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Norddeutsche HiFi-Tage 2023 – Teil 2

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Erstaunt stelle ich beim Schreiben des Messerberichts für das Jahr 2023 fest, dass das Wetter bereits 2020 am ersten Tag der Messe nicht sonderlich gut gewesen sein muss. Der strömende Regen am letzten Samstag, dem ersten Messetag 2023, konnte sich durchaus mit den Besucherströmen messen. Noch vor 10 Uhr war es bereits beachtlich voll.

Noch immer gelte ich in der Redaktion als Nachwuchs, ein Messeneuling bin ich inzwischen aber schon lange nicht mehr. Dementsprechend bleiben große Überraschungen oder lebensverändernde Hörerlebnisse weitestgehend aus. Zum einen liegt es daran, dass ich das meiste inzwischen mindestens einmal gehört habe, zum anderen daran, dass man sich nicht die Illusion machen müsste, die Aussteller hätten ihre Hotelzimmer akustisch voll im Griff. Nur wenige Anlagen spielten nah an ihrem vollem Potential. Beides tat dem Charme des Reboots der Norddeutschen HiFi-Tage für mich aber in keinster Weise einen Abbruch. Viele „Global Player“ blieben der Messe fern und viele Aussteller brachten nicht unbedingt das ganz große Besteck mit. Ersteres ist zwar schade, denn Konkurrenz belebt ja bekanntlich das Geschäft, aber letzteres mehr als willkommen. Besonders eine lokale Messe lebt meiner Meinung nach davon, dass man nach durchaus erreichbaren Komponenten zur Verbesserung seiner eigenen Anlage jagen kann. Es geht außerdem um den Austausch, das Miteinander und den Spaß, nicht immer nur um größer, lauter, teurer. Trotzdem findet man natürlich mehr als genügend Komponenten, die man sich sicher niemals leisten (können) wird. Ein Gleichgewicht zwischen erschwinglichen Komponenten und Träumen besteht noch nicht gänzlich, aber die Norddeutschen HiFi-Tage bleiben weit weniger abgehoben als die High End. In meiner HiFi-Anfangszeit war mein eigener Geschmack oft mein unumstößlicher Leitfaden, inzwischen bin ich entspannter geworden. Nur weil mir etwas nicht gefällt, muss es ja nicht gleich schlecht sein. Kaum eine Vorführung war derart uninspiriert, dass ich den Hörraum schnell wieder verlassen habe. Diese Entspanntheit habe ich auch beim Publikum wahrnehmen können. Während ich auf früheren Messen oft Diskussionen à la „Meine Kette zu Hause spielt ja viel besser als die Vvorgeführte, weil…“ sogar noch im Hörraum vor dem Hersteller beiwohnen konnte, herrschte dieses Jahr ein reges, aufrichtiges Interesse und ein konstruktiver Austausch.

Zwar hatten Kollege Carsten Bussler und ich die meisten Messeräume schon im Vorwege passend zu unseren Interessen, respektive Fachbereichen, untereinander aufgeteilt, am Samstagmorgen lasse ich mich dennoch zunächst vom Zufall leiten. Ich wähle eine Ecke in der noch weniger los ist und lande im Hörraum von Econik, wo ich verwundert feststelle, dass Berthold Daubner und das Hifi-Pilot-Team hinter der taufrischen Lautsprechermarke stecken. Die Lautsprecher werden in Deutschland gefertigt und die Bauteile weitestgehend möglichst aus dem europäischen Umland bezogen. Alle Lautsprecher der Serie basieren auf dem WiSA-System, einer Plattform die Verstärker, DSP und Empfänger in einer Baugruppe vereint, um die ein Lautsprecher herumentwickelt werden kann. Viele verschiedene Hersteller nutzen das WiSA-System bereits und sind untereinander voll kompatibel. Ergänzt man die Lautsprecher um eine WiSA-Vorstufe, ist eine Raumkorrektur der Lautsprecher möglich. Der bisher größte, aber dennoch kompakte Lausprecher SIX der Serie spielt mit je einem 165-Millimeter-Tiefmitteltöner von SEAS auf der Vorder- und Rückseite. Der 25-Millimeter-Hochtöner stammt ebenfalls von SEAS. Die SIX spielen wunderbar räumlich, zugänglich, entspannt und doch impulsiv, vor allem mit überraschend tiefem und sauberen Tieftonbereich. Ohne WiSA-Vorstufe kosten sie 3.700 Euro. Das kleinere Modell FOUR mit zwei 125-Millimeter-Treibern wird ab 2.700 Euro und der Center Speaker SEVEN ab 1.950 Euro erhältlich sein.

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Zum Hörraum von Axmann Audio hat mich das pro-lastige Portfolio mit unter anderem Benchmark Media und Bricasti Design gelockt. Bricasti Design ist in der Pro-Szene für den Reverb-Prozessor M7 äußerst geschätzt. Dass die Marke allerdings eine deutlich umfangreichere Comsumer-Sparte offeriert, ist bisher vollkommen an mir vorbei gegangen. Mit 7.000 Euro ist der Bricasti DAC M3 der günstigste des Herstellers. Auch wenn die Konkurrenz groß ist, trotz allem ein DAC, den ich gerne mal in meiner Kette hören würde. Gleichermaßen verhält es sich mit der notorisch ausverkauften Wunderendstufe von Benchmark. Die kleine AHB2 liefert immerhin 100 Watt an 8 Ohm. Dank der THX-AAA-Schaltung liegt der Signal-Rauschabstand laut Datenblatt bei 132 A-bewerteten Dezibel. In Natura ist sie noch kleiner als erwartet. Gerade mal zwei ausgestreckte Hände misst die 4.200 Euro teure Endstufe. Mit der K231 bietet Sublime Acoustic eine aktive 3-Wege-Frequenzweiche an, die je nach gewünschter Trennfrequenz mit einem passenden Filtermodul versehen werden kann. Möglich sind Linkwitz-Riley Filter vierter oder zweiter Ordnung bei verschiedensten Frequenzen. Gemeinsam mit den Silberkabeln von Herrn Axmann selbst, die mit hochinteressanten Steckern von KLEI ausgerüstet sind, bespielt die Elektronik den Sub TERA (7.900 Euro) samt Breitbänder YOCTO (Paar 8.900 Euro) von Lange Loudspeakers aus der Schweiz.


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Bleiben wir mit SPL doch gleich bei einem Hersteller, der seine Wurzeln ebenfalls im Pro-Bereich hat. Inzwischen kommen wir nicht nur indirekt, durch den Einsatz von SPL-Geräten bei der Audioproduktion, sondern unmittelbar bei der Wiedergabe in den Genuss von SPLs Expertise. Im Hörraum spielt die SPL-Elektronik gemeinsam mit Scheu und Manger. Im Messeflur darf ein Phonitor xe samt DAC-Modul für 3.000 Euro an einem Dan Clark Audio Stealth für 4.800 Euro zeigen, was er kann.

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Die All-In-One-Lösung Ovation CS 8.3 Black Edition von AVM lässt den betriebenen Aufwand gut erkennen. Damit das Gehäuse keine äußerlich sichtbaren Schraubverbindungen aufweist, muss die Montage von Gehäuse und Innenleben Hand-in-Hand in bestimmter Reihenfolge durchgeführt werden. Der „Einsteiger“-All-In-One CS 30.3 ist weniger aufwendig konstruiert, trägt dennoch sie selbe Designsprache und kostet mit 4.300 Euro deutlich weniger als der mit 16.500 Euro zu Buche schlagende CS 8.3.

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Während in einem kleinen Vorführraum des Audio Offensive Vertriebs die quirligen Graham LS 5/9 für einen Paarpreis von 5.400 Euro am Moonriver Audio Model 404 Reference Vollverstärker für 5.000 Euro und Kabeln von OePhis spielen, toben sich ein paar Räume weiter in der Suite ein Paar Graham LS 5/5 F für 19.000 Euro aus. Beide sind echte Charakterlautsprecher und dementsprechend gehören die Vorführungen für mich zu den spaßigsten der Messe. Beide Räume besuche ich immer mal wieder, um den verschiedenen jeweils um 12 Uhr wechselnden Komponenten zu lauschen. Leider habe ich trotzdem die mächtige Vitus Audio SS-103 Endstufe für 34.000 Euro verpasst. Zur Entschädigung erläutert mir Moonriver-Chefentwickler George Polychronidis einige Besonderheiten seiner deutlich preiswerteren, aber nicht weniger spannenden Geräte. Die Phono-Vorstufe Model 505 (5.000 Euro) bietet nicht nur eine ganze Reihe an Einstellungsmöglichkeiten für MM und MC, sondern „merkt“ sich die individuellen Einstellungen für alle vier Eingänge. So können mit Leichtigkeit vier verschiedene Konfigurationen parallel betrieben werden. Außerdem verrät er mir, dass er fleißig an weiteren Geräten arbeitet. Man darf sich also auf die High End freuen. Joakim Juhl von OePhi zeigt mir das Reference RCA-Interconnect für 4.250 Euro. Er erklärt, dass der Fokus in der Entwicklung insbesondere auf ein sauberes Phasenverhalten der Kabel gelegt wurde.

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Wilson Beneschs A.C.T. 3zero ist nicht nur optisch ein Meisterwerk. Im Fuß ist ein isobarischer Tiefbass verborgen. Während Hoch- und Tieftöner natürlich über eine Weiche getrennt werden müssen, spielt der Mitteltöner ohne Frequenzweiche. Betrieben wir die A.C.T. an Rei Monos von Westminster Lab für einen Paarpreis von 36.400 Euro. Die Westminster Labs Vorstufe Quest (25.500 Euro) verfügt über modulare Einschübe. Wahlweise für RCA- oder Phono-Quellen. Besonders bei Westminster Lab würde es mich freuen, wenn noch weitere Produktlinien unterhalb der Rei und Quest entwickelt würden. Wahrscheinlich wird dies aber nicht passieren. Es ist schwer vorstellbar, dass die von Westminster Lab an sich selbst gestellten hohen Ansprüche erfüllt bleiben könnten. Aber träumen kann man ja mal. Während Silent Angel bisher für überaus erschwingliche Streamer und Switches bekannt war, sprechen der Switch Bonn NX (3.500 Euro) und der Clock Generator GX (3.300 Euro) schon eine andere Sprache.

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Beim Vertrieb Drei H feiert der Lyngdorf Lautsprecher CUE-100 seine Deutschlandpremiere. Der verbaute Purifi-Tieftöner verfügt über eine ungewöhnliche geformte Sicke, die Verzerrungen minimieren soll. Der Air Motion Transformer stammt von Lyngdorf selbst. Der Lautsprecher soll ab 20.000 Euro erhältlich sein. Chord Electronics zeigt die neue Vorstufe Ultima Pre 3 zum Preis von 7.750 Euro. Für die Vorführung hatte man sich für die Version mit geschlossenen Seitenteilen entschieden. Sie verfügt nicht über die charakteristischen Chord-Standtürme. Melco zeigt mit dem N1 sein neues Server-Flaggschiff in neuem Gehäuse. Die gesamte neue Serie wird nur noch über eine SSD mit 3,84 Terabyte verfügen. Auf den RAID-Controller wird schon seit längerer Zeit verzichtet, denn der klangliche Zugewinn ohne RAID soll sich deutlich bemerkbar machen. Der N1 wird wohl für etwa 14.000 Euro erhältlich sein, der N10 für etwa 10.000 und der N50 für etwa 6.000 Euro.

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Mit Veddan aus den Niederlanden ist eine noch junge Marke auf den Norddeutschen HiFi-Tagen vertreten. Ihre Rundstrahler verfügen über drei spezielle, über Eck angeordnete Magnetostaten-Module im oberen Teil und zwei gegenüberliegende Subwoofer im unteren Teil des Gehäuses. Die Magnetostaten-Anordnung spielt bis 150 Hertz. Erst dann übernehmen die Subwoofer. Das System ist vollaktiv und an den eigenen Raum und Hörgeschmack anpassbar. Das kleinere Modell Atom 6C soll 8.900 pro Paar kosten und das große Modell Origin 40.000 Euro pro Paar. Nicht nur akustisch eine interessante Präsentation, sondern auch technisch. Ein Großteil des Gehäuses beispielsweise wird aus kohlefaserverstärktem Kunststoff und teilweise sogar im 3D-Druck-Verfahren gefertigt.


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Die gemeinsam mit inakustik-Kabeln spielende Audiovektor R3 Arreté war für mich eines der Highlights der Messe. Mit einem Paarpreis von 11.250 Euro sind sie zwar noch immer nicht als billig zu bezeichnen, aber befinden sich genau in (m)einem Sweetspot. Die absolute Klangleistung in Relation zum Preis ist meines Erachtens überdurchschnittlich hoch. Leider ließ sich wie auf Messen üblich nicht feststellen, welchen Teil die inakustik-Kabel mit ihrem besonderen Aufbau dazu beigetragen haben. Als Lautsprecherkabel kam ein LS-2404 AIR für einen 3-Meter-Paarpreis von 3.900 Euro zum Einsatz. Für NF-Signale war ein NF-2404 AIR verantwortlich. Hier kostet der Stereometer 1.490 Euro. Als Zuspieler waren der CD35 Prisma (3.530 Euro) und der Vollverstärker I35 Prisma (4.950 Euro) von Primare tätig.

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Im Hörraum von Phonar musiziert die Veritas p9.2 NEXT für einen Paarpreis von 5.000 Euro an Trigon Elektronik, Wireworld Mini Eclipse, Thorens TD 1601 und einem Powergrip YG-3 Stromfilter. Bei CD-Wiedergabe wurde eine der zwei Bassreflexöffnungen der Lautsprecher mit einem Schaumstoffstopfen verschlossen, um den Bassbereich dem Raum anzupassen. Beim Vorführen von Platte war der Stopfen nicht nötig und die Veritas spielt überraschend trocken und knackig.

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Wider Erwarten sorgten die Norddeutschen HiFi-Tage trotz oder vielleicht gerade wegen ihrer geringeren Größe nicht für Messe-Monotonie. Obwohl ich eingangs erwähnte, dass lebensverändernde Hörerlebnisse weitestgehend ausblieben – man wird eben doch mit der Zeit etwas abgebrühter –, hatte ich trotzdem großen Hörspaß. Nicht wenige gehörte Produkte würde ich zu gerne mal in meiner heimischen Kette ausprobieren. Einige davon sind durchaus erschwinglich, andere werden wohl unerreichbar bleiben. Ich hoffe, dass die allgemeine Resonanz der Messe genau so positiv ausfällt wie mein persönliches Fazit und viele Hersteller, die die Norddeutschen HiFi-Tage schon totgeglaubt hatten, sich eines Besseren besinnen und nächstes Jahr wieder mit von der Partie sind.

Zum Abschluss des Berichts finden Sie wie üblich noch verschiedene Fotos interessanter Produkte und Vorführungen mit Bildunterschrift.





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