Nach dem furiosen Debüt bei Hifistatement mit der S300 Mk II legt Buchardt Audio mit der S400 nach und will die bereits bemerkenswerten Eigenschaften des Basismodells noch gesteigert haben.
Für Spannung war gesorgt. Das Abschneiden der Buchardt Audio S300 Mk II im Test bei Hifistatement war für Größe und Preis außergewöhnlich. Als sich die S400 ankündigte, folgte natürlich gleich der Versuch, ein Exemplar zur Besprechung zu bekommen. Allerdings verzögerte sich erst die Auslieferung, und dann waren die Lautsprecher gleich ausverkauft. Hören war nur auf Messen drin, von denen es jeweils hymnische Berichte zu lesen gab. Im Grunde musste der Inhaber Mads Buchardt überhaupt keine Werbung für die Lautsprecher machen. Monate vor der Marktauslieferung war das Internet voll von Hörberichten und Kaufabsichten. Als dann die ersten Exemplare ausgeliefert wurden, gab es auf Youtube geradezu liebevolle Vorstellungen und Besuchsberichte beim glücklichen Besitzer. Wenn Hifi jemals virales Onlinemarketing erfahren hat, dann hier. Und so hat es ewig gedauert, bis Hifistatement – als erstes Magazin in Deutschland – ein Pärchen ergattern konnte.
Inzwischen haben die Lautsprecher aus Dänemark auch einen deutschen Vertrieb und werden durch Hifipilot in Eisingen betreut, die die den Hifistatement-Lesern bestens bekannten Produktlinien von IOATVX und XTZ vertreten. Bekommt man die S400 endlich in die Hände, ist man erstaunt eingedenk der Tatsache, dass sie von den Abmaßen her kleiner sind als ihre immerhin 700 Euro billigeren Geschwister. Betrachtet man den Aufbau wird schnell klar, wohin die zusätzlichen Investitionen geflossen sind. Sind die S300 Mk II sehr konventionell aufgebaute Lautsprecher, haben sich Mads Buchardt und Entwickler Kaspar Raun bei der Buchardt Audio S400 einiges einfallen lassen. Bei beiden Modellen handelt es sich um ein Zwei-Wege-Design im handlichen Format, das sich am wohlsten auf einem stabilen Ständer fühlt.
Besonderes Augenmerk wurde bei der Entwicklung auf die Abstrahlcharakteristik gelegt, weswegen der 19-Millimeter-Gewebekalottenhochtöner nach unten gewandert ist und am Ende eines großen tiefen Waveguides sitzt. Darüber angeordnet auf ganzer Frontbreite ein 150-Millimeter-Konus-Tiefmitteltöner aus Aluminium. Die Wahl der Chassis wird zum einen mit der Fähigkeit zur sauberen Höchsttonwiedergabe der Kalotte und zum anderen mit der hohen Belastbarkeit und strukturellen Integrität des Konustöners begründet. Um das bei Aluminiumchassis gefürchtete Aufbrechen zu hohen Frequenzen hin zu unterbinden, bekommt die Membran Prägungen, die an entsprechender Stelle derartiges verhindern soll. Getrennt wird bei 2000 Hertz mit einer Weiche mit jeweils zwölf Dezibel/Oktave. Dies ist durchaus sportlich für eine Kalotte mit so einem kleinen Durchmesser. Das klassische Spielfeld solch kleiner Hochtöner ist an sich ein Einsatz ab drei bis vier Kilohertz in Drei-Wege-Konstruktionen. Und hier kommt der Hornvorsatz beziehungsweise das Waveguide ins Spiel. Einerseits wird der Schalldruck gesteigert und dem Chassis zu tiefen Frequenzen hin Hub erspart, andererseits das Abstrahlverhalten optimiert. In diesem Fall ist das auch nötig, sonst wäre eine so tiefe Ankopplung des Hochtöners technisch gar nicht machbar. Die genannten Positiveffekte sind dabei gern mitgenommene Zugaben. Um die daraus resultierenden Phasenverschiebungen auszugleichen, wurde dann die Anordnung des Hochtöners unten gewählt und die Front um zwei Grad angeschrägt, weswegen man den Lautsprecher möglichst nicht umgedreht betreiben sollte. Der Hersteller beschreibt das zwar als Möglichkeit, das ist dann aber eher Glückssache. Nach Angaben von Mads Buchardt sind die Chassis von SB-Acoustics – abgesehen vom homogenen Abstrahlverhalten – rein nach klanglichen Gesichtspunkten ausgewählt worden. Die Verarbeitung der in Schleiflack weiß, schwarz und mit Eichenfurnier erhältlichen Lautsprecher ist übrigens ausgezeichnet. Die beiden ersten Varianten sind jeweils für 2000 Euro erhältlich, die Variante mit Echtholzfurnier gibt es für einen maßvollen Aufpreis von zusätzlichen 150 Euro. Passende Ständer kann man für 275 Euro gleich dazunehmen, diese gibt es allerdings nur in schwarz.
Ein weiteres Schmankerl findet sich auf der Rückseite. Anstatt die vom Basschassis rückwärtig abgestrahlte Energie mittels Helmholtzresonator (Bassreflexrohr) in den Raum zu werfen, kommt eine ovale Passivmembran zum Einsatz, die drei Viertel der Rückseite des Lautsprechers einnimmt. An sich eine simple Sache. Diese Membran muss ungefähr die doppelte Abstrahlfläche haben und gleichzeitig den doppelten Hub des aktiven Chassis machen und wird über die träge Masse der Membran abgestimmt. An sich hat das Prinzip nur Vorteile: Es gibt keine Strömungsgeräusche vom Bassreflexrohr und damit einen unbeeinflussten Mitteltonbereich und die Impulswiedergabe auf der Abstimmfrequenz im Bass ist so sauber wie bei einer geschlossenen Konstruktion. An sich eine technisch schöne Lösung. Warum das nicht alle machen? Ist halt erheblich teurer und aufwendiger, als einfach ein Rohr in ein Gehäuse zu setzen.
Der Lohn des ganzen Aufwands soll eine Basswiedergabe in Qualität und Tiefe sein, die großen Standboxen in nichts nachsteht und die dazu noch vom Aufstellungsort nahezu unbeeinflusst abgerufen werden kann. Das stimmt auch – wenn man von extremen Situationen wie der Platzierung in Raumecken oder auf dem Fussboden einmal absieht. Dies ist wirklich bemerkenswert; trotzdem ist die Aufstellung nicht ganz so trivial wie bei der kleineren Schwester. Das Abstrahlzentrum sitzt genau zwischen Waveguide und Tieftöner, weswegen dieser Bereich mindestens auf Ohrhöhe sitzen sollte. Da der Hochtöner durch den Waveguide stark richtet, schaden einige zusätzliche Zentimeter in der Höhe auch nicht. Es lohnt sich in jedem Fall, hier ausführlicher zu testen, das Potential für Verbesserungen ist nicht unerheblich.
Auch die S400 preist Mads Buchardt auf seine betont zurückhaltende Art als reinen High-End-Lautsprecher mit den Abmaßen eines Schuhkartons, aber dem Bass einer ausgewachsenen Standbox. Am besten gefällt mir ein Satz aus der Produktbeschreibung: „Um das klar zu machen: Das ist nicht irgendein kleiner Hifi-Monitor, der nur gut klingt, wenn kleine Mädchen singen und dazu auf ihrer Gitarre spielen.“ Irgendwie stellt sich mir die Frage, wie der Hersteller mit dieser Marketingstrategie jemals einen Standlautsprecher vermarkten möchte. Aber vielleicht hat er das ja gar nicht vor. Nach den Erfahrungen mit dem kleineren Modell wird die Buchardt Audio S400 nach dem Auspacken und Platzieren auf den Ständern erst mal angeschlossen und leise mit Musik zurückgelassen. Das schnieke Lautsprecherterminal mit sehr hochwertigen Polklemmen gibt es im Rahmen eines Upgrades übrigens jetzt auch an den S300 Mk II. Der Hersteller empfiehlt eine Einspielzeit von 50 bis 100 Stunden, und nach meinen Erfahrungen brauchen die Lautsprecher von SB Acoustics durchaus eine Weile, bis sie ganz da sind.
Und tatsächlich tut sich mal wieder einiges, besonders in der Abbildungsschärfe legen die S400 noch ordentlich zu. Und natürlich fühlt man den Lautsprechern nach den ganzen Ankündigungen erst einmal mit schwerer Kost auf den Zahn. Electronic mit „Smitten“ von Inga Copeland hämmert schon manisch tief vor sich hin, um dann auch noch von einem bösen Synth-Bass unterlegt zu werden. Und da man solche Musik nur laut hören kann, wird gleich mal geguckt, ob die Chassis wirklich so viel Hub machen können. Die einzelnen synthetischen Bassschläge kommen mit Wucht und Nachdruck, wie ich es an sich tatsächlich nur von wesentlich größeren Lautsprechern gewohnt bin. Aber das ist nicht alles. Der Tieftonbereich bleibt dabei absolut fest, ohne das bei Bassreflexlautsprechern fast immer vorhandene Nachschwingen. Erinnert mich an geregelte aktive Bässe oder eher an geschlossene Lautsprecher, die vor dem für das Gehäuse an sich zu großen Tieftöner einen zusätzlichen Hochpasskondensator haben, der den Bassbereich ausdehnt. Nur begrenzen solche Konstruktionen bei höheren Lautstärken recht schnell, was die S400 definitiv nicht macht. Selbst bei sehr hohen Pegeln bleibt sie auch von heftigsten Bassattacken und Dynamiksprüngen komplett unbeeindruckt und sauber. Das ist nun doch etwas unerwartet, selbst wenn man die in dem Bereich sicher nicht ausgemergelt spielende kleine Schwester kennt. Dazu kommt, dass es keine Überhöhung im Oberbass gibt. Zwischen 50 – 80 Hertz sind die Buchardt voll auf der Höhe und produzieren so richtig Druck, verschmieren aber darüber eben auch nichts. Nun besteht Musik ja nicht nur aus Bass.
„Romance“ von Beth Gibbons, Sängerin von Portishead und Rustin Man, Bassist von Talk Talk, zusammen auf out of season. Gibbons‘ Stimme vor Bass, Bläsern und Streichern mit Hintergrundchor. Das projizieren die Buchardt sehr präzise und plastisch in den Raum, setzen die Hallfahnen der Hintergundsänger ab. Die Bläser intonieren genau richtig, viele feine Dynamiksprünge machen den langsamen Song zum Genuss. Gibbons‘ immer etwas brüchige Stimme kommt ungewohnt facettenreich daher. Überhaupt gibt es kein Fragezeichen, wie jetzt was wo passiert und vor allem nicht warum. Es wohnt den Buchardt eine große Selbstverständlichkeit inne, da sie ihre Abbildungsschärfe nie einbüßen, dabei aber nicht nur Strukturen, sondern auch Körper frei im akustischen Rund verteilen. Wie schon oft bei Lautsprechern mit Waveguide im Hochton beobachtet, läuft der abgebildete Raum nicht automatisch bis unter die Decke, oder weit über die Ränder links und rechts hinaus, sondern orientiert sich an der Aufnahme. Große Kuppel bei Arvo Pärt? Vorhanden. Weiter Raum bei trockener Studioaufnahme? Fehlanzeige. Man könnte die S400 durchaus als Monitor verwenden. Als sehr ausgeglichen ohne Ausreißer kann man sie beschreiben. Lediglich im Hochtonbereich scheinen sie mir im Pegel manchmal etwas reduziert. Dabei bleibt dieser Bereich aber immer sauber neutral. Besser so, als wenn sie einem die Ohren zersetzen.
Um eine Einordnung vorzunehmen, sei gesagt, dass die Buchardt Audio keine „lieben“ Lautsprecher sind. Sie zerlegen zwar die Musik nicht in alle Einzelteile, machen aus einer kalten Aufnahme aber auch keine Wohlfühloase, dafür sind sie einfach zu genau. Ich habe im Netz bei den Beschreibungen oft gelesen, dass die Buchardt den neuen glücklichen Besitzer „weggeblasen“ haben und so „groß“ klingen. Stimmt ja alles, aber machen solche Attribute diesen Lautsprecher wirklich aus? Nein, das kann ja nicht alles sein. Und da kommt mir der vierte Satz (Allegro Poco Mos) der „Cellosonate in A-Dur“ von Cesar Franck gespielt von Martha Argerich und Mischa Maisky gerade recht. An sich wunderschön und gefällig am Anfang wird die Aufnahme hundsgemein. Extrem dynamisch und richtig druckvoll habe ich schon hoch angesehene und auch sehr teure Lautsprecher räumlich auseinanderfallen und ins Dröhnen gehen gehört, wenn das Cello ins Tutti geht und Frau Argerich so richtig in die Tasten haut. Da der Satz sehr leise anfängt, dreht man am Anfang eigentlich immer zu weit auf und macht dann irgendwann instinktiv leiser. Die Buchardt Audio S400 lassen beide Instrumente unabhängig vom Pegel an ihren Plätzen, gehen jeden harten Klavieranschlag inklusive Resonanz mit, ohne aufzuweichen, und auch das Cello darf den ganzen Körper in den Raum werfen, ohne den Anstrich einzubüßen. Dabei kommen Druck und Volumen, ohne das Gebilde auseinanderfallen zu lassen und eben ohne lästig zu werden. Der nicht besonders große Raum bleibt stabil, die Instrumente plastisch voneinander getrennt ohne Verdeckungseffekte. Mit den Buchardt hat man in diesen Fall nicht leiser gedreht und möchte den beiden Musikern nach dem letzten Ausklang am liebsten applaudieren.
STATEMENT
Monitor? Audiophiles Kabinettstückchen? Fullrangelautsprecher? Universaltalent? Klassik? Jazz? Pop? Ja!
Gehört mit
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CD-Laufwerk | Denon DCD-1290, Technics SL-P471A |
Wandler/Streamer | Phonosophie DAC1, Audioquest Beetle, Lindemann Limetree Network |
Verstärker | Creek 5350 SE, Thorhauge ST.ONE, Rotel RB-980BX |
Lautsprecher | PMC Twenty5 .22, Dynaudio Evoque 30 |
Kabel | Wireworld, Funk-Tonstudiotechnik, Supra Cable, Audioquest, Sommer Cable |
Zubehör | Apollo Stands |
Herstellerangaben
Buchardt Audio S400
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Lautsprecher – Typ | 2-Wege Kompaktlautsprecher mit Passivmembran |
Hochtöner | 19mm spezialgewebtes Textil mit CDC-Wellenleiter aus Aluminium |
Tiefmitteltöner | 150-mm-Aluminum-Tiefmitteltöner mit Auflösungsoptimierung |
Passivmembran | 125x200 mm Langhub-Tieftöner |
Frequenzgang (+/- 3dB) | 47 - 40.000 Hz (im Raum: 33 - 40.000 Hz) |
Impedanz | 4 Ohm |
Wirkungsgrad (2,83 V / 1 m) | 88 dB |
Belastbarkeit (Musik / Dauer (IEC 268-5)) | 300 W / 200 W |
Abdeckung | magnetisch, schwarz |
Anschlüsse | vergoldetes Terminal |
Abmessungen (B x H x T) | 180 x 365 x 240 mm |
Gewicht | 9 kg |
Farben | Schwarz Matt, Weiß Matt, Eichen Furnier |
Herstellergarantie | 20 Jahre |
Einspielzeit | 50 - 100 Stunden |
Preis | ab 2000 Euro |