Wenn die Firma zweier Hifi- und Musik-Begeisterter das reife Alter von 40 Jahren erreicht, wie feiert man dann standesgemäß? Mit einem Konzert, einer Live-Aufnahme oder gleich zweien, der Vorstellung einer LP und der neusten Kreation aus dem Lautsprecherprogramm: Herzlichen Glückwunsch, Acapella Audio Arts!
Alfred Rudolph und Hermann Winters gründeten vor 40 Jahren das längst zu einer Institution geworden Hifi-Studio Audio Forum, das wir Ihnen ebenso wie die untrennbar damit verbundene Lautsprechermanufaktur Acapella an dieser Stelle bereits ausführlich vorstellten. Zum Jubiläum hatten sie am Sonntag, den 17. September in einen Konferenzraum der Firma Krohne, nicht weit vom Audio Forum geladen. Der bot ausreichend Platz für die Tische mit dem Catering, eine Vielzahl von Sitzplätzen für die zahlreichen Besucher, ein Pärchen Campanile 2, ein Rack mit Verstärkern und Plattenspieler, dem hinter einer Trennwand gut versteckten, um eine Telefunken-Bandmaschine gruppierten Aufnahme-Equipment, einen kleinen Wald unterschiedlicher Mikrofone und vor allem für das Quartett Talking Horns samt seiner nahezu unüberschaubaren Kollektion von Blasinstrumenten. Alfred Rudolph kooperiert schon seit Jahren mit den vier virtuosen Multiinstrumentalisten, deren CDs durch Spielfreude und Esprit begeistern. Die aktuelle Silberscheibe trägt übrigens den Titel Geschichten aus dem Bläserwald. Aus der Zusammenarbeit ist auch die Aufnahme hervorgegangen, die mich bei meinem Besuch im Audio Forum vor etwas mehr als einem Jahr daran zweifeln ließ, ob es wirklich so einfach ist, eine Live-Darbietung von der Wiedergabe einer Aufnahme zu unterscheiden – zumindest dann, wenn das Konzert mit nur zwei sehr guten Mikrofonen mit dem von Alfred Rudoph entwickelten Holz-Ei dazwischen gemacht wurde und an der Wiedergabe eine Telefunken-Bandmaschine sowie die Vier-Kilowatt-Endstufe und die Poseydon-Hörner von Acapella beteiligt sind.
Das Masterband wurde inzwischen im Studio Sector 5 auf Lackfolie überspielt. Daraus wurden dann im Optimal-Presswerk in Röbel an der Müritz einige Anpressungen hergestellt, die Alfred Rudolph natürlich auch mit dabei hatte. Aber das Jubiläumsprojekt wird nicht nur eine einzelne schwarze Scheibe umfassen. Man hofft, wenn alles gut geht, noch vor Weihnachten zwei 45-er und eine 33-er LPs in höchster Qualität fertigzustellen. Ein ambitionierter Plan, wenn man bedenkt, dass darauf auch Teile des Jubiläumskonzertes enthalten sein sollen und der Box mit dem Titel Zwischenräume zusätzlich noch eine CD mit einem Querschnitt aus früheren Aufnahmen beigelegt werden wird. Aufnahmen haben eben schon immer zu den Lieblingsbeschäftigungen der beiden Acapella- und Audio-Forum-Gründer gezählt, wobei im Laufe der Zeit mal der eine, mal der andere der aktivere war.
Wenn eine hervorragende Combo spielt und aufgenommen wird und dann auch noch hochwertiges Wiedergabe-Equipment bereitsteht, kommt bei eingefleischten Audiophilen – und davon waren beim Konzert nicht wenige anwesend – natürlich irgendwann der Wunsch nach dem Vergleich zwischen live und Aufnahme auf. Gegen besseres Wissen hat Alfred Rudoph dem Wunsch seiner Gäste dann auch entsprochen, und dynamisch konnte die Wiedergabe durchaus überzeugen. Aber da der Raumhall mit aufgezeichnet wird und sich bei der Reproduktion dann noch einmal zu diesem Signal hinzuaddiert, wirkten die Instrumente vom Band größer als in Wirklichkeit und ließen auch ein wenig an Präzision vermissen. Alfred Rudolph wies zusätzlich darauf hin, dass bei der Aufnahme und Wiedergabe im selben Raum die Raummoden auch gleich doppelt in den Gesamtklang eingingen. Wer wissen möchte, wie realistisch Acapella-Lautsprecher selbst extrem dynamische Bands wie die Talking Horns in den Raum stellen können, sollte mal im Audio Forum vorbeischauen – wenn dann noch die Poseydons und die Vier-Kilowatt-Kraftwerke… aber das erwähnte ich ja bereits.
Alfred Rudolphs stilisierter Kopf mit den beiden UM75-Röhren-Mikrofonen in der 75-Anniversary-Edition aus Gefell an der Stelle der Ohren folgt dem puristischen Ideal einer Zwei-Mikrofon-Aufnahme, bei der im Gegensatz zur Multimikrofonie Phasenprobleme so gut wie ausgeschlossen sind. Die übrigen Mikros – darunter ein MS-Aufbau mit zwei Microtech-Gefell UMT 70 S – hatte Ralf Koschnicke im Raum platziert, der Ihnen von seinen hervorragenden CDs, LPs und HighRes-Files der Living Concert Series her bekannt sein dürfte. Er zeichnete die Signale der diversen Mikros in seinem Aufnahmemobil digital auf, wobei er auf A/D- und D/A-Wandler aus eigener Produktion setzt. Trotz unterschiedlicher Herangehensweisen arbeiten er und Alfred Rudolph bei der Produktion von Tonträgern intensiv zusammen.
Ich bin jetzt schon auf die Jubiläumsbox gespannt: Wenn es gelungen ist, die großartige Musik der Talking Horns von diesem Nachmittag adäquat einzufangen – und daran sollte bei Alfred Rudolph und Ralf Koschnicke kein Zweifel bestehen – wird allein dieser Teil des Repertoires den Erwerb der Scheiben unverzichtbar machen. Eine entspannte Atmosphäre, tolle Musik und interessante Gesprächspartner – ein rundum gelungener Nachmittag, der nur eine Frage aufwirft: Warum feiern Alfred Rudolph und Hermann Winters eigentlich nur ihre runden Firmenjubiläen? Apropos Hermann Winters: Der ist auch auf den folgenden Fotos nicht zu entdecken, da er sich zur Zeit der Veranstaltung um einen chinesischen Kunden kümmerte. Die Geschäfte müssen ja weitergehen!