Bis vor wenigen Monaten war Clarus für mich kein Begriff, den ich mit einem Hifi-Produkt in Verbindung gebracht hätte. Die amerikanische Marke für hochwertige Audio-Kabel wird neuerdings in Europa vom Digital-Geräte-Spezialisten Mytek verkauft. Das macht neugierig, und die nähere Betrachtung lohnt sich.
An Kabeln herrscht auf dem hiesigen Audio-Markt wahrlich kein Mangel. Wenn aber die rührigen, kreativen und weltweit erfolgreichen Mannen des polnisch-amerikanischen Digital-Wandler-Herstellers Mytek sich der Clarus Kabel annehmen, sollte man hellhörig werden. Denn die Mytek-Leute haben es merkantil keineswegs nötig, ihr professionelles und für die Hifi-Kundschaft optimiertes Geräte-Portfolio durch irgendein zweitklassiges Fabrikat zu ergänzen. Das Kabel-Angebot von Clarus umfasst die beiden Produktgruppen Aqua – als preisgünstiges Sortiment – und Crimson, preislich und vom Anspruch darüber angesiedelt. Beide Sortimente enthalten digitale Leitungen aller Art, Stromkabel, Lautsprecherkabel und symmetrische wie asymmetrische Audio-Verbindungen. Grundsätzlich liegt beiden Linien die gleiche Technologie zugrunde. Die klanglichen und preislichen Unterschiede zwischen Aqua und Crimson resultieren aus einem unterschiedlichen quantitativen Material-Aufwand.
Auf der HighEnd lernte ich den Firmenchef Joe Perfito kennen, der mir die Technologie und Historie von Clarus beschrieb. Clarus ist ein Markennahme der Gordon J.Gow Technologies Inc. in Orlando in Florida. Eine weitere Marke – Tributaries – desselben Hauses stellt ebenfalls Audiokabel her, aber weniger aufwendig und weniger kostspielig. Der Firmengründer und Präsident Joe Perfito arbeitete von 1975 bis 1990 für McIntosh und auch für Gordon Gow, der im Sommer 89 verstarb. Bereits 1978 hatte Joe Perfito die Schwester von Gordon Gow geheiratet. Joe Perfito beendete 1990 sein Engagement bei McIntosh und gründete mit seiner Frau Pam vor nunmehr fast 30 Jahren das Unternehmen Gordon J.Gow Technologies Inc. Der Markenname Tributaries ist als Homage an Gordon Gow von Tribut Cables abgeleitet. Clarus hingegen kommt aus dem Lateinischen und wird laut Pons-Wörterbuch mit klar, hell, leuchtend oder glänzend übersetzt.
Maßgeblich für das technische Design der Clarus Kabel ist Jay Victor, der seinen Aufgabenbereich mit Orbital-Entwicklung benennt. Mit Orbital ist meines Wissens das Wellen- und Molekular-Verhalten in Kabeln gemeint. In dem auf der Clarus-Website hinterlegten Whitepaper aus dem März 2013 erklärt Jay Victor ausführlich die technologischen Hintergründe und Zusammenhänge seiner aktuellen Kabel-Entwicklung. Darin beschreibt er Clarus Aqua und Crimson Kabel zusammengefasst wie folgt: Als Basis werden sehr verschiedene Leitertypen in jedem Kabel verwendet. Diese sind so aufgebaut, dass sie unterschiedliche Frequenzspektren optimal übertragen. So dienen den Bässen schwere, runde, massive Leiter am besten, die Mitten werden durch flache, einadrige Leitungen verlustarm geführt und hohe Frequenzen fließen besonders gut über eine spiralförmige Anordnung dünner Kupferfolie um einen nicht leitenden Kern aus Polyethylen. Die verschiedenen Leiter sind individuell isoliert. Die Flussdichte in unterschiedlich starken Kupferadern oder der Skin-Effekt sind nur zwei von vielen Forschungs-Kriterien. Diese Erkenntnisse bedurften etlicher Jahre. Fünf Patente resultierten aus der Forschung für Clarus®. Als Leiter-Material wird hochwertiges, nach dem Ohno-Stranggussverfahren hergestelltes, lang-kristallines Kupfer verwendet (PCOCC). Das Whitepaper im Original zu lesen lohnt die Mühe, denn Jay Victor erklärt sehr detailliert das Für und Wider unterschiedlicher Optionen und Theorien. Zu meinen Test-Kandidaten aus dem Hause Clarus gehörten ein Paar Lautsprecherkabel und Cinch-Kabel aus der preisgünstigen Aqua-Linie sowie ein Stereopaar Cinch-Kabel aus der Crimson Linie. Letzteres kostet ungefähr doppelt soviel wie das Aqua.
Angefangen habe ich meine Hörsitzungen mit dem Aqua Lautsprecherkabel zwischen der NAD 2200 PE und den Analysis-Audio Epsilon Vollbereichsbändchen. Das ovale, mit schwarzem, blaudurchwirkten Gewebe ummantelte Aqua Speaker Cable besitzt eine ovale Form und lässt sich ausgezeichnet verlegen. Dank seiner Masse und Flexibilität folgt es jedem gewünschten Verlauf. Dadurch sind im Vergleich zu störrischen Kabeln auch kleine Radien möglich. Logischerweise bezieht sich diese sympathische Beweglichkeit auf die schmale Seite des Kabel-Ovals. Insgesamt ist das Clarus Aqua sehr gut verarbeitet und besitzt eine markierte Laufrichtung. Sie können wählen, ob Sie einseitig oder beidseitig Gabelschuhe oder Hohl-Bananas möchten. Am Preis von 1510 Euro für ein Stereo-Paar mit knapp 2,5 Meter Länge – so das Test-Set – ändert das nichts. Zum Vergleich diente mein sehr ausgewogen musizierendes Lautsprecherkabel Real-Cable HD-TDC.
Die erste CD im Primare Player war Scandinavian Tunes, eine Produktion der High End Society Marketing GmbH, dem Veranstalter der High End, mit unterschiedlichen Interpreten und diversen Stilrichtungen. Es dauerte nicht lange und bedurfte nicht des mehrfachen Kabel-Wechselns, um Klarheit zu haben. Real-Cable und Clarus Aqua lagen tonal ganz dicht beieinander. Das Aqua bot ein wenig mehr Energie in den tiefsten Lagen, was mir gefiel. Der evidente Mehrwert des Aqua bestand in dessen Akkuratesse, Prägnanz und feinfühligen Zeichnung, so dass die Klangfarben der Instrumente und Stimmen sehr schön zur Geltung kamen. Gleichzeitig begeisterte mich diese exakte Darstellung durch ein hohes Maß an Unaufdringlichkeit. Dabei fesselte mich das groß gezeichnete Klangbild an die Musik als Ganzes, lockte aber auch, den Details Aufmerksamkeit zu schenken.
Beim zweiten Satz der Symphony No.3 von Camille Saint-Saëns mit dem Boston Symphony Orchestra und Charles Munch war dann zusätzlich zur farbenreichen Transparenz und Präzision der Schmelz der Streicher ein wahrer Genuss. Die Orgel ertönte mächtig und konturiert. Das Real-Cable konnte da in Sachen Nuancierung nicht mithalten und wirkte im Vergleich besonders bei den Streichern ein wenig langweilig – trotz dieser herrlichen Musik. So hörte ich noch Frank Zappas Yellow Shark und Joni Mitchells Ladies of the Canyon, die beide den gewonnenen Eindruck untermauerten. Ich habe außer bei der Orgel-Symphony, wo ich zum direkten Vergleich den zweiten Satz gewählt hatte, alle CDs komplett gehört und vor allem genossen. Das Clarus Aqua Speaker Cable macht das intensive Musikhören angenehm leicht.
Nun war es an der Zeit, die gewohnte In-Akustik NF-1302-Verbindung zwischen Antelope Zodiac+ Wandler und der NAD Endstufe gegen eines der Clarus Cinch-Leitungen auszutauschen. Ich entschied mich zuerst für das Aqua und spielte wieder den zweiten Satz aus der Symphony No.3. Schnell fiel mir auf, dass die Höhen eine Spur dezenter klangen. Dabei wirkten sie keineswegs weniger offen. Der Glanz der Streicher gefiel in seiner feinen Auflösung. Bezogen auf den Detailreichtum im gesamten Frequenzspektrum bot das Clarus Aqua noch etwas mehr Klangfarben-Vielfalt. Die Bühne mochte vielleicht eine Spur weniger tief erscheinen, aber das gesamte Klanggeschehen war beeindruckend stimmig. Die Merkmale des Aqua Lautsprecherkabels besitzt das Aqua NF in ähnlicher Weise und verstärkte so die Konturenschärfe, Feinzeichnung und Intensität der Farbigkeit. Am auffälligsten war für mein Empfinden, dass die Darbietung noch mehr innere Ruhe vermittelte und dabei gleichzeitig die feine Dynamik ein wenig steigern konnte. Mit dem gleichen Musik-Material kam nun das Clarus Crimson anstelle des Aqua zum Einsatz und zeigte tonal, dynamisch und in den Auflösungs-Qualitäten, dass es aus dem gleichen Holze geschnitzt war. Recht schnell wurden seine Vorzüge evident, die vor allem mit einer nochmals gesteigerten Feindynamik einhergingen. Zudem glänzte das Crimson farbenprächtig mit abermals gesteigerter Feinzeichnung und überlegener Tiefenstaffelung. Dadurch gewann das räumliche Bild und die Bühnendarstellung zusätzlich zur großflächigen Abbildung. Technisch unterscheiden sich Aqua-NF und Crimson-NF nicht grundsätzlich. In beiden Typen ist das hochwertige PCOCC- Kupfer verwendet, ebenso die oben beschriebenen drei frequenz-spezifisch sehr unterschiedlichen Leiter und deren Isolierung. Allein die Stärken dieser drei Stränge machen den Unterschied.
Durch ihre klanglich leicht dezente Intensität im obersten Frequenzspektrum fürchte ich, sind das Clarus Aqua und das Clarus Crimson Cinch-Kabel nicht in allen Fällen jedermanns Liebling. Im direkten Vergleich mag man möglicherweise vorschnell den vermeintlich offeneren Klang eines In-akustik oder ähnlichen bevorzugen. Das würde den beiden Clarus jedoch nicht gerecht. Es wäre schade, wann man durch eiligen Vergleich die Qualitäten dieser zwei musikalisch sehr stimmigen Cinch-Kabel nicht würdigte. Es lohnt, sich Zeit zu nehmen und sich auf ihre feinen Charakterzüge einzulassen. Denn nichts fehlt und gar nichts nervt. Auf Frank Zappas Album Yello Shark wimmelt es nur so von Klangfarben-starken Titeln. Die Clarus Cinch-Kabel präsentieren dem Hörer diesbezüglich einen herrlich bunten Blumenstrauß. Die Musik, über Aqua oder Crimson wiedergegeben, konnte mich nicht ermüden, im Gegenteil: es klang immer hochgradig spannend.
Ich gebe gerne zu, dass ich wohl selten irgendeine Audio-Komponente so lässig und entspannt getestet habe wie diese Kabel von Clarus. Ganz sicher waren da nicht die sommerlichen Temperaturen verantwortlich, sondern eindeutig die Eigenschaften von Aqua und Crimson. Wenn ich mich sonst schon mal leicht genervt fühle, sobald ich mir einen Musiktitel, um ganz sicher zu urteilen, mehrfach nacheinander anhören muss, war das bei Clarus kein Problem, sondern ich habe es mit Vergnügen getan. Denn Clarus Aqua und Crimson haben einen ganz speziellen Charakter. Sie sind so unauffällig wie kaum ein anderes mir bekanntes Kabel. Unauffällig ist im Sinne der musikalischen Natürlichkeit ein Kompliment. Artefakte oder Verfärbungen scheint schon das preisgünstige Aqua-NF nicht zu kennen. Die Stärke der drei Clarus sehe ich in der klanglichen Qualität, vor allem jedoch in der begeisternden Fähigkeit, mich als Hörer entspannt an die Musik zu fesseln. Bei den beiden Cinch-Kabeln Aqua und Crimson gewinnt das Crimson, weil es noch ein wenig feiner, noch eine Spur dynamischer und noch großartiger musiziert. In Verbindung mit dem Aqua Lautsprecher-Kabel ist aber – solange man das Crimson nicht kennt – bereits das Aqua-Cinch ein stimmiger und faszinierender Mitspieler.
STATEMENT
Die Clarus Kabel Aqua und Crimson begeistern den anspruchsvollen und geschulten Musik-Liebhaber. Sie bestechen nicht durch Effekte, sondern durch ihre Natürlichkeit. Sie überzeugen in allen relevanten musikalischen Kriterien und schaffen es, dem Hörer Entspannung – körperlich – und Spannung – musikalisch – gleichzeitig zu vermitteln.
Gehört mit
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DA-Wandler-Vorverstärker | Antelope Zodiac plus |
CD-Player | Primare DVD 30 |
Endstufe | NAD 2200PE |
Lautsprecher | Analysis Audio Epsylon |
Zubehör | JIB Boaacoustic Krypton AES/EBU, DH-Labs Silver Sonic SPDIF, In-akustik Black&White NF-1302, Real-Cable HD-TDC, Mudra Akustik Max Netzleiste und Netzkabel, Audioquest Hurricane Source Netzkabel, AHP Reinkupfer-Sicherungen, Raum-Absorber von mbakustik und Browne Akustik |
Möbel | Audio Exklusiv d.C.d. Basis |
Herstellerangaben
Clarus Aqua Speaker
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Preise pro Mono-Kabel | CASP-060 695 Euro - 6 Fuß gleich etwa 1,83m CASP-080 755 Euro - 8 Fuß gleich etwa 2,44m CASP-100 815 Euro - 10 Fuß gleich etwa 3,05m CASP-120 875 Euro - 12 Fuß gleich etwa 3,66m Jede weitere etwa 30cm (ein Fuß): 25 Euro |
Herstellerangaben
Clarus Aqua Audio
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Preise für Stereo-Cinch | CAA-005 445 Euro - 50cm CAA-010 495 Euro - 100cm CAA-015 545 Euro - 1,5m CAA-020 595 Euro - 2m jeder weitere Stereo-Meter bis zu 10m Länge 100 Euro |
Herstellerangaben
Clarus Crimson Audio
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Preise für Stereo-Cinch | CCA-005 845 Euro - 50cm CCA-010 995 Euro - 100cm CCA-015 1,145 Euro - 1,5m CCA-020 1,295 Euro - 2m jeder weitere Stereo-Meter bis zu 10m Länge 300 Euro |
Hersteller
Gordon / Gow Technologies Inc.
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Anschrift | 6448 Pinecastle Blvd #101 Orlando, Florida 32809 |
joe@tributariescable.com | |
Web | www.claruscable.com |
Vertrieb
HEM Electronics Marcin Hamerla
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Anschrift | Aleje Jerozolimskie 475 05-800 Pruszków Poland |
Telefon | +48 22 823 7238 |
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