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Dan Clark Audio E3

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Dan Clark Audio schickt sich an, mit seinem geschlossenen Kopfhörer E3 einen neuen Standard in seiner Preisklasse zu setzen zu. Amerikaner sind selten um markige Worte verlegen, da machen auch die Spezialisten aus San Diego keine Ausnahme. Unser Interesse war aufgrund der spannenden Technik geweckt und ein Test ein Muss.

Wenn ich Hintergrundinformationen über einen mir persönlich bislang eher unbekannten HiFi-Hersteller sammeln möchte, gehe ich üblicherweise auf dessen Originalwebseite anstatt auf die des deutschen Vertriebs. Mir geht es darum, das Flair, die Attitüde des Herstellers aufzusaugen und dessen Philosophie zu erkennen. Und das gelingt auf der nativen, ungefilterten Originalseite am besten. Ehrlich gesagt habe ich auch überhaupt nichts dagegen, wenn eine Firma marketingtechnisch ordentlich auf die Tonne haut, wenn es denn so witzig gemacht ist wie bei Dan Clark Audio (DCA). Ich konnte nämlich nirgendwo in den technischen Daten Informationen zum Frequenzgang finden, eigentlich eine obligatorische Angabe. Auf danclarkaudio.com hoffte ich fündig zu werden, doch Pustekuchen, hier steht beim E3 lakonisch: Frequency response – Yes, it has one. Spätestens jetzt hatten die Amis mich für sich eingenommen, so eine cool-freche Angabe hätte ich eher von Briten erwartet.

Dan Clark Audio wurde im April 2012 von seinem Namensgeber ursprünglich als MrSpeakers gegründet. Dan Clark war zuvor 30 Jahre lang in leitenden Positionen im High-Tech-Bereich tätig und arbeitete unter anderem in Unternehmen wie Apple, Compaq und Sun Microsystems, gleichwohl war seine wahre Leidenschaft die Musik, und er wechselte in die Tontechnik. In den späten 1990er Jahren begann er als Berater für Lautsprecherdesign für mehrere High-End-Audiounternehmen zu arbeiten und entwickelte Produkte wie zum Beispiel die Platinum Audio-Lautsprecher der Serie 2. Als Geräte wie Apples iPod und Smartphones den damit verbundenen Kopfhörermarkt ankurbelten, begann Dan Clark 2008 mit der Modifizierung und Verbesserung von Kopfhörern zunächst für persönliche Zwecke. Über MrSpeakers modifizierte er dann ab 2012 Kopfhörer anderer Hersteller für den Weiterverkauf, wobei er sich auf ein spezielles Problem konzentrierte: Wie kann man geschlossene Kopfhörer „offener“ klingen lassen und gleichzeitig die von vielen Kopfhörerbenutzern gewünschte Isolierung bieten? Das Ergebnis war der erste 3D-gedruckte Kopfhörer der Welt, der Alpha Dog, dessen Einnahmen die Entwicklung des ersten hauseigenen Kopfhörers von MrSpeakers, ETHER, ermöglichten. Im Jahr 2019 wurde MrSpeakers dann zu Dan Clark Audio und ist heute ein Branchenführer für offene und geschlossene Planar-Kopfhörer, was uns zu unserem Testprobanden, dem Dan Clark Audio E3 bringt.


Freundlicherweise hat mir die audioNEXT GmbH, der für Deutschland zuständige Vertrieb, mit dem von uns bereits getesteten Cen.Grand 9i-92SAIII gleich einen passenden Kopfhörerverstärker mitgeliefert. Womöglich damit der schusselige Autor nicht auf blöde Gedanken kommt und die Klinkenstecker in MacBooks, Tablets und alle anderen verfügbaren Buchsen hineinstöpselt, sondern bitteschön einen adäquaten Antrieb nutzt. Natürlich habe ich das alles trotzdem ausprobiert, einfach aus Spaß an der Sache und für Quervergleiche hinsichtlich qualitativ unterschiedlicher Zuspieler, doch dazu später mehr.

Der E3 von Dan Clark Audio ist ein geschlossener Kopfhörer mit magnetostatischem Antrieb und kostet 2460 Euro. Damit ordnet er sich preislich eher in der mittleren Oberklasse der Amerikaner ein, verspricht aber dennoch die kompromisslose Top-of-the-Line Performance der teuersten Modelle. Das soll unter anderem durch den Einsatz des zum Patent angemeldeten AMTS (Acoustic-Metamaterial-Tuning-System) gelingen, das auch in den großen Modellen Stealth, Expanse und Corina eingesetzt wird und fürderhin im E3 in besonderer Weise angepasst wurde. Dabei handelt es sich um ein sehr kleines wabenförmiges Element, das zwischen Wandler und Ohr platziert wird und Wellenleiter, Diffusionskontrolle und Resonatoren in einer kompakten Struktur integriert, die stehende Wellen eliminieren und den Frequenzgang im Hochtonbereich linearisieren soll. Diesbezüglich loben sich die Ingenieure von Dan Clark Audio in für sie schon fast bescheidener Zurückhaltung, sie seien doch nur bescheidene Magier, aber keine großen Zauberer. So geht echtes Understatement.

Ein weiteres technisches Feature stelle der neue Planar-Magnet-Antrieb der mittlerweile fünften Generation dar, der sich durch ein innovatives Spannsystem für die Membran auszeichne, das für noch geringere Verzerrungen sorge. Außerdem werde ein neues Membranmaterial verwendet, das in Verbindung mit einer optimierten V-Planar-Rändelung für einen sehr glatten Frequenzgang über das gesamte Hörspektrum sorge. Ich setze diese Herstellerangaben in den Konjunktiv und reiche sie blind durch, denn zerstörungsfrei überprüfen kann ich diese freilich nicht. Beim planaren magnetostatischen Prinzip im E3 kommen starke flächige Neodym-Dauermagnete zum Einsatz, zwischen denen die dünne Folienmembran zum Schwingen angeregt wird. Die auf die Folie aufgebrachten elektrischen Leiterbahnen erhöhen deren Gewicht nur unwesentlich, so dass kaum Nachteile gegenüber dem elektrostatischen Prinzip zu erwarten sein sollten. Theoretische Vorteile hingegen wären eine vergleichsweise niedrige Impedanz und eine höhere Empfindlichkeit, so dass grundsätzlich auch ein praktikabler mobiler Einsatz möglich sein sollte.


Die Ohrmuscheln sind mit Gorilla Glas 3 abgedeckt, das auf jeder Seite über zwei kleine Bassöffnungen zur Frequenzganglinearisierung des Tieftonbereichs verfügt, formal wird hier also das geschlossene Prinzip verletzt. Stichwort Gorilla Glas: Die Firma Corning Inc. stellt seit 2005 Glas für Smartphone- und Tablet-Displays her, das besonders stoßfest und kratzunempfindlich ist. Mittlerweile ist die sechste Generation auf dem Markt; die 2013 vorgestellte und beim E3 eingesetzte dritte Generation wurde dank Alkali-Aluminosilikat auf besondere Widerstandsfähigkeit getrimmt. Das Muster unter dem Glas erinnert ein wenig an das Geflecht eines offenen Kopfhörers und soll offenbar DCAs Anspruch, die Vorteile offener Konzepte mit denen geschlossener Systeme zu vereinen, optisch unterstreichen. Überhaupt erschien mir die gesamte Verarbeitungsqualität hervorragend, nicht die kleinste unangenehme Kante störte den fast schon handschmeichlerischen Eindruck.

Dank cleverer Kinematik lässt sich der Kopfhörer zu einer sehr kompakten Einheit zusammenklappen, welche in einer kleinen, maßgeschneiderten Schutzhülle Platz findet. Was mir sehr gut am E3 gefallen hat ist der hervorragende Tragekomfort. Die Polster umschließen die Ohren auf perfekt sanfte Art und der Kopfbügel lässt sich passgenau einstellen. Das vergleichsweise moderate Gewicht von 455 Gramm, das elastische Kopfband sowie der geringe Anpressdruck sorgen für eine gleichmäßige Druckverteilung, was ein ermüdungsfreies Langzeithören erlaubt.

Nach einigen Stunden Einspielzeit am Cen.Grand 9i-92SAIII hatte sich der Dan Clark Audio E3 offensichtlich ausreichend aufgewärmt, gedehnt und gestreckt, so dass ich den Hörmarathon starten konnte. Spontan fühlte ich mich hinsichtlich Offenheit und Transparenz an meinen alten Stax SR-5 Gold BL erinnert, den ich früher einmal besessen hatte, was ich in dieser Form von einem geschlossenen Kopfhörer nicht erwartet hatte. Es war außerordentlich bemerkenswert, wie nahe der E3 an die Luftigkeit und Leichtigkeit offener Systeme herankommt. Ich holte das Album Urban Hymns (Virgin, 1997) von The Verve aus dem Plattenschrank und hörte den Track „Lucky Man“, ein grandioser Song, von dem Bono sich einmal wünschte, er hätte ihn geschrieben. Ich wurde von der Lässigkeit dieses Songs einfach mitgerissen, Auflösung, Dynamik, Rhythmik, das alles war ungemein packend.


Danach hat Udo Lindenberg „Durch die schweren Zeiten“ gesungen (Album Stärker als die Zeit, Warner, 2016). Feinste klangliche Verästelungen und subtilste Nebengeräusche konnte ich dank des herausragenden Auflösungsvermögens problemlos nachvollziehen. Dabei war der Dan Clark E3 alles andere als ein kühler Analytiker, sondern er bettete dieses hohe Auflösungsvermögen in den musikalischen Fluss ein. Stets lebendig, enorm spielfreudig und außerordentlich authentisch stand Udo direkt vor mir. Sibilanten waren sehr klar, Becken von Drum-Sets erschienen mir tendenziell eher silbrig als gülden-warm. Die Kombination aus schneller, zackiger und ansatzloser Spielweise sowie einem extrem ausgedehnten Frequenzband war in meiner Wahrnehmung eine der größten Stärken dieses Kopfhörers, und zwar unabhängig vom Musikmaterial. Ein adäquater Verstärker war jedoch Pflicht für den Dan Clark E3. Mit mobilen Geräten wie iPad oder MacBook blieb der grundlegende Charakter dieses Kopfhörers zwar erhalten, jedoch nahmen Dynamik und das Leuchten der Klangfarben etwas ab.

STATEMENT

Kopfhörer-Liebhaber, die ihr Budget nicht völlig sprengen möchten und dennoch auf absolutem High-End-Niveau Musik hören wollen, sollten sich den neuen Dan Clark Audio E3 unbedingt anhören. Zum halben Preis der Top-of-the-Line Geräte der amerikanischen Kopfhörer-Spezialisten bekommt der Käufer ein Gerät mit allen technischen Dan Clark Genen. Der E3 verdient es nicht nur, sondern die Verwendung eines hochwertigen Kopfhörerverstärkers ist schlicht obligatorisch, um dessen volles akustisches Potenzial zu heben.
Gehört mit
Phonovorverstärker Pro-Ject Phono Box S2 Ultra mit Pro-Ject Accu Box S2
Plattenspieler Pro-Ject Debut PRO + Plattenpuck PRO
Tonabnehmer Pro-Ject Pick it PRO
Kopfhörervorverstärker Cen.Grand 9i-92SA III
Zubehör Pro-Ject Phono NF-Kabel, Connect-it RCA-E
Möbel Hi-Fi Racks Ltd
Herstellerangaben
Dan Clark Audio E3
Geräteart geschlossener Kopfhörer, ohrumschließend (Over-Ear), magnetostatisch (Planar-Magnetic)
Empfindlichkeit 90db/mW
Impedanz 27Ohm
Verzerrungen <0,1%, Referenz: 80dB weißes Rauschen
Kopfhörerkabel 1,10m, 2,00m, 3,00m, austauschbar
Steckverbinder 2,5mm Klinke, 3,5mm Klinke, 4,4mm Klinke, 6,3mm Klinke, 4-polig XLR
Farbe schwarz, blau
Gewicht 455g
Preis 2460 Euro

Vertrieb
audioNEXT GmbH
Anschrift Isenbergstraße 20
45130 Essen
Telefon 0201 5073950
E-Mail info@audionext.de
Web www.audionext.de

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