel wichtiger: Die Sphäron weckt sofort die Emotionen, die diese Musik für mich zu etwas Besonderem macht. Oder kurz und bündig: Ich habe niemals lustvoller aufgenommene Musik genossen als über die Sphäron im Audio Forum. Wenn Sie wirklich wissen wollen, was in Sachen Audio-Wiedergabe heutzutage möglich ist, dürfen Sie nicht versäumen, das Sphäron Excalibur selbst zu hören. Noch ist dafür Zeit genug!
Herstellerangaben
Acapella Sphäron Excalibur
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Größe (H/B/T) | 230/150/130 cm |
Wirkungsgrad | 100 dB/1W/1m |
Belastbarkeit | 100 W; Impuls 1000 W (10 ms) |
Notwendige Verstärkerleistung | ab 15 W Sinus/4 Ohm |
Gewicht | 650 bis 750 kg pro System |
Raumgröße | ab 40 m² |
Preis | ab 500.000 Euro |
Hersteller
Acapella Audio Arts
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Anschrift | Acapella Audio Arts Herman Winters GmbH & Co. KG Koloniestraße 203 47057 Duisburg |
Telefon | +49 203 361222 |
Web | www.acapella.de |
Öffnungszeiten des Audio Forums | freitags von 13 bis 19 Uhr samstags von 10 bis 14 Uhr |