Heute folgt der zweite und letzte Teil meines CanJam-Berichts, unter anderem mit Neuigkeiten von Astell&Kern, FiiO und Vision Ears und einem außergewöhnlichen Kopfhörerverstärker. Wie bereits angekündigt mache ich diesmal ein paar Abstecher zur High End. Ohne große Umschweife stürze ich mich direkt wieder ins Geschehen und wünsche viel Lesespaß!
Die deutsche Firma InEar stellt sowohl angepasste als auch universelle In-Ears her – Überraschung. Am Stand auf der CanJam höre ich den StageDriver 5, der wie der Name schon sagt für die Bühne zugeschnitten ist und mir klanglich zu verfärbt ist. Interessant ist die Holzausführung dennoch, man hat den Eindruck einen etwas weicheren Klang als mit der Acrylausführung (949 Euro) geboten zu bekommen. Der ProPhile 8 mit seinen acht Treibern auf vier Wegen hingegen sagt mir deutlich mehr zu. Über zwei Schalter kann wahlweise der Tiefton um drei und der Hochton ab 8 Kilohertz um zwei Dezibel angehoben werden. Die Einstellung mit angehobenem Hochton gefällt mir ausgesprochen gut. Gemeinsam mit dem besten Sitz, den ich bei nicht angepassten In-Ears jemals genießen durfte, ist er wohl auch einer der Besten zurzeit erhältlichen universellen In-Ears. Für kleine Ohren gibt es sogar eine extra kleine Ausführung. Egal für welche Größe man sich entscheidet, man sollte 1.359 Euro in der Hinterhand haben.
1More bietet Hybridtreiber im unteren Preissegment, die Modelle sind für meinen Geschmack allerdings überwiegend zu basslastig.
Dita hat es sich zum erklärten Ziel gemacht die besten elektrodynamischen In-Ears der Welt zu bauen. Mit den gehörten Fealty und Fidelity Modellen kommen sie diesem Wunsch tatsächlich sehr nah. Vor allem haben sie den Treibern den oft anzutreffenden viel zu extremen Bass abgewöhnt, was sie zu sehr ernsten Konkurrenten von BA-Treibern macht. Schlau gelöst ist die Konnektivität: der mittels Drehgewinde befestigte Klinkenstecker kann einfach ausgetauscht werden. Somit hat man eine 2,5er, 3,5er und 4,4er Klinke an einem einzigen Kabel zur Verfügung.
Am Messestand von digital highend lausche ich für eine Weile dem Mr. Speakers Ether Flow, einem Magnetostaten für 1.999 Euro, der mit seiner gut gezeichneten Bühne, trockenen Tiefen und klaren Höhen überzeugt.
An Hörgeräte Seiferts Messetand sind CIEMs vom amerikanischen Hersteller Ultimate Ears und Vision Ears aus Köln zu hören. Ultimate Ears Gründer Jerry Harvey gilt als einer der wichtigsten Wegbereiter von In-Ear-Monitoren. Inzwischen hat er Ultimate Ears verlassen und verkauft neue Entwicklungen unter dem Markennamen JH Audio, dessen deutscher Vertriebspartner Headphone Company auch auf der CanJam vertreten ist. Ironischerweise ist JH Audio einer der wenigen Hersteller, die ich aufgrund von Zeitmangel nicht besucht habe. Aber zurück zu Ultimate Ears: mein erklärter UE-Lieblingshörer ist der Reference Remastered (etwa 1.200 Euro). Er klingt für mich von allen UE-Hörern am authentischsten. Immer wieder vermittelt er das Gefühl, dass einfach alles so klingt wie es sein soll und zeigt mit seinen drei Wegen, dass toller In-Ear-Sound nicht unbedingt viele Treiber benötigt. Der mit sechs Treibern auf vier Wegen ausgestattete UE-18+ Pro (um die1.800 Euro) beispielsweise liefert zwar mehr Punch und Hochtonpräsenz, erreicht allerdings zu keinem Moment die Ausgewogenheit des Reference Remastered.
Aus dem Vision-Ears-Portfolio sticht der VE6 besonders heraus, der eine der faszinierendsten Bühnen- und Raumabbildung aller CIEMs bietet, die ich bisher gehört habe. Zwar erreicht er selbst in der neutraleren von zwei verschiedenen Abstimmung, die es auch in einem einzigen Gehäuse mit Umschalter gibt, nicht die Neutralität des UE Reference Remastered. Dafür ist die Authentizität auf selbem Niveau, mit einem kleinen aber entscheidenden Unterschied, der VE6 klingt viel musikalischer und fügt jedem Instrument eine ungeahnte, schwer zu beschreibende Qualität und Wertigkeit hinzu, arbeitet Klangcharakteristika emotionaler heraus. Für 1.530 Euro in einer der zwei Abstimmungen oder für 1.930 Euro als Xcontrol mit beiden Abstimmungen in einem Gehäuse kann man zwar nicht von einem Schnäppchen sprechen, aber der Gegenwert in Form von Hörfreude ist wirklich groß.
Die eigentliche Sensation gibt es aber auf der High End selbst am Vision Ears Stand zu bestaunen: den Erlkönig. Vision Ears erster universeller premium In-Ear mit dreizehn Treiben in fünf Wegen, beheimatet in einem Aluminiumgehäuse. Der Wahlschalter für vier verschiedene Abstimmungen findet sich unter einer magnetisch befestigten Abdeckung, die es zur Individualisierung in verschiedenen Farben gibt. Gemeinsam mit Effect Audio wurde ein speziell auf den Erlkönig angepasstes Silberkabel gefunden, das den hochwertigen Gesamteindruck des Erkönig-Pakets abrundet. Allgemein ist die gesamte Präsentation, inklusive Messestand, der Kölner Firma optisch sehr gelungen und sticht aus der Masse an Ausstellern heraus. Der Erkönig kann nach meinem Dafürhalten alles das, was der VE6 auch kann, nur legt er an Realismus noch weiter zu und verfügt über eine der schönsten Bassabstimmung, die ich kenne. Er schafft die perfekte Balance zwischen wuchtig, aber dennoch nie zu viel des Guten. Dies dürfte der eine, besondere Hörer sein, der der Stereokette zu Hause am nächsten kommt. Für 4.200 Euro wird er erhältlich sein.
Bevor ich wieder zur CanJam übersiedle bleibe ich noch eine Zeit auf der High End, da ich auch hier viele interessante in diesen Bericht passende Produkte finde. So zum Beispiel am eigenen Stand von Effect Audio. Denn nicht nur der Erkönig, sondern auch alle anderen In-Ears können von ihren Kabeln profitieren. Neben reinen Kupfer und Silberkabeln, gibt es Hybride, die beide Werkstoffe vereinen. Auch Gold wird in der Kabelproduktion des aus Singapur stammenden Herstellers verarbeitet. Im Allgemeinen kann man Kupfer einen weicheren und runderen Klang zuschreiben, Silber klingt meist präsenter und betont Sibilanten. Die Anzahl und Dicke der verwendeten Einzeldrähte in einer Litze bewirkt ebenso dezente Klangveränderungen wie die Gesamtanzahl der verwendeten Litzen, so gibt es die meisten Kabel in einer Ausführung mit vier oder acht zusammengefassten Einzelleitungen. Alle Kabel können mit verschiedensten Steckern bestellt und so der ideale Spielpartner für den eigenen Kopfhörer oder In-Ear werden. Die Preise liegen je nach Kabel zwischen knapp 200 und fast 2.000 Euro.
Am selben Stand finde ich auch das Flaggschiff einer neuen Astell & Kern-Serie, den A&ultima SP1000. Er verwendet zwei AKM4497EQ, wird voraussichtlich Ende Juni ausgeliefert und kostet 3.500 Dollar. Er soll für einen mobilen Player unglaubliche 384 Kilohertz bei 32 Bit und DSD256 wiedergeben. Die Signal to Noise Ratio des einstigen Topmodels AK380 wird um 4 Dezibel im normalen und 5 Dezibel im balanced Betrieb übertroffen. Die THD+N-Werte werden ebenfalls weiter verbessert. Einen genaueren Blick auf die Serie werfe ich direkt am riesigen A&K-Stand. Der zweite im Bunde ist der A&ultima SE100, der für voraussichtlich 1.700 Dollar Ende Mai an die Vertriebe ausgeliefert wird. In ihm arbeitet die Speerspitze von ESS, der Sabre ES9038 Pro mit acht Kanälen. Der Letze im Bund ist der mit zwei CS43198 ausgestattet A&norma SR15. Er übernimmt das Userinterface ebenso wie der SE100 vom SP1000, wird wahrscheinlich noch Ende dieses Monats ausgeliefert und soll 700 Euro kosten.
FiiO präsentiert den neuen mobilen Player M7, der ab sofort für 249 Euro erhältlich ist. Sicher keine Soundrevolution, aber ein sehr solider, intuitiv zu bedienender High-Res-Player (PCM 192/24, DSD64) mit großem Funktionsumfang und unschlagbarem Preis-Leistungs-Verhältnis. Neben einer DAC/Verstärker-Kombination ESS SABRE9018Q2C und Samsung Exynos 7270 CPU bietet er einen USB-C-Anschluss, Bluetooth 4.2 mit aptX und aptX-HD, über 20 Stunden Spielzeit und akzeptiert eine micro-SD-Karte bis zu 512 Gigabyte Speicherkapazität. An 16 Ohm liefert der M7 immerhin 70 Milliwatt. Tatsächlich soll der Player digitales Audio (PCM und DSD128) über USB weitergeben können. Bisher wird nur die Unterstützung von FiiOs Q1 Mark II und Q5 offiziell unterstützt.
Ein besonderes Highlight, ebenfalls direkt auf der High End, hätte ich ohne den Hinweis meines Chefredakteurs gänzlich übersehen. Auf dem Stand von Furutech stellt Norisuke Iwahashi mir den RE · LEAF E1R Kopfhörerverstärker vor, den er im Reisekoffer zur Messe geschleppt hat. Aus einem einzigen Alublock gefräst und poliert macht er alleine optisch einen unheimlich guten Eindruck, die inneren Werte stehen dem in nichts nach. Üblicherweise wird ein Audiosignal über Amplitudenänderung der Spannung definiert, der E1R hingegen wandelt die Spannungsänderung äquivalent in Stromstärkenveränderungen um. Somit umgeht er verschiedene auftretende Nachteile von spannungsangetriebenen Kopfhörerverstärkern, unter anderem wird das Signal nicht mehr durch Spannungsabfall im Kabel beeinflusst und ein Schalter zur Anpassung an verschiedene Kopfhörer-Impedanzen fällt weg. Auf der Website von RE · LEAF findet sich eine umfangreiche Erklärung, für diejenigen die gerne ins Detail gehen möchten. Des Weiteren sind beide Kanäle getrennt auf der Platine untergebracht und die Stromversorgung für beide Kanäle, DAC und Amps sind unabhängig voneinander realisiert. Das Gesamtkonzept geht auf, der Klang des angeschlossenen, ohnehin als Referenz geltenden, Sennheiser HD800 ist phänomenal. Unglücklicherweise beträgt die Preisempfehlung des Herstellers 58.000 US-Dollar. Somit wird es für mich mit dem beeindruckenden Kopfhörerverstärker erst mal nichts werden.
Bevor ich zur CanJam zurückkehre teste ich noch die Kopfhörermodelle von Focal. Der Clear für 1.500 Euro gefällt mir besser als das Einstiegsmodell Elear für 1.000 Euro, der nochmals besser durchzeichnende Utopia kostet mit 4.000 Euro gleich ein Vielfaches.
Zurück auf der CanJam: Von ambient acoustics hat man auf dem deutschen Markt bisher noch nicht viel gehört. Die Produkte des ukrainischen Unternehmens sind dennoch durchaus interessant. Der AM7 LAM-U verfügt über sieben Treiber auf fünf Wegen und bietet acht verschiedene Abstimmungen in einem Gehäuse. Die tiefen Frequenzen können um null, sechs, zehn und vierzehn Dezibel verstärkt werden, die Mitten um null oder fünf Dezibel und für die Höhen stehen verschiedene Filter zur Verfügung. Diese Flexibilität findet man selten. Mir persönlich hat die Einstellung mit lediglich angehobenen Mitten am besten gefallen, der Gewinn an Stimmpräsenz war ausschlaggebend. Für die universelle Version werden etwa 920 Euro und für eine angepasste Variante 1.000 Euro fällig. Der Prototyp AM16 MAD-U in Vierwegekonfiguration mit 16 Treibern hat mir nicht wirklich zugesagt. Stimmen stehen zu sehr im Vordergrund und die Instrumente rücken viel zu weit nach hinten. Der riesige AM24 MAD-U Prototyp, mit vierundzwanzig Treibern auf fünf Wegen ist wirklich ein echter Brocken und wird als angepasster Hörer in die wenigsten Gehörgänge passen. Er klingt zwar sehr gut, aber einen wirklichen Mehrwert zum 7er stelle ich nicht fest. Schlussendlich ist es ja auch nur ein Prototyp und soll wohl eher eine eindrucksvolle Zahl liefern, als echte Innovation, denn die findet man bereits in ausreichender Form im AM7 LAM.
Das Flaggschiff Andromeda, der hippen Marke Campfire Audio beherbergt fünf BA-Treiber in einem Alugehäuse. In Portland entworfen und in Handarbeit gefertigt ist es ein ideales Beispiel dafür, dass guter Sound nicht unbedingt viele Treiber benötigt. Besonders hervorzuheben ist neben der angenehm runden Abstimmung das sehr differenzierte Stereobild. Instrumente werden sehr gut und sehr direkt voneinander getrennt, ohne dass dies der Homogenität schaden würde. In der Bühnentiefe geschieht dies zwar etwas weniger komplex, dadurch lässt sich das Klangbild jedoch sehr gut beurteilen. Für 1.269 Euro wechselt der Andromeda seinen Besitzer. Ebenfalls ausgestellt wird der neue auf einem dynamischen Wandler basierende Atlas, der für 1.399 Euro zu haben ist. Sein kleiner Bruder Comet kostet lediglich 199 Euro. Der letzte Neue in der Lagerfeuerrunde ist der mit einer mit Beryllium beschichtet Membran als dynamischer Wandler agierende Cascade für 899 Euro. Ein portabler geschlossener Kopfhörer mit bester Verarbeitung.
Die gemütliche Ansammlung von Sofas in einer etwas abgelegen Ecke der CanJam ist mir schon am dem ersten Tag aufgefallen, es dauert trotzdem bis zum letzten Messetag, bevor ich hier mal vorbeischaue. Wäre ich doch nur früher hier gelandet, denn was mich klanglich erwartet ist höchster Güte. In absoluter Wohlfühlatmosphäre präsentiert Sonoma ihr Model One. Den Kopfhörer nach dem elektrostatischen Prinzip gibt es nur im Komplettpaket mit einem passenden Vorverstärker mit fest verbautem DAC. Die Abstimmung des Kopfhörers ist schlichtweg perfekt, es gibt keinen Frequenzbereich, der mir in irgendeiner Weise auffällt, es herrscht einfach nur harmonische Homogenität. Eingehüllt von der exzeptionellen Räumlichkeit des Model Ones genieße ich meine letzten Minuten auf der CanJam.
Bereits lange vor diesen Erlebnissen habe ich festgestellt, dass ein Paar In-Ears einfach nicht genug sind. Zu verschieden sind die jeweiligen Stärken und Einsatzbereiche. So stehen bereits kurz nach der Messe zwei weitere Hörer auf meiner Wunschliste. Die gute Nachricht ist, dass ihr Platzbedürfnis deutlich geringer als das von Lautsprechern ausfällt und somit mehreren Hörern, vom Kaufpreis mal angesehen, nichts im Wege steht. Die schlechte Nachricht ist, dass In-Ears mindestens genauso süchtig machen wie Lautsprecher. Meinem Kopfhörerideal bin ich durch die gesammelten Hörerfahrungen auf der CanJam bedeutend näher gekommen, dennoch in diesem Bereich nach wie vor unentschlossener, welchen Kopfhörer ich zu meinem Dauerbegleiter auserwählen soll. Schließlich ist ein offener Hörer einfach nicht für unterwegs geeignet und für zu Hause habe ich ja schon eine recht anständige Stereokette nebst einer Auswahl an In-Ears. Vielleicht hat mein Bericht Ihre Entscheidungsfindung auch vorangetrieben oder neue interessante Höreindrücke geliefert. Ich hoffe ich konnte Ihnen einen recht umfassenden Einblick in die CanJam mit kleinen Ausflügen auf die High-End und portables Audio präsentieren, obwohl ich es nicht geschafft habe, wirklich jeden vertretenen Hersteller aus diesem Bereich zu besuchen. Die vielseitige, etwas ruhigere CanJam hat mich in ihren Bann gezogen und ihren nächsten Termin werde ich definitiv wieder besuchen. Vielleicht sieht man sich ja dort.