Verstärker großer Hersteller wandeln sich immer mehr zu Mediencentern, die unterschiedlichste Formate bedienen können. Aus Serbien kommt der klassische Gegenentwurf als Bekenntnis zur analogen Technik.
Dayens aus Serbien. Schon wieder eine Firma, von deren Existenz ich bis zum Erscheinen der Besprechung des Dayens Ecstasy III Custom 2 durch Wolfgang Kemper noch nie etwas gehört hatte. Der ehemalige Ostblock etabliert sich zunehmend als Gegenpol zu den Massenherstellern, die in China fertigen lassen und an sich nur noch ihre Namensschildchen auf die Produkte kleben. Aus Serbien hatte ich schon den Soulines Dostoyevsky zu Gast, aus Rumänien den Audiobyte Black Dragon und natürlich als quasi Klassiker den Heed Obelisk Si aus Ungarn. All diesen Firmen ist zu eigen, dass sie in der Regel inhabergeführt sind und die produzierten Geräte aus einer Leidenschaft für Musik entstanden sind. So sind die Konzepte oftmals neben dem Mainstream und vorrangig dem Klang verpflichtet und verzichten auf Ausstattung und zentnerschwere Gehäusen. Der Umstand, dass die Produktion im Heimatland im Vergleich zu Westeuropa noch sehr günstig ist, hilft dabei, die Produktion und damit die Kontrolle in der eigenen Firma zu halten. Dayens wurde 1991 gegründet und produziert Verstärker (Vor- und Endstufen), Lautsprecher und Kabel in Handarbeit. International haben sich die handlichen Verstärker bereits einen Ruf als hochmusikalisch erarbeitet und eine immer größere Fangemeinde gewonnen.
Der Menuetto für 1200 Euro ist der mittlere Vollverstärker zwischen dem bereits angesprochenen Ecstasy und dem kleineren knuffeligen Ampino. Etwas verwirrend sind die international und in Deutschland angebotenen Versionen. Um die CE-Konformität zu gewährleisten, mussten andere Lautsprecheranschlüsse verbaut werden. Man entschied sich für die sehr guten (und teuren) WBT-0703-Cu-nextgen™-Polklemmen. Wo man gerade dabei war, gibt es zwei Paar WBT-0210-Cu-nextgen™-Cinch-Buchsen dazu. Und damit das Ganze rund wird, gibt es in der Eingangsstufe Mundorf MCaps Supreme SilberGold dazu. Damit wird der Menuetto zur Custom-Version und teurer als sein normales Pendant, das in Deutschland aber nicht erhältlich ist. Die Bedienung des nur 230 breiten und 105 Millimeter hohen, dafür aber 350 Millimeter tiefen Kistchens birgt keine Rätsel. Auf der abgerundeten schwarzen Acrylglasfront können die vier Hochpegeleingänge und die Lautstärke gewählt werden. Der mittig platzierte Netzschalter trennt das Gerät hart vom Netz. Gäbe es jetzt noch einen Phonoeingang, man würde den Menuetto im Britannien der späten 80-er Jahre verorten. Allerdings gab es da selten Glasfronten.
Entsprechend einfach der Anschluss der Quellgeräte und Lautsprecher. Als einzigen Luxus gibt es eine No-Name-Fernbedienung, mit der das blaue Alps-Potentiometer für die Lautstärke gesteuert werden kann, die Quellen müssen manuell umgeschaltet werden. Das Innenleben des Dayens Menuetto zeigt sich sehr aufgeräumt. Die Umschaltung der Quellen und die Lautstärkeregelung direkt auf der Platine mittels Gestänge erinnern an die alten Cyrus-Verstärker und versprechen extrem kurze Signalwege. Die gewählten Bauteile sind solide Qualität. Nicht mehr, aber eben auch nicht weniger. Der große Ringkerntrafo mit jeweils einem relativ großen Siebelko pro Kanal erlauben den zwei Pärchen Toshiba-Endtransistoren immerhin eine Stromentnahme, die für 2 x 50 Watt an 8 beziehungsweise 2 x 70 Watt an 4 Ohm reichen soll.
Und wie klingt unser kleiner Minimalist? Na ja, gerade hatte ich für mich beschlossen, dass wirklich neutrale Komponenten eben doch am ehesten in der Lage sind, Musik wirklichkeitsgetreu und damit spannend zu reproduzieren, da kommt diese schwarze Kiste mit Vehemenz dazwischen gesprungen und wirft alles wieder über den Haufen. Als erstes fällt die räumliche Abbildung auf, die sich nicht nur in die Tiefe zieht, sondern in der Breite über die Lautsprecherebene hinaus. In dieser Disziplin erinnert der Dayens eher an Röhrengeräte, mit denen er klanglich noch mehr gemein hat. Zufällig habe ich gerade mal wieder die erste Soloplatte von Brian Eno raus gekramt, die Before And After Science. Für den Wegbereiter des Ambient geht es hier regelrecht rockig zu. Auf „Energy Fools The Magician“ – übrigens mit Fred Frith, Percy Jones und Phil Collins – zwar ruhiger und langsam, dafür hochdynamisch mit sehr direktem Raum, tiefem präsenten Bass und bösartigen Drumkicks. Der Dayens stellt die Instrumente groß, fast greifbar plastisch den Raum, der jeweils einen halben Meter links und rechts neben den Lautsprechern endet. Die harten Anschläge von Fretless Bass, Gitarre, Keybord und Vibraphon sind sowohl in Grob- als auch Feindynamik absolut beeindruckend. Die prägnanten Beckenschläge kommen metallisch funkelnd mit viel Energie. Der Menuetto spielt dabei aber auch bei gehobener Lautstärke nicht ungebührlich nach vorne und verleitet dazu, richtig Gas zu geben. Erst bei den vier finalen brutalen Kicks auf der Bassdrum zieht der Dayens bei sehr hohen Lautstärken die Reißleine und tendiert etwas ins Trockene.
Besonders bei schmalen Besetzungen machen sich die außergewöhnlichen Abbildungsfähigkeiten bemerkbar. Zum Beispiel bei Gideon Kremers Einspielung Hommage a Piazzolla. Neben der Geige gibt es noch Bandoneon, Klavier und Bass. „Milonga En Re“ und „Oblivion“ könnten kaum eindringlicher und dynamisch dramatischer sein. Ein Schönfärber ist der Dayens übrigens bei aller Hingabe nicht. Noch ein Hochgenuss, wenn bei David Sylvians „When Poets Dreamed Of Angels“ von der Secrets Of The Beehive die Gitarren groß und differenziert im Raum stehen, davor die Stimme von Sylvian – minimal kühl vielleicht –, später dann der Rhythmus des Schlagwerks groß und auch mit Wucht mitten im Zimmer.
Modern aufgenommenem Soloklavier trotzt der Dayens noch Resonanz und Körper ab, wobei auch feine Abstufungen der Anschläge gewahrt bleiben. Manchmal verliert er dabei zwar die Ortung in der Mitte bei tiefen Tönen, enttechnisiert dafür auch noch so sterile Aufnahmen.
Das Gebotene macht einen erst mal etwas sprachlos und lässt Fragen nach Auflösung und Tonalität in den Hintergrund treten. Geht natürlich nicht, muss ich ja trotzdem machen. Deswegen erst mal zum Hochtonbereich. Sehr sauber, fein setzt der Menuetto die Glanzlichter obenrum gut aufgelöst, aber keinesfalls laut und analytisch. Im Bass herrscht pralle Fülle bei gleichzeitig gegebener Durchhörbarkeit. Am untersten Ende duckt er sich ein wenig weg. Warum auch nicht, zwischen den Extremen spielt die Musik.
Ob die räumliche Darstellung und der Zauber kleiner Besetzungen auch auf deftiges übertragen werden können, lässt sich nicht so leicht beantworten. Kommt drauf an. Mit Großorchestralem funktioniert das ganz prächtig. Anstrich und Körper der Streicher sind punktgenau realistisch und ganzheitlich. Bei Pizzicati sieht man quasi das Anzupfen der Saiten. Blechblasinstrumente haben viel Strahlkraft und Glanz, Hörner den ganz charakteristischen Druck, den der Dayens sehr imposant transportiert. Bei Chorwerken vermittelt der Dayens Menuetto sehr echt die Kraft der Stimmen und behält die Mitte zwischen Mündern und Körpern.
Obwohl der Dayens nicht als Detailfetischist durchgeht, fehlt nichts. Auch leise Melodiebögen im Hintergrund lassen sich ausgezeichnet verfolgen. Der Menuetto zeigt darüber hinaus ein ausgesprochenes Gespür für Zusammenhang und Timing, ohne dabei „schnell“ zu sein wie einige Vertreter von der Insel. Der „Fußwippfaktor“ ist trotzdem, oder vielleicht auch genau deswegen, sehr ausgeprägt.
Geht es in das moderne, elektronisch geprägte Feld, wirft der Menuetto wieder seine räumlichen Fähigkeiten in den Raum und bastelt um im Hintergrund produzierte, gesampelte Becken bei Underworld einen hübschen Raum, als wenn es echt wäre. Wer darauf allerdings keinen Wert legt und nur nach Bassperfomance und Stabilität sucht, sollte vielleicht woanders gucken. Kombiniert man den Dayens mit Lautsprechern höheren Wirkungsgrads, spielt er mit solcher Wucht, dass an sich keine Wünsche mehr offen bleiben.
STATEMENT
Dayens Menuetto hält die Tradition kleiner, der Musik verpflichteter Verstärker hoch wie kaum ein anderer. Dabei stellt er Musik mitten ins Zimmer und wertet Authentizität höher als rohe Gewalt. Schön, dass es in Zeiten fast gleichgeschalteter Angebote auch noch Individualisten gibt.
Gehört mit
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Analoglaufwerk | Technics SL-151/II |
Tonarme | Roksan Tabriz |
Tonabnehmer | Audio Technica AT-33 PTG/II |
Phonopre | ifi iPhono |
PC | Acer Espire, I3 CPU 1.70 GHz, 8 GB RAM |
Interface | Audioquest Jitterbug |
Software | Foobar2000 |
CD-Laufwerk | Denon DCD-1290, Technics SL-P471A |
Wandler | Phonosophie DAC1 |
Verstärker | Creek 5350 SE, Rotel RA-820BXIII |
Lautsprecher | Spendor A5, Mordaunt Short Aviano 2 |
Kabel | TaraLabs, RG142, Vovox, Sommer, Oehlbach, Baumarkt, Funk-Tonstudiotechnik, Supra Cable, Audioquest |
Herstellerangaben
Dayens Menuetto
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Frequenzgang | 1Hz bis 200Khz |
Störabstand | >92 dB |
Ausgangsleistung an 8 Ohm | 2 x 50 Watt |
Ausgangsleistung an 4 Ohm | 2 x 70 Watt |
Stromaufnahme in Standby | <0,35W |
Abmessungen: (HxBxT) | 105 x 230 x 350 mm |
Gewicht | 6,7 kg |
Preis | 1200 Euro |
Vertrieb
Hörgenuss für Audiophile
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