Acoustical Systems' Tonarm Aquilar zeichnet sich ebenso wie das Topmodell Axiom durch die von Dietrich Brakemeier neu entwickelte Uni-Din-Geometrie aus. Ein neues Generator-Prinzip haben die Analog-Spezialisten aus Bayern nun nicht erfunden, zeigen mit dem Tonabnehmer The Palladian aber, wie weit man mit der geschickten Kombination bekannter Lösungen klanglich kommen kann
Bei seiner Besprechung vor einigen Monaten überzeugte der Aquilar mit seiner Geometrie und seinen enormen klanglichen Fähigkeiten und machte auf weitere Produkte der kleinen Manufaktur neugierig. Dabei denke ich keinesfalls an das Laufwerk Apolyt – ein auf der High End erstmals vorgestelltes Analogmonument mit einem Preis im gar nicht mal so niedrigen sechsstelligen Bereich: Da stellt sich allein schon aus logistischen Gründen die Beschäftigung mit The Palladian viel verlockender dar – und so feiert Acoustical Systems' Tonabnehmer-Topmodell in Hifistatatement seine Weltpremiere.
The Palladian ist eine Weiterentwicklung des Aiwon, wobei es Dietrich Brakemeier vor allem darum ging, dem Live-Eindruck von Musik noch näher zu kommen – oder etwas prosaischer ausgedrückt: die dynamischen Fähigkeiten und die anspringende Unmittelbarkeit des Tonabnehmers weiter zu verbessern. Dazu wurde der Nadelträger ein Stückchen verkürzt, was die bewegte Masse verringert, und auch der Spanndraht geändert. Der Nadelträger des Palladian besteht übrigens wie bei allen Acoustical-Systems-Abtastern ganz klassisch aus getempertem Aluminum, das hier allerdings mit C37-Lack behandelt wurde. Bei Nadelträgern aus härteren Materialien wie Bor, Rubin oder Diamant treten nach den Erfahrungen des Entwicklers Resonanzen im Präsenzbereich auf, die unter anderem zu einer Überbetonung des in jeder Aufnahme mehr oder weniger stark enthaltenen Rauschens führten. Bei Aluminium lägen die Resonanzen in einem tieferen, weniger störenden Frequenzbereich. Zudem würden sie bei den Acoustical-Systems-Tonabnehmern durch den C37-Lack minimiert.
Die beiden Spulen des Palladian bestehen aus je sieben Wicklungen sehr sauerstoffarmen 5N-Silbers – und das ist exakt eine Wicklung mehr als beim Aiwon. Dieses besitzt einen Magneten gleicher Stärke, beim Palladian soll das Feld, in dem sich die Spulen bewegen, jedoch minimal stärker sein, da es gelungen sei, es besser auf diesen Bereich zu fokussieren. Für mich war es erst einmal ein Widerspruch, die bewegte Masse verringern zu wollen und eine Wicklung mehr Draht auf den Spulenträger aufzubringen. Dietrich Brakemeier erklärte darauf angesprochen, dass die beiden zusätzlichen Wicklungen dem Gewicht von nur etwa einem 100-stel Millimeter des Nadelträgers entsprächen, also gegenüber der vorgenommenen Kürzung absolut unerheblich seien.
Natürlich fertigt Acoustical Systems die Generatoren seiner Systeme nicht selbst, sondern lässt sie nach eigenen Vorgaben bei einem renommierten, westeuropäischen Hersteller bauen. Die Nadel stammt allerdings, wie Dietrich Brakemeier anmerkt, nicht aus dem Programm des besagten Herstellers, sondern werde in Deutschland zugekauft und diesem dann zugeliefert. Man habe sich für einen sehr glatt polierten Q4-Shibata-EVO-Schliff entschieden, wie er früher in Quadro-tauglichen Tonabnehmern verwendet wurde. Zwar finde man heute keine 40-Kilohertz-Töne mehr im Programmmaterial, die weit ausgedehnte Höhenabtastfähigkeit wirke sich aber beispielsweise auch im oberen Frequenzbereich von Frauenstimmen sehr positiv aus.
Die nach Acoustical-Systems-Spezifikationen gefertigten Generatoren werden dann in Bayern mit den Gehäusen „vermählt“. Der Korpus besteht aus gehämmertem TIMET TIMETAL® 1100, einer Titanlegierung mit der Bezeichnung „Ti-6Al-2.7Sn-4Zr-0.4Mo-0.45Si“. Die Oberflächenbehandlung verändert nicht nur die Form – es gibt deutlich weniger parallele Flächen –, sondern auch die innere Struktur des Material, so dass sich Resonanzen weniger stark ausbreiten können als in Körpern mit parallelen Flächen und einer durchgängigen Kristallgitterstruktur. Der Generator wird an drei Stellen mit einem Epoxidharz-Kleber im Gehäuse befestigt. An vier Punkten bedämpft Dietrich Brakemeier die Gehäuse/Generator-Kombination mit zwei unterschiedlichen Polymeren. Natürlich bekommt der Tonabnehmer dann noch eine repräsentative Verpackung inklusive ein wenig Zubehör, wie die drei unterschiedlich langen Messingschraubenpaare, die wegen ihrer Schallleitfähigkeit ausgewählt wurden.
Da der Acoustical-Systems-Tonarm noch immer auf der entfernteren Position meines LaGrange montiert ist, er für The Palladian gewiss einer der best möglichen Spielpartner sein dürfte und wohl niemand diesen Arm besser einstellen kann als sein Entwickler, bat ich diesen, den Abtaster zu installieren. Trotz der vielfältigen Justage-Möglichkeiten des Aquilar konnte ich mir da schon nach kurzer Zeit sicher sein, dass Acoustical Systems' neues Spitzenmodell auf meinem Laufwerk perfekt eingestellt ist. Nach ein paar Test-Stücken Dietrich Brakemeiers hörten wir dann noch gemeinsam einige wenige aus meinem Fundus, aber nicht, um den Tonabnehmer zu bewerten, sondern nur, um vielleicht gegenseitig eine paar neue, aufschlussreiche Songs kennenzulernen. Für eine kritische Bewertung hat The Palladian einfach noch zu wenig Betriebsstunden gesammelt. Zum Einspielen nahm ich mal wieder Keith Jarretts Solo-Alben Sun Bear Concerts und Bremen/Lausanne. Und schon hier drängte sich der Eindruck auf, dass das Palladian ausgesprochen offen und weiträumig musiziert.
Ich gebe gern zu, dass ich in letzter Zeit wegen der vielfältigen Neuerungen in Sachen digitaler Wiedergabe meine Plattensammlung ein wenig vernachlässigt hatte. Als ich dann eines Abends Zakir Hussains großartiges ECM-Album Making Music hörte, wurde mir erschreckend klar, was ich in letzter Zei versäumt hatte: Die Flöten Hariprasad Chaurasias, John McLaughlin akustische Gitarre, Jan Garbareks Saxophon und Zakir Hussains Perkussion erklangen so dynamisch und ansatzlos, wie ich Instrumente zuvor nur von einigen audiophilen Produktionen wie etwa alten Direktschnitten gehört hatte. Klangfarben und Transienten kamen dem Live-Eindruck in einem Club, wo wie im Neuburger Birdland unverstärkt musiziert wird, schon ungemein nahe. Und die Ablösung des Schalls von den Lautsprechern gelang so überzeugend, dass auch die räumliche Darstellung sehr realistisch wirkte. Acoustical Systems' Arm-System-Kombination hat ganz gewiss ihren Anteil an all dem, noch ist es aber zu früh, ihr allein die Meriten für diese fantastische Vorstellung zuzusprechen. Wie gesagt, habe ich lange Zeit wenig Schallplatten gehört. Inzwischen hat sich im Hörraum aber einiges getan: Momentan beanspruchen die Kaiser Acoustics Kawero! Classic den Platz der LumenWhite, einige erfolgreiche Tuning-Maßnahmen von Harmonix verbessern den Klang im Raum und die grandiosen PS Audio BHK Signature sorgen für die nötige Leistung.
Bevor ich jetzt aber das Palladian mit dem ebenso lebendigen wie opulenten Transrotor JR Tamino im Thales Symlicity II vergleiche, um den Anteil der Acoustical-Systems-Komponenten am gerade beschriebenen großartigen Musikerlebnis einschätzen zu können, experimentiere ich ein wenig mit verschiedenen Abschlussimpedanzen. Bisher lief The Palladian an 85 Ohm, an denen ich zuvor das Lyra Etna betrieben hatte. Damit hatte ich die Empfehlung des Herstellers – 100 bis 200 Ohm – schon ein wenig großzügig ausgelegt. Allerdings bewegt sich die auch im oberen Bereich der üblichen Faustformel und darüber hinaus, nach der der Abschlusswiderstand das zehn- bis 20-fache des Innenwiderstands des Generators betragen soll: Das wären bei den angegebenen fünf Ohm also 50 bis 100 Ohm. Für Einsteins symmetrische Phonostufe „The Turntable's Choice“ stehen mir Stecker für 40, 85, 150 und 300 Ohm zur Verfügung. Entgegen Acoustical Systems' Empfehlung probiere ich statt der bisherigen 85 nun auch einmal 40 Ohm: Aber das ist keine gute Idee, denn daran wirkt die Wiedergabe von Dick Schorys „Buck Dance“ vom Album Bang, Baaroom and Harp vergleichsweise gebremst und weniger luftig. Auch die Darstellung in Tiefe und Raumhöhe erscheint ein Stück weit eingeschränkt.
Da versuche ich es lieber einmal mit dem anderen Extrem, in diesem Fall mit 300 Ohm – und das ist deutlich besser. Es öffnet sich ein riesiger Raum, die Musiker sprühen vor Spielfreude: Das ist ganz großes Kino, aber tonal auch ein wenig auf der hellen Seite. Bei der Hälfte der Lastimpedanz werden die Klangfarben dann wieder etwas satter, das Engagement des New Perkussion Ensembles erreicht dasselbe Niveau wie zuvor und die Abbildung wirkt ungemein glaubhaft – wenn auch nicht ganz so spektakulär wie mit 300 Ohm. Weil mich The Palladian ja schon beim Versuch mit 85 Ohm so sehr für sich eingenommen hat, versuche ich es auch mit diesen Wert noch einmal. Damit nähert sich der Klang aber zu sehr dem an, wie er sich in noch etwas extremerer Ausprägung bei 40 Ohm darstellte. Für das Palladian sind an der Einstein-Phonostufe – die ideale Abschlussimpedanz hängt auch recht stark von der Schaltung der Eingangsstufe des Entzerrervorstärkers ab – für meinen Geschmack in meiner Kette 150 Ohm der Lastwiderstand der Wahl. Natürlich habe ich noch einmal überprüft, wie sich der nun gewählte Abschlusswiderstand auf die Wiedergabe von Making Music auswirkt: Die Unmittelbarkeit der Einsätze von Gitarre und Saxophon beeindruckt nun noch eine Spur mehr, das Soprano Jan Garbareks kommt einen Hauch schneidender rüber und der Raum wirkt noch ein wenig luftiger.
Dass The Palladian in allen bekannten Hifi-Disziplinen Bestleistungen vollbringt und in Sachen Direktheit und Live-Charakter Herausragendes bietet, dürfe inzwischen klar geworden sein. Aber bei allen bisher gehörten Scheiben hat sich erst unterschwellig, dann immer bewusster eine Erfahrung festgesetzt: Selbst bei wildestem musikalischen Geschehen, in Fortissimo-Passagen oder bei brutalen Impulsen wirkt das Palladian völlig souverän. Sie kennen wahrscheinlich auch den Eindruck, dass der oder andere Tonabnehmer eine kritische Stelle zwar noch verzerrungsfrei abtastet, einen aber das Gefühl beschleicht, mehr dürfe es nun wirklich nicht sein, wenn die Wiedergabe stressfrei bleiben soll. Das Palladian lässt Befürchtungen dieser Art erst gar nicht aufkommen. Es ist einfach immer Herr der Lage – und deswegen kann man selbst heftigste musikalische Attacken mit voller Intensität, aber dennoch völlig entspannt genießen: großartig!
Nach der Entscheidung für die Abschlussimpedanz habe ich dem Palladian noch einige Alben Einspielzeit gegönnt und dann einige Tage später das lange nicht benutzte JR Tamino mit zwei Plattenseiten aus seinem Dornröschenschlaf geweckt. Vor Monaten hatte ich mich hier für die niedrigere Abschlussvariante mit 40 Ohm entschieden, da diese die vollmundige, farbstarke Spielweise und die körperhaft plastische Abbildung des Tamino unterstützt. Schon nach ein paar Minuten von Zakir Hussains fantastischem Album steht fest, dass der analoge Zweig meiner Kette nicht nur dank der Acoustical-Systems-Kombination ungemein faszinierend zu Werke geht: Mit dem JR Tamino im Thales schwelgt man genüsslich in schillernden Klängen, mit dem Acoustical-Systems-Duo setzt Making Music einen Hauch mehr Adrenalin frei. Seine Dynamik kommt dem Live-Erlebnis einfach einen Hauch näher. Dabei sei dahingestellt, welchen Anteil am klanglichen Ergebnis das System hat und welchen der Arm mit seinem jeweils nicht austauschbarem Kabel. Für mich kann der Vergleich nur eine Konsequenz haben: Ich werde ab sofort wieder deutlich mehr Schallplatten hören, ganz egal mit welchem dieser beiden extrem hochklassigen Tonabnehmersysteme.
STATEMENT
Acoustical Systems hat mit seinen beiden Tonarmen bewiesen, dass auch heute noch Innovationen auf dem Analogsektor möglich sind. Mit dem Palladian zeigt man nun, dass man das Rad nicht neu erfinden muss, um in der obersten Liga mitzuspielen. Jahrelange analoge Erfahrung ermöglicht es Dietrich Brakemeier, einen Tonabnehmer zu konzipieren, der auf höchstem Niveau agiert und in seiner mitreißenden Unmittelbarkeit dem Live-Erlebnis beeindruckend nahe kommt. Das dynamische Acoustical-System-Duo ist für mich schon jetzt die analoge Entdeckung des Jahres!
Gehört mit
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Plattenspieler | Brinkmann LaGrange mit Röhrennetzteil |
Tonarm | Thales Simplicity, Acoustical Systems Aquilar |
Tonabnehmer | Lyra Etna und Olympos, Transrotor JR Tamino |
Phonostufe | Einstein The Turntable‘s Choice (sym) |
Vorverstärker | Einstein The Preamp |
Endstufe | PS Audio BHK Siganature 300 Amplifier, Ayon Epsilon mit KT150 |
Lautsprecher | Kaiser Acoustics Kawero! Classic, LumenWhite DiamondLight |
Kabel | HMS Gran Finale Jubilee, Swiss Cables Reference Plus, Goebel High End Lacorde |
Zubehör | PS Audio Power Regenerator P5, Clearaudio Matrix, Sun Leiste,Audioplan Powerstar, HMS-Wandsteckdosen, Acapella Basen, Acoustic System Füße und Resonatoren, Finite Elemente Pagode Master Reference Heavy Duty und Cerabase, Harmonix Real Focus und Room Tuning Disks, Audio Exklusiv Silentplugs |
Herstellerangaben
Acoustical Systems The Palladian
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Prinzip | Moving Coil |
Ausgangsspannung | 0,33mV bei 5cm/sek |
Statische Nadelnachgiebigkeit | 16-18mm/N bei 18°C bis 30°C |
Empfohlene Auflagekraft | 17-18mN |
Kanalgleichheit | 0,35dB bei 1kHz |
Kanaltrennung | 32dB |
Frequenzgang | 15Hz bis 32kHz ±2dB |
Nadelschliff | Q4 Shibata EVO |
Innenwiderstand | 5Ω |
Empfohlener Abschlusswiderstand | 100-200Ω |
Gewicht | 11,8g |
Preis | 8800 Euro |
Hersteller
Acoustical Systems
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Anschrift | Axinia Schäfer Alpenstr. 26 86935 Rott |
info@acoustical-systems.com | |
Web | www.acoustical-systems.de |