Als sich der MastersounD DueVenti zum Test ankündigte, sorgte das bei mir nach inzwischen mehreren beeindruckenden Begegnungen mit Geräten aus kleinen italienischen Hifi-Manufakturen für große Spannung und auch Vorfreude.
Auch MastersounD aus Vicenza in Norditalien ist so ein inhabergeführtes mittelständisches Unternehmen, in dem fast alles selbst gemacht wird. Man ist stolz darauf, keine vorbestückten Platinen aus Billiglohnländern zu verwenden, das macht man dann lieber selbst. Bei der Schaltung lassen sich die Brüder Luciano und Lorenzo, die die Firma von Vater Cesare übernommen haben, nicht gern in die Karten gucken. Auf jeden Fall sei diese nur möglich mit den im Haus selbst gewickelten Übertragern, die eine große Bandbreite bei Röhren hoher Ausgangsleistung ermöglichen sollen. Großes Augenmerk verdient auch die Stromversorgung aller Geräte. Überdimensioniert? Gibt‘s nicht! Und wenn man etwas wirklich nicht allein am besten kann, vertraut man sich ähnlich gelagerten Unternehmen an: Die Seitenteile aus Holz werden von Diapason zugeliefert – der Lautsprecherspezialist ist für seine legendären Fähigkeiten in der Holzverarbeitung nicht zu Unrecht berühmt.
Trotz der hohen Fertigungstiefe und der aufwendigen Produktion umfasst das Angebot sieben Voll-, zwei Vor- und drei Endverstärker. Selbstverständlich alles reine Röhrengeräte. Beim DueVenti handelt es sich um den zweitkleinsten Vollverstärker und und weder der Preis von 3550 Euro noch das Gewicht von 23 Kilogramm lassen mich an klein denken. Vor allem nicht, als er mir beim Heben fast nach hinten abkippt, da Netzteil und Übertrager einen Großteil des Gewichts ausmachen und ihn eben auf der hinteren Seite unwiderstehlich nach unten ziehen. Der MastersounD DueVenti hat gerade eine komplette Überarbeitung erfahren, die neben leichten Modifikationen an der Schaltung ein kräftigeres Netzteil und mehr Ausstattung mit sich bringt. Der Preis wurde im Rahmen dieser Maßnahmen moderat nach oben korrigiert.
Gefertigt wird der DueVenti aus antimagnetischem Stahlblech. Mit verchromten, Hitze abweisenden Extrablechen unter den Röhren macht der Verstärker einen sehr solide produzierten Eindruck, lediglich die Füße klötern ein wenig vor sich hin, bis er steht. Dann strahlt er eine Solidität aus, die nicht nur vom Gewicht herrührt. Die Anfassqualität ist ausgezeichnet, die massiven Cinchbuchsen für die fünf Hochpegeleingänge sind fest mit dem Chassis verschraubt, die Boxenklemmen haben Schraubstockcharakter, auch wenn sie weder Bananenstecker aufnehmen noch eine Bohrung für Kabelenden aufweisen. Was immer man da festmachen möchte, hält man einfach ungefähr davor und dreht dann zu – das hält schon.
Wie alle Verstärker von MastersounD arbeitet der DueVenti nach dem Single-Ended-Prinzip. Da der Betrieb in Class-A prinzipiell sehr viel Energie in wenig Leistung umsetzt und die eingesetzten Endstufenröhren EL-34 von electro harmonix auch nicht die kräftigsten Typen sind, werden pro Kanal derer zwei eingesetzt. Zusammen mit den hauseigenen Übertragern soll so eine Leistung von 2 x 20 Watt realisiert werden - beim vollständigen Verzicht auf Gegenkopplung. Und damit der Verstärker nicht zu sehr den unterschiedlichen Impedanzen der angeschlossenen Lautsprechern ausgesetzt wird, gibt es sowohl für vier als auch für acht Ohm jeweils eigene Übertrager – nicht nur Abgriffe. Das ist dann doch etwas aufwendiger und relativiert den Preis schon im Vorfeld. Eine weitere Besonderheit ist der schaltbare Triodenmodus. Mittels Kippschalter wird das Schirmgitter der Pentode EL-34 mit der Anode kurz geschlossen – bitte NICHT! Im laufenden Betrieb umschalten, wenn Sie von den Endröhren noch etwas länger etwas haben wollen – und diese damit zur Triode umfunktioniert. Technisch resultieren daraus mehr Klirr und weniger Leistung. Nichtsdestotrotz schwören etliche Röhrenfreunde auf dieses Prinzip, wenn auch aus klanglichen Gründen. Sehr angenehm und komfortabel finde ich die Auto-Bias-Schaltung, die auch bei betriebsbedingter Änderung der Parameter der Endstufenröhren immer dafür sorgt, dass diese mit dem richtigen Arbeitspunkt betrieben werden. Fast vergessen habe ich die Vorstufensektion, die von zwei Doppeltrioden ECC82 von JJ-Electronics bedient wird. Eine robuste und vermeintlich auch nicht besonders raffinierte Variante. Allerdings legen die Macher von MastersounD Wert darauf, dass die Versorgung mit Röhren auch in Zukunft sichergestellt ist, und verzichten deswegen auf exotische Typen.
Eine relaisgesteuerte Softstart-Funktion sorgt dafür, dass die Röhren langsam hochgefahren werden, die Ausgänge bleiben solange stumm geschaltet. Dies schont zum einen die Röhren, zum anderen die angeschlossenen Lautsprecher. Und für die Puristen sei angemerkt, dass sich diese Schaltung selbstverständlich nicht im Signalweg befindet. Nur der Vollständigkeit halber. Natürlich kann man fröhlich gegen Röhren gleichen Typs anderer Hersteller tauschen, wenn einem danach ist – das macht die Beschäftigung mit Röhrenverstärkern ja auch so lustig. Trotzdem vorab, man muss es nicht. Als ich meine Spendor A5 an den MastersounD DeuVenti annabele, kommen mir doch schon Bedenken. In Bezug auf den Impedanzverlauf zwar unkritisch, sind die Spendor mit einem Wirkungsgrad von 85 Dezibel bei einem Watt pro Meter doch recht gierig, was die Leistung angeht. Nach einer angemessenen Aufwärmphase von mindestens 20 Minuten funktioniert das beim beherzten Rechtsdreh am Lautstärkeknopf doch überraschend gut. Zur Lautstärkeregelung gibt es übrigens eine Fernbedienung aus Holz, die den Gang zum Verstärker überflüssig macht. Das Alps-Potentiometer wird dann motorgesteuert.
Los geht es mit „Magnets Pull Through“ von Tortoise‘ gleichnamigen Debutalbum. Die am Anfang lärmend angeschlagene – nicht gezupfte – E-Gitarre steht sehr groß und enorm plastisch im Raum. Der erstreckt sich auch links und rechts von den Lautsprechern beziehungsweise nach oben. Überhaupt scheinen die schlanken Spendor mit der Abbildung an sich nichts mehr zu tun zu haben, so losgelöst davon klingt alles. Man wähnt sich bei der Session des Chicagoer Projektes mit dabei. Der hart angeschlagene Rand der Snare und der folgende Ausbruch des Basses sind dynamisch und laut genug, wenn auch nicht mit der letztmöglichen Wucht. Was anderes, Propellerheads im Duett mit Shirley Bassey mit „History Repeating“ von der Decksandrumsandrockandroll. Das Stück mit Orgel, monotonem Bass und der großartigen Stimme von Shirley Bassey kommt mit Live-Charakter und viel Schub im Bass, der einen Schuss Fülle mitbringt. Dieser Bass ist so körperlich und substanziell, dass man die letzte Trockenheit nicht vermisst. Elbtonal Percussion Live zaubert die Bühne ins Zimmer, das Anschlagen, Ausschwingen und Nachhallen der vielfältigen Schlaginstrumente ist ein Erlebnis. Auffällig ist das gute Auflösungsvermögen im Hochtonbereich. Die meisten Röhrenverstärker mit ECC82 in der Vorstufe habe ich in der Disziplin immer als minimal unsauber erlebt. Es geht zwar noch etwas aufgedröselter am oberen Ende – am unteren übrigens auch –, aber alles bleibt bemerkenswert sauber und durchhörbar. Ein noch in der Schublade liegendes Pärchen von Tungsol-Röhren beweist das glückliche Händchen der Mastersound-Entwickler mit der Röhrenwahl.
Auffällig ist die Ausgeglichenheit der Darbietung des Dueventi ohne Betonung eines Frequenzbereichs. Charakterlich ist er auf keinen Fall hell oder irgendwie analytisch, und Klangfarben gibt es im Überfluss. Jetzt halte ich aber mal ein wenig inne. Was die Beschreibung von Röhrengeräten immer so kompliziert macht, ist, dass man zwar dasselbe Vokabular benutzt, diese Geräte aber trotzdem anders als ihre transistorbefeuerten Kollegen klingen. Und hierfür ist der DueVenti ein Musterbeispiel. Er lässt Töne so unmittelbar und schnell in Gänze entstehen, wie das den meisten Geräten abgeht. Damit ist nicht die Geschwindigkeit oder Lautstärke gemeint, sondern eine große Selbstverständlichkeit, jeder musikalischen Änderung zu folgen, sie fast zu erahnen, bevor sie entsteht. Einen Ton an- und wieder abschwellen zu lassen oder eine Schwingung, die an sich gänzlich ausgeklungen ist, noch über eine fast sichtbare Luftbewegung im Raum weiter zu transportieren. Dazu kommt diese plastische Abbildung, die fast figürlich wirkt, eine Räumlichkeit, die die Lautsprecher zu Nebendarstellern degradiert, weil deren Grenzen aufgelöst scheinen. Man glaubt einfach viel besser zu verstehen, was einem der Musiker oder Komponist sagen will. Mag am ausgeprägten harmonischen Klirrspektrum liegen, ist aber an sich völlig nebensächlich, warum er so klingt. Bevor Sie jetzt denken, dass der gute Mann ja völlig drüber ist und eingewiesen gehört, hören Sie sich so ein Gerät einfach selbst mal an, sonst kann man das nicht richtig verstehen. Aber weiter geht‘s: Popmusik mit Ryuichi Sakamotos „Paradise Lost“ von der Illustrated Music Encyclopedia. Im Bass fehlt etwas Durchschlagskraft. Dafür flirren die begleitenden Instrumente und Synthesizer wie Schwebeteilchen sichtbar durch den Raum. Insgesamt wird es mir in diesem Moment aber etwas zu müde und langsam, etwas gedeckt, und die Grobdynamik kommt mir nicht das erste Mal eingeschränkt vor. Das kann nicht alles gewesen sein.
Da sich in meinem Fundus kein Fertiglautsprecher mit höherem Wirkungsgrad befindet, greife ich auf einen Bausatzmonitor zurück, den ich mir mal fürs Filmgucken über den PC gebaut habe, wo er von einem Class-D-Verstärker angetrieben wird. Die kleinen Monitore heißen Cinetor und werden als Bausatz von Heißmann Acoustics für 350,00 Euro vertrieben. Auch wenn jetzt alle aufschreien (zu billig, Selbstbau - Igitt), es war nichts anderes da. Sehr räumlich und auf der manchmal etwas öden Seite von neutral scheinen sie nicht wirklich geeignet zu sein, mit einem Röhrenverstärker für 3550 Euro verbandelt zu werden. Dafür haben Sie einen Waveguide im Hochtonbereich, einen Kevlar PA-Mitteltöner und echte 90 Dezibel Wirkungsgrad. Zu allem Unglück musste ich auch noch den vier Ohm Übertragerausgang nehmen – der Röhrenfreund akzeptiert ja an sich höchstens den mit acht, besser den mit 16 Ohm.
Kurz, es funktioniert großartig. An den recht lauten Lautsprechern transportiert der MastersounD DueVenti nicht nur alle bisher festgestellten positiven Eigenschaften, es kommen jetzt auch mächtig Druck und eine geradezu beeindruckend schnelle Grobdynamik dazu. Zusätzlich geht er jetzt richtig ab. Nachdem ich das ganze Programmmaterial noch mal durchgehört hatte – diesmal richtig laut – kam ich wieder zu Ryuichi Sakamoto, diesmal Soloklavier. Playing the Piano kommt über nicht besonders involvierende Anlagen manchmal etwas akademisch und simpel daher. Hört man dem Meister über den Mastersound zu, erfährt man regelrecht, wie virtuos bei aller Einfachheit das eigentlich ist. Plötzlich hat jeder Anschlag eine Bedeutung, minimale Verzögerungen und auch das Innehalten vor dem Ton zeigen eine Intensität im Spiel, die ich bisher so nicht wahrgenommen habe. Das wirkt auch gar nicht mehr so bierernst, sondern kommt mit dem einen oder anderen Augenzwinkern rüber. Sehr bemerkenswert. Nochmal Klavier. Arthur Lourié, wohl einer der bedeutendsten Futuristen, der in Sowjetunion zur Unperson erklärt wurde, als er von einer Reise in die Heimat nicht zurück kam und später im Westen nicht verstanden und fast vergessen wurde. Sein Klavierwerk gibt es jetzt in der Einspielung vom großartigen Moritz Ernst auf Capricio. Die Aufnahmetechnik ist natürlich digital und von einer großen Sauberkeit und Analytik geprägt. Der DueVenti macht ein fast organisches Instrument daraus. Groß und mächtig. Jeder Lauf der linken und rechten Hand weiträumig und klar zu verfolgen, dabei plastisch den vollen Hall im Korpus eingefangen. Auch hier glaubt man wieder die Intention des Interpreten besser zu begreifen als sonst üblich.
Schaltet man in den Triodenmodus um, rückt alles zusammen. Was eben noch links und rechts war, löst sich auf, man sitzt vor einem großem Klavier als ganzem. Alles fügt sich noch selbstverständlicher, die schon vorher intensive Ansprache wird noch intimer. Dabei strahlt das Klavier eine ruhige Autorität aus. Mein spontaner Gedanke ist, dass ich nie wieder anders Klavier hören möchte! Im Triodenbetrieb wird zwar das eine oder andere Detail nicht mehr so prägnant wiedergegeben, dafür noch besser in den Kontext eingebunden mit dem eben schon angesprochenen inneren Zusammenhalt und einem unwiderstehlich rhythmischen Vorwärtsdrang.
Es folgen Björk mit „Oh so quiet“ – richtig fetter Bigband-Sound mit satten Bläsern, gezupftem Bass und die Sängerin, mal ganz leise, mal fast schreiend, mal nur begleitet von einem Glockenspiel – direkt vor einem. Bei annähernd Originalpegel grooved es jetzt auch noch hinreißend. Marylin Mazur‘s „Rainbow Birds Part 2b“ vom ersten Soloalbum Future Song reißt total mit. Percussion gleißend, die Bassdrum mit enormen Druck, Volumen und Kraft. Die räumliche Zuordnung ist dicht, aber stabil, wie in echt. Die ganz ganz großen Geschosse haben vielleicht etwas mehr Tieftonkontrolle und ganz oben mehr Auflösung, aber dazwischen?
Ach übrigens, natürlich habe ich auch kleine klassische Besetzungen gehört, Solofrauenstimmen und eine Akustikgitarre – kann der DueVenti natürlich auch ganz wunderbar. Fordert ihn aber nicht.
STATEMENT
Ergreifend echt, ungemein involvierend und gebaut für eine kleine Ewigkeit, dürfte der MastersounD DueVenti für viele – etwas empfindlichere Lautsprecher vorausgesetzt – der letzte Verstärker werden. Im Triodenmodus noch einmal intimer spielend, sei er allen Musikfreunden und -verstehern ganz besonders ans Herz gelegt.
Gehört mit
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Analoglaufwerk | Technics SL-151/II |
Tonarme | Roksan Tabriz |
Tonabnehmer | Audio Technica AT-33 PTG/II |
Phonopre | ifi iPhono |
PC | Acer Espire, I3 CPU 1.70 GHz, 8 GB RAM |
Software | Foobar2000 |
CD-Laufwerk | Denon DCD-1290 |
Wandler | Phonosophie DAC1 |
Verstärker | Creek 5350 SE, Topping TP60 |
Lautsprecher | Spendor A5, Heißmann Acoustics Cinetor |
Kabel | TaraLabs, RG142, Vovox, Sommer, Oehlbach, Baumarkt, Funk-Tonstudiotechnik, Supra Cable, Audioquest |
Herstellerangaben
MastersounD DueVenti
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Ausgangsleistung Pentodenmodus | 20 Watt |
Ausgangsleistung Triodenmodus | 12 Watt |
Lautsprecheimpedanz | 4 - 8 Ohm |
Bandbreite | 15Hz - 30 kHz - 0dB |
Gegenkopplung | 0 dB |
Abmessungen (BxTxH) | 43 x 20 x 33 (cm) |
Gewicht | 23 kg |
Preis | 3550 Euro |
Vertrieb
Friends of Audio
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