Roland Dietl beschäftigte sich mit den Vollverstärkern von Bakoon und Enleum und beschrieb die Beziehungen zwischen den beiden Marken. Seine enorm positiven Erfahrungen mit den Fähigkeiten des Kopfhörer-Ausgangs des AMP-23R lassen jede Menge Spaß mit Enleums zweitem eigenen Produkt, dem reinem Kopfhörerverstärker HPA-23RM erwarten.
Enleum – der Name setzt sich übrigens aus „Enlightenment“ (Erleuchtung) und „eum“, was auf Koreanisch soviel wie „Sound“ bedeutet, zusammen – ging aus Bakoon International in Seoul hervor. Firmengründer war in beiden Fällen Soo In Chae, der seit 2009 mit Aakira Nagai zusammenarbeitete. Dieser war bereits 1991 für die Bakoon Products Company in Japan tätig und entwickelte die Satri-Schaltung, die von Soo In Chae und seinem Team zum Ensence-Modul weiterentwickelt wurde, das im Eingang des AMP-23R und des HPA-23RM zum Einsatz kommt. Die vollkommen diskret aufgebaute, sehr schnelle und enorm breitbandige Schaltung kommt ohne Gegenkopplung aus und verstärkt den am Eingang anliegenden Strom statt wie sonst üblich die Spannung. Die Ensence-Module ermöglichen auch die verlustfreie Lautstärkeregelung ohne Potentiometer oder Widerstandsleitern im Signalweg: Das Potentiometer steuert ein Widerstandsnetzwerk mit Halbleiterschaltern, das den Verstärkungsfaktor verändert. Kleiner Nachteil dieser technisch rundum überzeugenden Lösung: Bei sehr leisen Musikpassagen lässt sich beim Verändern des Pegels ein leichtes Geräusch vernehmen. Weiter geht es dann in zwei Ausgangsstufen: Die eine, mit bipolaren Transistoren speist den Stromausgang und stellt damit eine weiterentwickelte Version des Bakoon HPA 21 dar. Die Spannungsverstärker-Ausgangsstufe hinter der 3,5-Millimeter-Klinkenbuchse arbeitet mit MOSFETs und verfügt über eine JET2-Bias-Schaltung, wie sie ähnlich auch im AMP-23R zu finden ist.
Die beiden letzten Buchstaben in der Produktbezeichnung weisen übrigens auf die beiden unterschiedlichen Einsatzbereiche des Kopfhörerverstärkers hin: „R“ steht für Reference, also den bestmöglichen Klang bei stationärem Einsatz mit angeschlossenem Netzteil. Hier beträgt die Ausgangsleistung ein Watt an 30 Ohm. „M“ deutet auf den mobilen Betrieb hin: Die Energie bezieht der HPA-23RM dann aus zwei Lithium-Ionen-Akkus des Typs 18650 mit jeweils 3500 Milliampere-Stunden und einer Spannung von 3,6 Volt. Im „M-Mode“ stellt der Enleum nur die halbe Leistung bereit und soll bis zu fünf Stunden Musikgenuss ermöglichen. Die Spannungsstabilisierung übernehmen extrem rauscharme Regler. Das formschöne, aus dem Vollen gefräste Aluminiumgehäuse dient dem Temperaturmanagement der Ausgangsstufen und bietet auf der Frontseite neben dem versenkt angebrachten Lautstärkeknopf, der Akkuanzeige und den beiden Kopfhörerbuchsen nur noch dem Gain-Schalter Platz. Auf den Seiten finden sich elegant gestaltete Kühlkörper und auf der Rückseite eine USB-C-Buchse für die Stromversorgung, zwei Cinch-und eine Miniklinken-Buchse. Die sind die einzigen Eingangspforten für die zu verstärkenden Signale: Der Enleum HPA-23RM ist ein klassischer Kopfhörerverstärker. Symmetrische Ein- und Ausgänge oder Schnittstellen für Digitales sucht man vergebens. Aber Bakoon respektive Enleum stand schon immer für Individualität statt kurzlebigen Zeitgeist.
Man muss allerdings schon ein ausgesprochener Kopfhörer-Aficionado sein, um unterwegs neben dem Datenspeicher und dem etwas über 700 Gramm schweren Enleum noch einen D/A-Wandler mitzunehmen. Ich sehe den HPA-23RM eher als stationäres Gerät und platziere ihn neben dem SPL Phonitor x auf einer Carbofibre°-HD-Basis von Finite Elemente. Das Signal beziehen sie im Wechsel über einen Kabel-Prototyp von Ansuz von den unsymmetrischen Ausgängen des DAVE. Ich beginne mit dem Audeze EL-8 Titanium und Lincoln Goines „Common Threats“ vom Album The Art Of The Bass Choir, das er mit von Titel zu Titel wechselnden Bassisten-Kollegen und hin und wieder mit einem Drummer eingespielt hat: eine wohlige Schwelgerei in tiefen Tönen. Wenn man vom Strom- zum Spannungsausgang wechselt, wird der Klang nüchterner, einen Hauch kälter und minimal heller. Dennoch scheint die einen Tick vollmundiger agierenden Tieftöner eine Spur mehr Luft zu umgeben, wenn der stromverstärkende Zweig des Enleum aktiv ist. Die Unterschiede sind jedoch sehr gering, und „Common Threats“ ebenso wie die meisten anderen Stücke des Albums sind in beiden Verstärkungs-Modi ein Genuss.
Aber ich sollte mich nicht nur auf Tieffrequentes verlassen: Doch bei Malcolm Arnolds „English Dances Set 1, for Orchestra, Op.27-4“ auf Lyrita ist es noch schwieriger, sich für einen der beiden Ausgänge zu entscheiden. Das Klangbild ist wärmer und runder, wenn der Stecker des EL-8 Titanium mit der 6,3-Millimeter-Buchse verbunden ist. Der Spannungsausgang hingegen sorgt für eine minimal bessere Durchzeichnung und ein einen Hauch offeneres Klangbild. Die Musik macht mir in beiden, sich nur marginal voneinander unterscheidenden Varianten Spaß. Allerdings hat der Enleum einen höher auflösenden Schallwandler verdient. Da mein Sendy Audio Peacock gerade nicht verfügbar ist, greife ich zum LCD-X und starte Gina Schwarz' „Chat One“ vom Album Way To Blue: Hier scheinen Kontrabass und tiefe Klarinette in einem ein wenig größeren – und minimal kälteren – Raum zu spielen, wenn der Audeze über einen Adapter mit der 3,5-Millimeter-Klinkenbuchse verbunden ist. Das ein oder andere Griff- oder Klappengeräusch ist deutlicher herauszuhören, die Durchzeichnung gelingt einen Tick feiner. Der Stromausgang verleiht den Instrumenten mehr Volumen und Körper, umgibt sie mit mehr Luft und lässt die Melodien geschmeidiger fließen. In diesem Falle favorisiere ich ganz eindeutig den Stromverstärker.
Zur besseren Einordnung höre ich noch einmal zwei Sätze aus Strawinskys Le Sacre Du Printemps mit dem Bayerischen Rundfunkorchester unter Mariss Jansons: „Evokation of the Ancestors“ und „Action of the Ancestors“. Die Live-Einspielung stellt recht hohe Ansprüche in Sachen Dynamik, Klangfarben, Rhythmik und wegen der Geräusche aus dem Publikum auch Auflösung. Selbst wenn der LCD-X in meiner Beliebtheitsskala ein wenig abgerutscht ist, dürfte er im Zusammenspiel mit dem Enleum gewiss auch Hörer mit hohen Erwartungen zufriedenstellen. Mir gefällt die Kombination jedenfalls ausnehmend gut – und noch einen Hauch besser, wenn der Audeze mit dem Spannungsverstärkungs-Ausgang verbunden ist. Die Durchhörbarkeit ist um eine Nuance höher, das Klangbild wirkt frischer und die Interpretation erscheint noch eine Spur dramatischer. Schön, dass man hier zwei Klangvarianten zur Verfügung hat – ich ziehe je nach Stück und verwendetem Kopfhörer mal die eine, mal die andere vor. Wenn der Enleum schon die Möglichkeit bietet, unabhängig vom Stromnetz betrieben zu werden, sollte ich auch das ausprobieren: Ohne Verbindung zum Steckernetzteil klingt der HPA-23RM für mich keinen Deut schlechter. Wirklich überzeugend!
Kommen wir zu meinem momentanen Lieblingskopfhörer, der in allen Hifi-Kriterien Spitzenleistungen bringt, mich aber besonders dank seiner tonalen Stimmigkeit begeistert, dem Dan Clark Audio Stealth. Weniger erfreut dürfte der Enleum über seinen neuen Spielpartner sein, denn der Stealth besitzt einen sehr niedrigen Wirkungsgrad und verlangt nach kräftigen Verstärkern. Ten Years Afters „Help Me“ vom Album Recorded Live macht schnell klar, dass der Enleum selbst beim Rechtsanschlag des Potis nicht schwächelt. Der erreichbare Pegel ist zumindest für's Langzeithören völlig ausreichend. Aber man kann mit dem Gain-Switch ja noch einen Gang höher schalten: Das macht gerade bei Ten Years After jede Menge Spaß. Das gesamte Album würde ich meinem Gehör mit so viel Druck aber nicht zumuten wollen. Dabei steht das Poti jetzt gerade mal bei ein Uhr. Egal, ob an der Buchse des Spannungs- oder des Stromverstärkers: Der HPA-23RM kann den Leistungshunger des Stealth locker stillen. Übrigens gefiel mir bei diesem Song der Spannungsverstärker-Ausgang ein wenig besser: Hier gab's die für Rock nötige Aggressivität und einen kleinen Schub mehr Dynamik.
Wenden wir uns dem ersten Track von Tord Gustavsens Album Changing Places, „Deep As Love“, zu, das nach subtileren Fähigkeiten verlangt: Noch ist der Dan Clark mit der 3,5-Millimeter-Buchse verbunden, und mir will scheinen, dass ich diese wunderbare Musik noch nie so dynamisch, klangfarbenstark, detailreich und dennoch derart fließend genießen durfte: ein absoluter Hochgenuss! Man glaubt beispielsweise, die Besen auf dem Fell der Snare ebenso genau sehen zu können wie den weichen Schlegel der Fußmaschine, der auf das Fell der Bass Drum trifft. Sobald der Stromverstärker übernimmt, fließt die Melodie noch ein wenig geschmeidiger, das rhythmisch akzentuierte Spiel auf dem Piano hat nichts von seiner Intensität verloren, der Bass kommt mit ein bisschen mehr Wärme und Druck. Dafür treten Details einen halben Schritt aus dem Rampenlicht. Zum Arbeiten ziehe ich den Weg über den Spannungs-, zum träumerischen Genießen den über den Stromverstärker vor. Egal, was dem persönlichen Geschmack näher kommt: Enleum – und Stealth – bewegen sich auf allerhöchstem Niveau!
Weil es so schön ist, bleibe ich beim Tord Gustavsen Trio und dem Dan Clark an der 6,3-MIllimeter-Klinkenbuchse: Die beiden machen deutlich, dass das Schlagzeug und kurz darauf auch der Flügel und der Kontrabass auf „Graceful Touch“ in einem großen, leicht halligen Raum agieren – sei dieser nun real oder virtuell. Die Raumillusion erschafft der Phonitor x ebenso gut. Den Hochtonbereich reproduziert er jedoch nicht mit derselben Geschmeidigkeit. Er geht eine Spur weniger filigran zu Werke – was vielleicht sogar im Hifi-Sinne „richtiger“ sein mag. Verführerischer klingt allemal der Enleum!
STATEMENT
Der HPA-23RM kann jeden noch so anspruchsvollen Kopfhörer völlig unangestrengt treiben, ist aller feinstens verarbeitet, und sein Gehäuse wurde sehr ansprechend gestaltet. Er ist zwar kein Ausstattungswunder, aber seine beiden, sich minimal voneinander unterscheidenden Verstärker stellen ein Alleinstellungsmerkmal dar, das es erlaubt, in einem eng gesetzten Rahmen seinen Wunschklang zu finden. Doch das Wichtigste: Der Enleum hat klanglich das gewisse Etwas!
Gehört mit
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NAS | Melco N1Z/2EX-H60 mit externem Audiaz-Linearnetzteil, WDMyCloud |
Streamer | Auralic G2.1 mit 2TB SSD |
Up-Sampler | Chord Electronics Hugo M-Scaler mit Ferrum Hypsos |
D/A-Wandler | Chord Electronics DAVE mit Linearnetzteil |
LAN-Switch | Ansuz PowerSwitch D-TC Supreme, SOtM sNH-10G |
10-MHz-Clock | SOtM sCLK-OCX10 |
Kopfhörerverstärker | SPL Phonitor |
Kopfhörer | Dan Clark Audio Stealth, Audeze LCD-X und El-8 Titanium |
Kabel | GoAudioquest Dragon HC und Tornado (HC), Ansuz D-TC Supreme und Mainz D2 (2x), Plixir Statement DC |
Zubehör | AHP Klangmodul IV G, Audioquest Niagara 5000 und 1200, Synergistic Research Active Ground Block SE, HMS-Wandsteckdosen, Sun-Leiste, Blockaudio C-Lock Lite, Acoustic System Füße und Resonatoren, Artesania Audio Exoteryc, Finite Elemente Carbofibre° HD, Waversa Isolator-EXT-1, ADOT Medienkonverter (2x) mit Keces P6 und Plixir Elite BDC, Singlemode-Duplex-Lichtwellenleiter, Ansuz Sparks, Darkz Z2S |
Herstellerangaben
Enleum HPA-23RM
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Leistung | 1W (R-Modus) / 500mW (M-Modus) @ 30 Ohm |
Eingang | Cinch und 3,5mm-Miniklinke (analog) |
Ausgang | 6,3mm-Klinkenbuchse (Strom) und 3,5mm-Mini-Klinkenbuchse (Spannung) |
Betriebsdauer | kontinuierlich oder abhängig von der Kapazität der externen Batterie (R-Modus) und bis zu 5 Stunden (M-Modus) |
Abmessungen (B/T/H) | 116/164,5/22mm |
Gewicht | 730g |
Preis | 3570 Euro |
Vertrieb
audioNEXT GmbH
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Anschrift | Isenbergstraße 20 45130 Essen |
Telefon | 0201 5073950 |
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Web | www.audionext.de |