Knapp anderthalb Jahre ist es her, dass ich hier den TRA 9 vorstellte. Transrotors erste Tonarm-Entwicklung nach fast 50 Jahren intensiver Beschäftigung mit Laufwerken überzeugte derart, dass wir sie gleich mit einem STATEMENT in High Fidelity-Award auszeichneten. Nun stellen die Bergisch-Gladbacher Analogspezialisten den TRA 9 s vor.
Als ich damals Vater und Sohn Räke an ihrem Firmensitz besuchte und sie mir zusammen mit Lars Hornung, der ebenfalls einen beträchtlichen Anteil an der Entstehung des TRA 9 hatte, ihre Kreation vorstellten, war schon klar, dass sie damit den Grundstock für einen Tonarm-Baukasten geschaffen hatten: Die „9“ im Namen ließ vermuten, dass Arme in anderen Längen als die 9-Zoll-Variante folgen würden. Darauf werden wir aber noch ein Weilchen warten müssen, wie die Präsentation der s-Version jetzt klar machte. Die günstigste, mattschwarze Ausführung des TRA 9 kostet inzwischen 4.900 Euro, so dass zwischen diesem und Transrotors modifizierten Rega-Armen qualitativ – und preislich –eine recht große Lücke klafft. Die schließt nun zum Teil der TRA 9 s, der 1.150 Euro günstiger ist als das große Modell. Am reichhaltigen Zubehör wurde schon mal so gut wie nicht gespart: Im gleichen robusten Transportkoffer befindet sich unter anderem weiterhin eine aufwendig gefertigte Lehre für den Abstand von der Mittelachse zum Montagepunkt des Tonarms, ein Parallelogramm zur waagerechten Justierung des Arms und zur Einstellung des Azimut sowie eine elektrische Tonarmwaage. Lediglich die Spitzzange zum Montieren der Systemstecker wurde durch eine Pinzette ersetzt. Auch die beiden Armaufnahmen gehören immer noch zum Lieferumfang: eine runde, für die nur eine große Bohrung sowie drei Gewinde in einem Lochkranz auf dem Laufwerk notwendig sind, und die andere zur Montage auf einem Langloch, das für die früher von Transrotor in Deutschland vertriebenen Arme so charakteristisch war.
Die augenfälligsten Unterschiede zwischen den beiden Transrotor-Armen sind erstens das Armrohr, das bei der s-Version aus einen Stück mit konstantem Durchmesser besteht, während es beim „großen“ Arm zur Resonanzminderung aus zwei Abschnitten besteht, wobei einer konisch zuläuft. Der Lagerblock wurde dem Rohr entsprechend angepasst und sieht ein wenig anders aus, ist aber ähnlich massiv wie beim zuerst vorgestellten Arm. Zweitens wurde das Gegengewicht des neuen Modells weniger aufwendig gestaltet, ist aber natürlich dennoch dank verschiedener Zusatzringe so an die Masse des Tonabnehmers anpassbar, dass es sich immer recht nah am Lagerpunkt justieren lässt. Drittens ist das Kabel vom Arm zur Phonostufe nun fest montiert, was ja Übergangswiderstände durch die Stecker vermeidet und daher kein Nachteil sein muss. Transrotor setzt auf hochwertige van-den-Hul-Kabel, beim s-Arm ist es das M.C. D-502 statt des D-501. Das war es dann auch schon mit den Sparmaßnahmen: Bei beiden Armen wird die Antiskating-Kraft magnetisch erzeugt und über eine Schraube eingestellt. In den Bohrungen der Armaufnahmen befindet sich in beiden Fällen eine geschlitzte Kunststoffhülse, die mit zwei Inbusschrauben an den Arm gedrückt wird. Diese gewährleisten eine Resonanzunterbrechung zwischen Arm und Basis, und zudem wird der Armschaft bei der Höheneinstellung nicht durch die Schrauben beschädigt. Keine Angst, ich werde jetzt nicht en détail wiederholen, was ich schon im Artikel über den TRA 9 geschrieben habe.
Allerdings erlaube ich mir, noch einmal zu schildern, welche Sorgfalt man sich bei Transrotor allein bei der Montage der Lager gibt. Um die japanischen Stahllager für die horizontale und die Keramiklager für die vertikale Bewegung, die die Anforderungen – extrem geringe Losbrechkräfte und sehr geringes Spiel – am besten erfüllen sollen, möglichst spielfrei zu bekommen, verspannt man sie gegeneinander. Wie Jochen Räke damals erklärte, säßen die dabei zuerst verwendeten Standardmuttern jedoch nicht in einem exakten 90-Gradwinkel auf der Achse, so dass sie die Lager ungleichmäßigen Kräften aussetzten. Daher drehe man für diese Anwendung Spezialmuttern, die wirklich einen 90-Grad-Winkel mit der Achse bildeten. Aber wenn man diese mit einer zweiten Mutter kontere, würde dabei die zuvor penibel eingestellte Spannung leicht verändert. Daher habe man sich dazu entschlossen, die mit dem gewünschten Druck angezogenen Spezialmuttern mit Siegellack statt einer zweiten Mutter zu sichern. Von soviel Liebe zum Detail und mechanischer Präzision profitiert natürlich auch der TRA 9 s.
Wenn man den TRA 9 kennt und schon einige Male verschiedene Tonabnehmer darin justiert hat, ist der Aufbau des neuen Modells kein Problem. Ich verwende die Armaufnahme für ein Langloch und fädele das Tonarmkabel durch die seitliche Öffnung der Basis, durch die sonst auch das Kabel mit dem Tonarm-Stecker geführt wird. Das ist problemlos möglich, da das van-den-Hul-D-502 ausreichend flexibel ist. Allerdings wird der Arm bei der Höhenjustage dadurch in seiner Bewegungsfreiheit eingeschränkt und senkt sich nicht von selbst, wenn man die beiden Gewindestangen für die Höheneinstellung entsprechend herausdreht. Nachdem ich das erkannt hatte, führte ich das Kabel unten statt seitlich aus der Basis heraus und der TRA 9 s ließ sich mithilfe der beiden Gewindestangen genauso komfortabel einstellen wie der Arm mit dem DIN-Stecker und dem separaten Tonarmkabel. Bei der Einstellung des Überhangs mit der Dennesen-Schablone, bei der der Drehpunkt des Arm ein wichtiger Bezugspunkt ist, offenbarte sich dann noch eine kleine Änderung gegenüber dem TRA 9: Bei diesem wird der Punkt durch das Aufsetzen einer aus dem 3-D-Drucker stammenden Kunststoffbrücke mit entsprechender Vertiefung auf den massiven Lagerblock markiert. Beim s-Modell gibt es eine kleine Vertiefung direkt im Lagerblock: die einfachere und vielleicht sogar noch präzisere Lösung.
Auch wenn Transrotors Tamino, das übrigens von MY Sonic Lab gefertigt wird, noch immer einer meiner Lieblingstonabnehmer ist und sich im TRA 9 nahezu ebenso wohlfühlte wie in Einsteins The Tonearm 12“, verzichte ich darauf, es in die s-Version zu montieren: Wer sich diesen Traum-Tonabnehmer zum fünfstelligen Preis leistet, wird gewiss Transrotors bisher besten Tonarm dazu wählen. Wie schon im Bericht über den TRA 09 erwähnt, braucht man sich dann über den Preisunterschied zwischen Abtaster und Arm keine Gedanken zu machen: Der TRA 9 ist dem Tamino ein wirklich adäquater Spielpartner. Für das s-Modell habe ich Einsteins The Pickup ausgewählt. Dass diese beiden hervorragend harmonieren, zeigt sich schon bei der ersten Platte, die auf dem Teller des Brinkmann LaGrange liegt: Art Farmer und Jim Halls Big Blues. Erstaunlich, mit wie viel Druck die Bass Drum erklingt, wie dynamisch die Trompete einsetzt und wie viel Luft die Instrumente umgibt – obwohl das Tonarmkabel noch gar keine Betriebsstunden sammeln konnte.
So 20, 25 Plattenseiten später höre ich dann wieder ein wenig genauer hin, da ich einige lange nicht beachtete ECM-Alben von John Surman zum Einspielen herausgesucht habe. Des Saxophon, Bassklarinette und Synthesizer spielenden Engländers Duo-Album mit Jack DeJohnette, The Amazing Adventures Of Simon Simon, betört mit einer luftigen Abbildung und vollen, strahlenden Klangfarben, nicht zuletzt weil der Schlagzeuger auf einem der Titel auch ein Fender Rhodes einsetzt. „The Pilgrims Way“ versetzt den Zuhörer in einen riesigen imaginären Raum. Grund dafür ist die ECM-typische Unsitte, Perkussionsinstrumente – meist Becken, hier aber Congas – ganz extrem auf den rechten und linken Kanal mixen zu lassen. John Surmans Saxophon erklingt plastisch zwischen den Trommeln: nicht realitätsnah, aber nett spektakulär. Das erste Stück des Solo-Albums Upon Reflection beginnt mit einer beständig repetierten kurzen Synthy-Melodie auf der rechten Seite, die aber von links ganz leicht widerhallt. Dann setzt links das Baritonsaxophon ein, wieder rechts kommt die Bassklarinette hinzu, ein weiteres Saxophon füllt die Mitte und Keyboard-Linien verdichten das Klangbild weiter. Dank der feinen und präzise Auflösung von Arm und System lässt sich das Spiel auf jedem einzelnen der Instrumente leicht verfolgen. Die teils heftigen Einsätze der Blasinstrumente verströmen jede Menge Energie, kippen aber nie ins Aggressive: So wird die Scheibe aus dem Jahr 1979 zum Genuss. Das gilt auch ganz besonders für „Beyond A Shadow“, wo das Sopransaxophon über extrem tiefen, aber bestens definierten Synthy-Flächen und dunklen Bläser-Sounds brilliert: wirklich beeindruckend!
Schon mit Big Blues und den Surman-Alben macht der TRA 9 s klar, dass er der enormen Spielfreude von Einsteins The Pickup nicht im mindesten im Wege steht. Erfreulicherweise fügt er dem Klang hier auch keine eigene Färbung hinzu. Tiefbassfähigkeit und eine sehr gute Durchzeichnung stehen ebenfalls schon jetzt außer Frage. Aber ich sollte dem Arm noch einige Stündchen Zeit geben, um dann noch einmal genau hinzuhören. Doch auch jetzt ist das Classic-Records-Reissue von Richard Strauss' Also sprach Zarathustra in der Einspielung des Chicago Symphony Orchestra unter Fritz Reiner mal wieder eine Freude: Die extrem tiefen Töne der Orgel habe ich noch nie so druckvoll und definiert gehört – woran gewiss auch die Børresen 05 SSE ihren Anteil haben dürften –, die Pauken und die Blechbläser setzen darüber dynamische Akzente und vermitteln eine Vorstellung von der Größe des Aufnahmeraumes. Anders als bei der Wiedergabe von der Festplatte bleibt es diesmal aber nicht beim Anspielen der spektakulären Eingangssequenz: Die erste Plattenseite lasse ich bis zum Schluss durchlaufen. Brinkmann, Transotor und Einstein entlocken der Scheibe einfach das gewisse Etwas, das das Interesse an der Musik wachhält.
Beim Einspielen der Kabel des TRA 9 hatte ich Karl Seglems Album Nordic Balm auf Ozella Music, entdeckt, es dann aber nicht mehr gespielt, was sich jetzt ändert: Über die im Tieftonbereich alles andere als zurückhaltenden Børresen kommen die Bass Drum und Sigurd Holes Viersaiter so fett rüber, dass es nur deshalb nicht zu viel des Guten wird, weil Einsteins Pickup und Transrotors s-Klasse die Bässe bestens definiert und sehr sauber reproduzieren. So kann man sich von recht hohen niederfrequenten Wellen umspülen lassen und dennoch Andreas Ulvos dynamischen Piano-Linien leicht folgen oder Karl Seglems melodiöses Spiel genießen, das auch in schnelleren Stücken wie „Eldblome“ stets seinen warmen Ton ohne Schärfe und Rauigkeiten behält. Beim leicht euphonischen Mastering dürften wohl einschmeichelnde, volle Klangfarben und eine recht dichte Atmosphäre gegenüber einer ausladenden Raumillusion den Vorzug bekommen haben: ein Sound, zum Dahinschmelzen!
Bisher hatte ich vergessen zu erwähnen, dass sich der TRA 9 mit und ohne s in puncto effektive Masse so gut wie nicht unterscheiden, weshalb ich davon ausgehen kann, dass auch der neue – zumindest wenn es um die Resonanzfrequenz geht – mit den Tonabnehmern harmoniert, die ich im Test des ersten Transrotor-Arm ausprobiert habe. Deswegen werde ich jetzt noch das Lyra Etna in den TRA 9 s einbauen. Danach hat es dann gemeinsam mit dem TRA 9 noch einen kurzen Auftritt. Für den anstehenden Vergleich mache ich es mir leicht und lege Keith Jarretts Standards, Vol. 1 auf – und bin völlig baff: Ich habe in letzter Zeit häufig das HiRes-File gehört. Aber der Lebendigkeit, Detailfülle und Feinzeichnung, mit der einen die schon etwas mitgenommene Scheibe, Etna, TRA 9 s und der analoge Rest hier verwöhnen, kommt die Datei allerhöchstens nahe, wenn in der digitalen Kette wirklich alles auf den Punkt spielt und – um einen ketzerischen Gedanken nicht zu verschweigen – auch der Waversa WLAN-Isolator-EXT-Reference mit von der Partie ist, für den eine etwas größere Investition nötig ist als für den TRA 9 s. Nein, nein, ich werde die unsägliche Analog-Digital-Diskussion nicht neu beleben …
Ich höre lieber noch dreimal Dick Schorys „Buck Dance“, freue mich über eine tiefe und breite Bühne, jede Menge Spielfreude, eine tolle Basswiedergabe und ein farbiges Klangbild und mache mich dann daran, das Etna aus dem s-Modell aus- und in den TRA 9 einzubauen. Obwohl das bei einiger Sorgfalt schon ein wenig dauert, ist das Ergebnis eindeutig: Die beiden Arme unterscheiden sich klanglich nur in Nuancen – zugunsten des Neuners ohne s. Hier genießt man noch eine minimal tiefere Bühne, einen Tick mehr Dynamik und einen schwärzeren Hintergrund. Bisher bleibt die firmeninterne Hierarchie gewahrt. Aber da ist ja noch Keith Jarretts „God Bless The Child“: Und hier fallen mir eindeutige Aussagen schon schwerer. Ich meine, die Intensität einzelner Anschläge variiert hier noch ausgeprägter, dynamische Kontraste werden noch ein klein wenig stärker herausgearbeitet. Was den Groove und die Spielfreude des Trios angeht, tun die beiden Arme sich aber rein gar nichts!
STATEMENT
Wie nach dem Erstlingswerk und bei der jahrzehntelangen Analog-Erfahrung Transrotors nicht anders zu erwarten, überzeugt auch der TRA 9 s auf ganzer Linie. Erst im direkten Vergleich kann der TRA 9 seinen höheren Preis klanglich rechtfertigen. Oder anders formuliert: Ohne den Vergleich wird man auch mit dem TRA 9 s wunschlos glücklich!
Gehört mit
|
|
---|---|
Laufwerk | Brinkmann LaGrange mit Röhrennetzteil |
Tonarm | Einstein The Tonearm 12“ |
Tonabnehmer | Transrotor Tamino, Einstein The Pickup, Lyra Etna |
Phonostufe | Einstein The Turntable‘s Choice (sym) |
Vorstufe | Audio Exklusive P7 |
Endstufe | Einstein The Poweramp |
Lautsprecher | Børresen 05 SSE |
Kabel | Goebel High End Lacorde Statement, Audioquest Dragon HC und Tornado (HC), Audioquest Dragon ZERO und XLR, Forcelines, Ansuz Mainz D2 |
Zubehör | AHP Klangmodul IV G, Audioquest Niagara 5000 und 1200, Synergistic Research Active Ground Block SE, HMS-Wandsteckdosen, Blockaudio C-Lock Lite, Acapella Basen, Acoustic System Füße und Resonatoren, Artesania Audio Exoteryc, SSC Big Magic Base, Harmonix Room Tuning Disks, Audio Exklusiv Silentplugs, Ansuz Sparks, Darkz Z2S, PowerBox D-TC SUPREME |
Herstellerangaben
Transrotor TRA 9 s
|
|
---|---|
Effektive Länge | 232,8mm, circa 9“ |
Tonarmdistanz | Mitte Teller bis Tonarmdrehpunkt 215mm |
Überhang | 17,8mm |
Kröpfung | 23,66º |
Nullpunkt Innen | 66mm |
Nullpunkt Außen | 121mm |
Effektive Masse | 18g (mittelschwer) |
Anschlusskabel | fest verdrahtet, Länge ca.130cm, van den Hul M.C. D 502 |
Lieferumfang | Tonarm 2 Montagebasen 4 Inbusschlüssel 2 Höhenjustierschrauben Elektrische Tonarmwaage Parallelogramm zu waagerechten Justierung Lehre für den Abstand, Mittelachse Tonarm Stahlmaß 30cm Pinzette zum Montieren der Systemstecker 2 Ergänzungsgewichte für Gegengewicht diverse Schrauben |
Preise | 3750 Euro Ausführung schwarz matt |
Hersteller/Vertrieb
Räke HIFI Vertrieb GmbH
| |
---|---|
Anschrift | Irlenfelder Weg 43 51467 Bergisch Gladbach |
Telefon | +49 2202 31046 |
transrotorhifi@t-online.de | |
Web | www.transrotor.de |