Als ich nach längerer Abstinenz vom Testerdasein mal wieder einen Anruf vom Chefredakteur bekam, ob ich nicht mal einen Crayon „machen“ möchte, habe ich spontan zugesagt. Den Verstärkerkreationen aus dem Steyrischen eilt ein sehr musikalischer Ruf voraus, und viele Nutzer äußern sich geradezu euphorisch über die zurückhaltend gestalteten Geräte.
Auch der Kollege Kemper zeigte sich sehr angetan von dem CFA-1.2. So präsentiert sich auch der kleinste Vollverstärker mit der neckischen Bezeichnung CIA-1 – nein, ich verkneife mir jetzt jedweden Witz wegen des Namens – eher unscheinbar und schlicht. Wobei das Gehäuse aus gebürsteten dicken Aluminiumprofilen sowohl optisch als auch haptisch die Zugehörigkeit zur Preisklasse unterstreicht. Auf die großen Verschraubungsteller des CFA-1.2 wird beim kleinen Modell verzichtet, die Gerätefüße entkoppeln den CIA-1 dafür wirkungsvoll vom genutzten Untergrund.
Lediglich zwei Drucktaster und ein Drehknopf in Singlepuck-Optik – oder in Propellerform, ganz wie man will – zieren die Frontplatte neben dezent rot schimmernden Leuchtdioden, die den jeweils gewählten Eingang anzeigen. Diese werden über den linken Knopf betätigt, über den rechten das Gerät in den Stand-By geschickt und wieder aufgeweckt. Über die beigelegte Fernbedienung lässt sich das natürlich wesentlich bequemer erledigen. Über diese wird auch die Lautstärke geregelt und eine Stummschaltung aktiviert.
Ein harter Ein-/Ausschalter befindet sich hinten links auf der Rückseite. Dort kann man in der Basisvariante für 2800 Euro vier Hochpegelquellen anschließen. Das Testexemplar verfügte über die optional für 800 Euro angebotene Phonoplatine mit MM- und MC-Eingang, die den Eingang 1 besetzt. Eingang 2 kann mittels Dip-Schalter in zwei Stufen in der Empfindlichkeit für unterschiedlich laute Quellen angepasst werden. Dazu gibt es auch noch ein Paneel kanalgetrennter Dip-Schalter für die Anpassung der Phonostufe an verschiedene Tonabnehmer. Ein Vorverstärkerausgang, ein fixer Ausgang, um zum Beispiel auf ein Tonbandgerät aufzunehmen, und ein Paar Lautsprecherklemmen kommen noch dazu. Ein Wort zu den letztgenannten: Da diese relativ dicht beieinander liegen und das Gehäuse auch recht weit über die Rückwand ragt, lassen sich hier richtig bequem nur Bananenstecker verwenden.
Klingt bisher alles nicht so aufregend? Wie heißt es so schön, das Gute daran ist das Gute darin! Die ankommenden Signale werden über eine Hochfrequenzdrossel erst mal von etwaigem Dreck befreit und dann über CMOS-Schalter umgeleitet. Kommt aus der Studiotechnik, schaltet verlustfreier als herkömmliche Schalter oder Relais und produziert auch weniger Geräusche. Eine aufwendige, aber dem Anspruch angemessene Lösung. Die Eingangswahl wird digital gesteuert, der zuletzt gewählte Eingang in einem EPROM abgespeichert. Im eigentlichen Verstärkungszweig kommt ein stromrückgekoppelte Operationsverstärker – hier als „Current-Feedback-Topologie“ bezeichnet – zum Einsatz. Zwei Transistoren, invertiert und nichtinvertiert, kümmern sich um die Signale. Auf diesem Weg können auch bei wenig Gegenkopplung eine hohe Bandbreite und Anstiegsgeschwindigkeit gleichzeitig realisiert werden. Die einzelnen Baugruppen sind vorbildlich getrennt ausgeführt, die Platinen mit einer eigenen Masseführung beschichtet. Mit zweimal 75 Watt an acht Ohm ist der CIA-1 nicht unbedingt übermotorisiert, das Netzteil und der ganze Boden als Kühlfläche dafür reichlich dimensioniert.
Für den Betrieb an Lautsprechern unterschiedlichen Wirkungsgrades werden zwei verschiedene Potentiometer angeboten. Ein linear und ein logarithmisch arbeitendes. Letzteres ist im Testexemplar verbaut und bietet neben sehr genauem Gleichlauf auch einen weiten Regelbereich. Dies hat auch den Vorteil, dass durch einen beherzten Dreh am Lautstärkeregler nicht gleich die Wände wackeln. Diese Ausführung ist besonders für Umsteiger von Röhrenverstärkern mit Hochwirkungsgradlautsprechern gedacht, die zur ausgemachten Zielgruppe der Österreicher zählen.
Bei der Inbetriebnahme des Crayons sollte man sich ein wenig Zeit nehmen. Nach dem Einschalten fährt das Motorpotentiometer den Lautstärkeregler herunter und die Leuchtdioden der Eingänge an der Front laufen erst mal eine Weile vor sich hin, um dann irgendwann den vormals gewählten Eingang freizugeben. Ein Hinweis zum Kaltstart: Schaltet man den Verstärker über den eigentlichen Netzschalter und über den Stand-By Schalter ein und gleich danach hart aus und wieder ein (macht man an sich nicht, aber die Kinder…!), knallt es doch nicht unerheblich aus den Lautsprechern. Also etwas Besonnenheit an dieser Stelle. Die Umschaltung der Quellen erfolgt allerdings dann komplett geräuschlos. Ist der Phonoeingang gewählt, quittiert der Crayon dies mit der Beleuchtung der „MC“-Anzeige auf der Front – auch wenn die Phonostufe auf Moving-Magnet Systeme eingestellt ist.
Etwas Zeit braucht es auch, bis man Musik mit dem CIA-1 genießen kann. Direkt eingeschaltet habe ich ihn sofort wieder ausgemacht. Die ersten Sekunden klingen „seltsam“, und ich habe erst mal überprüft, ob ich die Lautsprecherkabel über die Gehäuserückwand kurzgeschlossen habe und der Verstärker an 0,2 Ohm ums Überleben würgt. Nein, war nicht. Also meinen jüngsten Sohn davor gesetzt, Robbi, Tobbi und das Fliewatüüt angemacht und ab in die Küche, einen Espresso machen.
Zurück von der Pause klingt zumindest das laufende Hörspiel nicht ungewöhnlich. Nachdem das Kind ins eigene Zimmer vor den Ghettoblaster verfrachtet wurde – kostet mich einen Schokobutterkeks –, konnte ich endlich Musik hören. Und eines lässt sich sofort feststellen: Das Warten hat sich gelohnt!
Beim ersten Hören erscheint nichts spektakulär oder irgendwie besonders. Äußerst sauber und ausgeglichen auf sehr hohem Niveau drängt sich der Crayon CIA-1 nicht auf und gibt seine Eigenheiten erst nach und nach eindrücklich preis.
Debussys „Prélude à l'après-midi d'un faune“ fängt ganz leise an, der Streicherteppich in den tiefen Lagen und die gedeckten Holzbläser sind eine Prüfung an das Auflösungsvermögen. Im schlimmsten Fall klingt das dann, als wenn man einen Höhenfilter eingesetzt hat, im besten so wie mit dem Crayon. Knapp über der Hörschwelle fächert der CIA-1 die Bühne auf und schafft es auch noch, die Instrumentengruppen aufzufächern. Darin dann die Soloflöte als ganzes Instrument ohne jede Übertreibung. Dieses Kunststück gelingt ihm nicht über den scharfen Umriss, sondern plastisch füllig mit einem kleinen Hang zur Wärme. Er erinnert hier mehr an eine Röhre als an einen klassischen Transistor. Feindynamisch ist er ebenfalls in seinem Element. Wenn sich das Werk des französischen Komponisten ganz langsam steigert und steigert, geht der Crayon dies entsprechend mit, ohne seinen tonalen Pfad zu verlassen. Dazu kommen dann grummelnde Kontrabässe mit eben nicht nur Struktur und Substanz, sondern auch mit dem Schwingen des Raumes. Es sind oft diese kleinen Details, die sich nahtlos in bestehende Strukturen einfügen und diesen damit einen höheren Informationsgehalt abtrotzen. Solche Mikroinformationen bietet der Crayon an jeder Ecke und entfaltet damit eine große Wirkung. Sehr beeindruckend. Grobdynamisch zeichnet er sich dabei durch eine große Lässigkeit aus, als wenn er das alles so aus dem Ärmel schüttelt. Einschränkend sei an dieser Stelle aber doch noch erwähnt, dass der CIA-1 keine Dampframme ist und die letzte Gewalt für sich behält. Aber dafür ist er auch gar nicht gedacht.
Auf der Blue Maqans mit Anouar Brahem, Dave Holland, Jack DeJohnette und Django Bates ertönt auf „Opening Day“ die Oud unglaublich intim realistisch im Raum. Das klingt so intensiv und echt, man hält erst mal regelrecht den Atem an. Wenn dann die Mitspieler den virtuellen Raum besetzen, wird dieser randlos abgebildet und die Interaktion der Musiker erfahrbar. Der CIA-1 verfügt über die Fähigkeit, farbig und schön zu klingen, ohne zu verfärben. Der Hochtonbereich fügt sich trotz hervorragender Auflösung einfach ein und steht der farbigen Mittenwiedergabe nicht im Weg. Er ist auf jeden Fall nicht überrepräsentiert.
Räumlich orientiert sich der Crayon dabei an der Vorlage, weder Überbreite noch der kilometerweite Blick in die Tiefe werden dem Signal hinzugefügt. Stimmen profitieren enorm von der klanglichen Auslegung. Bei aller Klarheit bleiben sie als ganzes Organ erhalten und bieten eine tiefe Einsicht in die Gefühlslage von Solosängern. Abschwellende Chöre mit Nachhall im Raum machen mir durch ihre Intensität ein ums andere Mal eine Gänsehaut. Gerade kleinere Besetzungen wie Brahms Gesang des Parzen zelebriert der CIA-1 geradezu.
Begibt man sich mit dem Crayon in die Niederungen der modernen Unterhaltungsmusik wie Drum'n'Bass oder Electro, fällt wieder auf, dass er es eher zivilisiert mag. Schmutzig, böse und brutal ist nicht seine Welt. Zwar spielt er mit schnellem, federnd plastischem Bass und lässt Samples wie aus dem Nichts nach hinten aushallen, verweigert aber den letzten Druck untenrum. Handgemachter Blues und Rock oder komplexe rhythmisch vertrackte Percussion bringen den CIA-1 dann wieder auf perfekt beherrschtes Terrain. Hier gelten einschränkungslos die oben beschriebenen Talente.
Die Phonoeingänge mögen den ausgezeichneten Vorgaben der Hochpegelsektion nicht nachstehen und zeigen auf sehr hohem Niveau trotzdem durchaus ihre Eigenheiten. Der mit 0,45 Millivolt nur mäßig empfindliche Moving-Coil-Eingang lässt sich via Dipschalter über die vorgegebenen Werte grob, durch daraus schaltbare Zwischenwerte sehr fein auf verschiedenste Abtaster anpassen, die nur nicht zu leise sein dürfen. Mit dem eingesetzten, nicht besonders lauten Ortofon Jubillee harmoniert der Eingang perfekt. Sehr plastisch durchhörbar und souverän bringt der Crayon die Eigenschaften des Ortofon zur Geltung und mildert den leichten Hang des Jubilee zum Kühlen. Auch die gewohnt weiträumige Abbildung ist ohne Abstriche vorhanden. Einen Hang zum Filigranen kann man ihm nicht absprechen. Ich hätte gern mal ein Zyx oder EMT am Crayon ausprobiert, die die Talente des Verstärkers noch weiter unterstreichen sollten, waren beide aber leider nicht greifbar.
Der Moving-Magnet-Eingang hat mehr Muskeln und Griffigkeit und ist lauter ausgelegt. Minimal kühler geht es hier zu. Die Auflösung auf hohem Niveau zeigt dann auch mehr die Unterschiede zwischen den analogen Wandlerprinzipien auf, was dem Phonoeingang ein ausgezeichnetes Zeugnis ausstellt.
STATEMENT
Crayons CIA-1 dürfte mit seiner sauber realistischen und dabei farbig musikalischen Spielweise auch eingefleischte Röhrenliebhaber ins Grübeln bringen. Ohne Einschränkung bei der Lautsprecher- und Musikwahl ist er in der Lage, fast jeden anspruchsvollen Musikliebhaber glücklich zu machen.
Gehört mit
|
|
---|---|
Analoglaufwerk | Technics SL-151/II |
Tonarme | Roksan Tabriz, SME V |
Tonabnehmer | Ortofon Vienna, Technics EPC-205/III |
Phonopre | ifi iPhono |
PC | Acer Espire, I3 CPU 1.70 GHz, 8 GB RAM |
Interface | Audioquest Jitterbug |
Software | Foobar2000 |
CD-Laufwerk | Denon DCD-1290, Technics SL-P471A |
Wandler | Phonosophie DAC1 |
Verstärker | Creek 5350 SE, Rotel RA-820BXIII |
Lautsprecher | Spendor A5, Rogers Studio 1/1p |
Kabel | TaraLabs, RG142, Oehlbach, Baumarkt, Funk-Tonstudiotechnik, Supra Cable, Audioquest |
Herstellerangaben
Crayon Audio CIA-1
|
|
---|---|
Übertragungsbereich | 25 Hz – 100 KH (+/- 0,5 dB). 6 Hz – 140 Khz -3 dB |
Geräuschspannungsabstand | > 90 dB, line in |
Ausgangsleistung | 78 Watt / 8 Ohm, 105 Watt / 4 Ohm |
Eingangsempfindlichkeit Phono | 4 mV (MM) / 0,45 mV (MC) |
Verstärkung Phono | 41 dB MM / 56 dB MC |
Gewicht | 10,5 kg |
Preis (inkl. Phonomodul) | 3600 Euro |
Vertrieb
RB-Audiovertrieb
|
|
---|---|
Anschrift | RB-Audiovertrieb Pradler Straße 3 A-6020 Innsbruck |
Telefon | +43 676 5906026 |
Fax | +43 512 302878 |
info@audiovertrieb.com | |
Web | www.audiovertrieb.com |